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Geisterstadt New York: Wirtschaft bricht ein, soziale Konflikte eskalieren, die Reichen flüchten

Die wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation in New York spitzt sich zu. Während viele Wohlhabenden die Stadt verlassen, herrscht in Teilen der Metropole faktisch ein wirtschaftlicher und politischer Ausnahmezustand.
30.08.2020 08:34
Aktualisiert: 30.08.2020 08:34
Lesezeit: 3 min
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Geisterstadt New York: Wirtschaft bricht ein, soziale Konflikte eskalieren, die Reichen flüchten
New York: Ein Mann joggt an einem Geschäft vorbei, das mit Brettern verschlossen wurde. Auf den Brettern ist eine übergroße Hand gemalt, deren Finger den Mann zu greifen scheinen. (Foto: dpa) Foto: Bruce Cotler

Die US-Metropole New York ist in eine schwere wirtschaftliche und gesellschaftliche Krise geraten. Schwere Einbrüche am Immobilienmarkt und im Einzelhandel paaren sich mit einem sprunghaften Anstieg von Schießereien und Morden. Viele wohlhabende Bürger haben der Stadt inzwischen den Rücken gekehrt.

Prachtmeile 5th Avenue wird zur Geisterstraße

Nun sind Videoaufnahmen aufgetaucht, die das ganze Ausmaß der durch das Herunterfahren des öffentlichen Lebens im Zuge der Corona-Pandemie verursachten wirtschaftlichen Zerstörung zeigen. Demnach glich die Prachtstraße 5th Avenue - Sitz zahlreicher Filialen von Luxusfirmen wie Prada und Gucci - auf dem Höhepunkt der Pandemie im Juni einer Geisterstraße mit verriegelten Geschäften.

Auf dem im Internet aufgetauchten Video ist zu sehen, wie ein New Yorker die 5th Avenue herunterfährt und ungläubig die Szenerie vor der Kamera filmt. Praktisch alle Geschäfte sind mit schweren Holzplatten verbarrikadiert worden, weil in den Tagen zuvor mehrere Filialen von Plünderern gestürmt worden waren. Inzwischen haben zahlreiche der Läden wieder geöffnet, ihre Zukunft - und vor allem die Zukunft der kleinen Familienunternehmen und Restaurants in der Stadt - bleibt aber ungewiss.

Zahl der Schießereien steigt sprunghaft an

Sehr bedenklich ist zudem, dass eine Gewaltwelle die Metropole erfasst hat. Dem Washington Examiner zufolge sollen alleine am Wochenende vom 15. und 16. August in einem Zeitraum von 72 Stunden 50 Menschen erschossen oder angeschossen worden sein. Sechs Menschen starben dabei. Im Vorjahreszeitraum waren die Zahlen deutlich geringer.

Seit Jahresbeginn hatte es in New York 888 Schießereien mit 1.087 Betroffenen gegeben. Zum Vergleich: vergangenes Jahr lag die Zahl zum gleichen Zeitpunkt bei 488 Schießereien und 577 Betroffenen.

Der massive Anstieg der Schießereien geht aus folgender Grafik deutlich hervor:

Nicht zuletzt die als Folge der sogenannten „Black Lives Matter“-Bewegung geänderte Strategie der New Yorker Polizei - welche nun auf weniger Präsenz auf der Straße setzt - sowie die Auflösung einer in Zivilkleidung agierenden Sondereinheit der Polizei zur Verbrechensbekämpfung sollen Medienberichten zufolge den Anstieg der Gewalt begünstigt haben. New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio versprach sogar, das für die Polizei zur Verfügung stehende Budget um eine Milliarde Dollar zu verkleinern.

Die Reichen verlassen die Stadt

Ein untrügliches Zeichen dafür, dass etwas aus dem Ruder läuft, ist zudem die Flucht vieler wohlhabender Bürger aus der Stadt - etwa auf die nicht allzuweit von New York gelegene Halbinsel Long Island. Schon kurz nach Beginn der Corona-Pandemie war weltweit ein Trend zu beobachten, wonach Reiche versuchten, aus den Städten aufs Land zu fliehen. Makler von exklusiven Tropeninseln und Fluchtburgen verzeichnen überdies seit einiger Zeit ein deutlich gestiegenes Interesse von kaufkräftigen Interessenten.

In einem Interview mit dem US-Sender Fox News schilderte der ehemalige Hedgefonds-Manager und Unternehmer James Altucher kürzlich, warum er mit seiner Familie von New York nach Florida übersiedelte. Während die gewalttätigen Ausschreitungen im Zuge der „Black Lives Matter“-Proteste der Auslöser für seine Entscheidung war, kritisiert Altucher zudem die Tendenz der Großkonzerne, ihre Mitarbeiter vermehrt in der Heimarbeit einzusetzen.

„Das beschädigt nicht nur das gesamte wirtschaftliche Ökosystem New Yorks... was passiert mit dem Steueraufkommen in der Stadt, wenn plötzlich jeder einfach von jedem Punkt des Landes aus arbeiten kann? (...) Rund 30 bis 50 Prozent aller Restaurants in New York sind inzwischen stillgelegt und die werden alle nicht mehr öffnen.“

Verbraucherstimmung trübt sich weiter ein

Die Verbraucherstimmung in den USA hat im August überraschend einen weiteren Dämpfer erhalten. Das entsprechende Barometer fiel auf 84,8 Punkte, nach 91,7 Zählern im Vormonat, wie das Forschungsinstitut Conference Board am Dienstag zu seiner monatlichen Umfrage mitteilte. Von Reuters befragte Experten hatten mit einem Anstieg auf 93,0 Zähler gerechnet - was einmal mehr zeigt, wie unsinnig solche Prognosen von den "Experten" sind. Die Verbraucher schätzen ihre derzeitige Lage schlechter ein als im Vormonat. Mit Blick auf die Zukunft sind sie ebenfalls pessimistischer. Bereits im Juli hatte sich die Konsumstimmung deutlich eingetrübt. Die Verbraucher sind mit ihren Ausgaben das Rückgrat der US-Wirtschaft, etwa 65 Prozent der gesamten US-Wirtschaftsleistung werden vom Binnenkonsum generiert.

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