Finanzen

Über 300 Milliarden Schulden: Im österreichischen Staatshaushalt tut sich kein Loch auf, sondern ein riesiger Krater

Das österreichische Finanzministerium hat am vergangenen Sonntag die Haushalts-Zahlen für den Dezember 2020 vorgelegt, so dass sich eine vorläufige Übersicht für den Haushalt 2020 ergibt. DWN-Autor Andreas Kubin analysiert sowohl diese Zahlen als auch die Aussichten fürs Haushaltsjahr 2021. Mit mit ganz viel Schwarzem Humor, denn: "Anders geht´s nicht", so der Finanzexperte.
03.02.2021 13:08
Aktualisiert: 03.02.2021 13:08
Lesezeit: 2 min
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Das einzige Objekt auf unserem Planeten, das größer wird, wenn man ihm etwas entnimmt, ist das Loch. Würde in Österreichs Haushalt nur ein großes Loch prangen, könnte man froh sein. Doch es ist ein Krater, und zwar ein riesiger, der sich auftut.

Im Anfang Juni 2020 veröffentlichten Budget-Voranschlag für das damalige Jahr waren Einnahmen in Höhe von 81,8 Milliarden Euro sowie Ausgaben in Höhe von 82,4 Milliarden Euro veranschlagt – ein kleines Loch von 600 Millionen Euro. Gemäß den am vergangenen Sonntag, den 31. Januar, veröffentlichten Budgetzahlen für 2020 stehen jetzt allerdings den Einnahmen von lediglich 73,6 Milliarden Euro Ausgaben von 96,1 Milliarden Euro gegenüber. Das entspricht einer Differenz von 22,5 Milliarden Euro – kein Loch, sondern ein Krater gigantischen Ausmaßes!

Nach all den Lockdowns, Einschränkungen und staatlich angeordneten Wirtschaftsbremsen überrascht das aber jetzt nicht wirklich jemanden, oder? Tatsache ist: Die Staatseinnahmen des Jahres 2020 gingen gegenüber 2019 um 6,7 Milliarden zurück (ein Minus von 8,4 Prozent). Parallel dazu stiegen die Ausgaben um 17,2 Milliarden (eine Zunahme von 22 Prozent). Eine Differenz von 23,9 Milliarden Euro - schon wieder keine Lücke, auch kein Loch, sondern ein Krater. Und zwar ein riesiger! Für eine Privatfirma, egal ob Aktiengesellschaft oder simples Einzelunternehmen, wäre das eine extrem gefährliche, ja schon fast tödliche Kombination. Der CEO beziehungsweise der Unternehmer müsste erkennen, dass man nun nicht mehr so weitermachen kann, er müsste sich dringen etwas einfallen lassen. Denn, wie schon der gute Einstein erkannt hatte: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“

Das sollte natürlich auch für die österreichische Kameralistik so gelten. Aber: Im Finanzministerium ticken die Uhren nun mal anders. Rasch baute man den Begriff „Corona-bedingt“ in so manchen Text ein. Und Finanzminister Gernot Blümel resümiert: „Die Auswirkungen auf das Budget sind spürbar und bleiben alternativlos".

Nun weiß man ja: Heute wird gerne alles und jedes für „alternativlos“ erklärt. „Basta-Politik“ nannte Deutschlands Ex-Kanzler Gerhard Schröder das früher. Wir wollen an dieser Stelle aber mal ganz frech sein. Und fragen: Gibt es wirklich keine Alternativen? Müssen wir uns wirklich mit dem Basta abfinden? Konkret auf den Haushalt bezogen: Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld?

Tatsache ist: Viele Maßnahmen wurden auf Teufel komm raus getroffen. Dass sich die Mehrausgaben allein für den Arbeitsmarkt in Form von Kurzarbeitsunterstützung und Arbeitslosengeld auf mindesten 14,2 Milliarden Euro belaufen würden, war nach Adam Riese absehbar. Oder hoffte man etwa: „Des wird scho net so vül werden?“

Fakt ist: Wer von den Verantwortlichen jetzt noch überrascht ist, der zeigt, dass er den Überblick verloren hat, dass er es mit dem „Controlling“ nicht so richtig hat.

Lassen Sie uns ein paar Zahlen ansehen: Österreichs Staatsschulden betragen derzeit etwas über 319 Milliarden Euro, das entspricht circa 87 Prozent des jährlichen Bruttoinlandprodukts. Aber liebe Leser, glauben Sie lieber nicht, dass damit das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Man kann darauf wetten, dass per 31. Dezember 2021 die „explizite“ Staatsschuldenquote Österreichs zwischen 90 und 95 Prozent des Bruttoinlandprodukts zu liegen kommt, wenn nicht darüber. Mit Sicherheit wird’s ein neuerlicher Negativrekord! Namhafte Ökonomen gehen davon aus, dass Staatsverschuldungen von solcher Dimension nicht mehr rückzahlbar sind.

Im Klartext: Macht die Politik so weiter wie in den vergangenen zehn Monaten, dann sind die Finanzen der Alpenrepublik irreparabel beschädigt. Oder im Fachjargon: Wir nähern uns sehenden Auges unaufhaltsam dem „default“ (Synonym für: „Zahlungsunfähigkeit“).

Dabei hatte die Wirtschaft in der letzten Dekade wahrlich gebrummt. Da stellt sich die Frage: Warum hat man da keine Rücklagen gebildet für Zeiten, in denen es mal nicht so läuft? Dachte man etwa, das Konzert ginge in diesem Tempo immer so weiter?

Ein Tipp für den nächsten Budgetvoranschlag in der österreichischen Alpenrepublik:

Die Damen und Herren im Finanzministerium haben ja nun evidenzbasierte Kennzahlen aus dem Krisenjahr 2020 vorliegen. Der nächste Budgetvoranschlag fürs Jahr 2021 (dessen Veröffentlichung circa Ende Mai 2021 geschehen sollte) darf gerne realistischer ausfallen als der für 2020. Um´s mal in der Sprache der Bogensportler zu sagen: Der Pfeil sollte diesmal zumindest auf der Zielscheibe platziert sein und nicht wieder dran vorbeifliegen!

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Andreas Kubin

Andreas Kubin lebt in Oberösterreich, hat ein MBA mit Schwerpunkt "Finanzen" und verfügt über drei Jahrzehnte Börsen-Erfahrung. 
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