Politik

Realpolitikerin Baerbock über Bundeswehr: „Gewehre müssen schießen und Nachtsichtgeräte funktionieren“

Grünen-Chefin Annalena Baerbock macht sich für eine bessere Grundausrüstung der Bundeswehr stark. Sie hat als Realpolitikerin die Zeichen der Zeit verstanden, ohne von ethischen Prinzipien abzurücken.
05.12.2020 16:01
Aktualisiert: 05.12.2020 16:01
Lesezeit: 2 min
Realpolitikerin Baerbock über Bundeswehr: „Gewehre müssen schießen und Nachtsichtgeräte funktionieren“
20.11.2020, Berlin: Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, hält beim digitalen Bundesparteitag der Grünen ihre politische Auftaktrede. (Foto: dpa) Foto: Kay Nietfeld

Grünen-Chefin Annalena Baerbock macht sich für eine bessere Grundausrüstung der Bundeswehr stark und zeigt sich offen für neue Auslandseinsätze. Es sei an der Zeit, auf die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für eine souveräne europäische Verteidigungspolitik zu antworten, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“. „Und das heißt, auch über Auslandseinsätze zu sprechen. Einfach wird das nicht. Aber wir dürfen uns nicht wegducken.“

Baerbock sprach sich zwar dafür aus, mehr Geld für die Grundausstattung der Soldaten auszugeben, bewertete aber Investitionen in große Rüstungsprojekte skeptisch. „In manchen Bereichen muss man mehr investieren, damit Gewehre schießen und Nachtsichtgeräte funktionieren“, sagte sie. „Wir wissen aber auch, wie viel Geld im Militärhaushalt zum Fenster rausgeschmissen wird.“

Das Ziel der Nato, dass jeder Mitgliedstaat zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgibt, lehnte Baerbock ab. „Wir müssen erst über eine strategische Neuaufstellung sprechen, dann über die Ausgaben“, sagte sie. Sie sprach sich zwar für eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten aus, sagte aber auch: „Ein theoretisches Zwei-Prozent-Ziel hilft da nicht wirklich weiter.“

Die USA kritisieren Deutschland und andere europäische Nato-Partner seit Jahren für mangelnde Verteidigungsausgaben. Das dürfte sich auch nach dem am 20. Januar anstehenden Machtwechsel im Weißen Haus von Donald Trump zu Joe Biden nicht ändern.

Die Bundesregierung hat zugesagt, bis 2024 1,5 Prozent der Wirtschaftskraft in Verteidigung zu investieren - mehr aber auch erstmal nicht. Dem Zwei-Prozent-Ziel stehen nicht nur Grüne und Linke, sondern auch die SPD skeptisch gegenüber. Die Union will dagegen daran festhalten.

Baerbock sprach sich auch dafür aus, sich bei einer neuen US-Regierung für den Abzug der Atombomben aus Deutschland einzusetzen. „Mit der neuen US-Administration besteht wieder Hoffnung, über atomare Abrüstung zu sprechen“, sagte sie.

Bereits die Regierung von US-Präsident Barack Obama habe stärkere Abrüstungsbemühungen angestoßen, um einer Welt ohne Atomwaffen näher zu kommen. 2Und ja, dazu zählt für mich auch der Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland. Auch darüber müssen wir mit unseren Bündnispartnern sprechen“, sagte Baerbock. „Wir können ja nicht einfach sagen, wir schicken die US-Atomwaffen mal eben zurück in die USA.“

Auf dem Fliegerhorst Büchel in der Eifel sollen noch etwa 20 Atombomben lagern, die im Ernstfall von „Tornado“-Kampfjets der Bundeswehr abgeworfen werden sollen. Das ist Deutschlands Beitrag zur nuklearen Abschreckung der Nato. Neben den Grünen plädieren auch die Spitzen der SPD für einen Abzug der Nuklearwaffen. Die Union ist strikt dagegen.

Kritik an den Äußerungen Baerbocks zu den Verteidigungsausgaben kam von der Linken. „Der schlechte Zustand in Teilen der Ausrüstung ist nicht Ergebnis fehlender Milliarden, (...) sondern Ergebnis von Fehlplanungen und schlechten Verträgen zur Freude der Rüstungsindustrie“, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch. „Wenn es etwas aufzurüsten gibt, dann unsere Schulen und die Bezahlung im Gesundheitswesen.“

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann meinte, die Vorschläge von Baerbock würden bedeuten, dass man das Zwei-Prozent-Ziel konsequenterweise auch umzusetzen müsse. „Wir brauchen keine theoretischen Vorschläge, sondern praktische“, sagte sie.

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