Politik

Mario Draghi als Ministerpräsident Italiens vereidigt

Der frühere EZB-Chef Mario Draghi ist am Samstag als italienischer Ministerpräsident vereidigt worden. Der 73-Jährige legte steht an der Spitze einer Regierung der Nationalen Einheit
13.02.2021 12:53
Aktualisiert: 13.02.2021 12:53
Lesezeit: 2 min
Mario Draghi als Ministerpräsident Italiens vereidigt
Zurück im Rampenlicht: Mario Draghi kommt am Samstag zu seiner Vereidigung in den Präsidentenpalast. (Foto: dpa) Foto: Alessandro Di Meo

In Italien hat nach Wochen der politischen Krise der Ex-Zentralbankchef Mario Draghi das Amt der Regierungschefs übernommen. Staatspräsident Sergio Mattarella vereidigte am Samstag in Rom den früheren Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) als neuen Ministerpräsidenten. Anschließend wurde im Quirinalspalast, dem Amtssitz des Präsidenten, das neue Regierungsteam eingeschworen. Es besteht aus Politikern von linken wie rechten Parteien sowie parteilosen Experten. Der 73-jährige Draghi hatte seine Kabinettsliste am Freitag vorgestellt.

Mit Draghis Antritt endet eine Regierungskrise, die das Land mitten in der Corona-Pandemie seit Januar blockiert hatte. Der Ex-Währungshüter folgt auf den parteilosen Juristen Giuseppe Conte (56), der knapp eineinhalb Jahre ein Mitte-Links-Bündnis geführt hatte.

Die neue Regierung ist die dritte in der laufenden Legislaturperiode seit 2018 - und die 67. Regierung der Italienischen Republik. Nach Medienberichten wollte das Kabinett im Laufe des Samstags zu einer ersten Sitzung zusammenkommen.

Am Freitagabend hatte Draghi bei einem Treffen mit Staatspräsident Mattarella den Regierungsauftrag endgültig angenommen. Zuvor hatte der Neu-Politiker einen Vorbehalt geltend gemacht. Er lotete rund zehn Tage aus, ob er auf eine Mehrheit im Parlament setzen kann.

Um seine Machtbasis abzusichern, holte Draghi 15 Vertreter fast aller größeren Parteien ins Kabinett. Nur die ultrarechten Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) haben eine klare Opposition angekündigt. Acht Ressorts werden künftig von Experten geleitet. Eine wichtige Rolle dürfte Daniele Franco als Finanzminister zukommen; bisher war er Generaldirektor bei der italienischen Zentralbank Banca d’Italia.

Im Regierungsteam sitzen auch wieder mehrere zentrale Akteure der gescheiterten Vorgängerregierung, etwa Außenminister Luigi Di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung und Gesundheitsminister Roberto Speranza von der kleinen linken Partei Liberi e Uguali (Freie und Gleiche).

Nur 8 der 23 Ministerposten gingen an Frauen. Insgesamt am stärksten vertreten ist die Fünf-Sterne-Bewegung. Sie ist mit über 30 Prozent auch die größte Kraft im Parlament. Auch die Sozialdemokraten (PD), die konservative Forza Italia (FI) von Silvio Berlusconi und die rechte Lega von Matteo Salvini wurden bedacht. Matteo Renzis Splitterpartei Italia Viva, die Contes Koalition Mitte Januar mit ihrem Austritt zu Fall gebracht hatte, ist ebenfalls wieder vertreten.

Salvini und Berlusconi wünschten der Regierung schon vor der Vereidigung Erfolg: Man werde sofort an die Arbeit gehen. PD-Chef Nicola Zingaretti versicherte, man unterstütze die Regierung «mit Loyalität und Überzeugung». Die Politikerin und Frauenverbandschefin Isa Maggi kritisierte nach Angaben der Nachrichtenagentur Ansa jedoch die «verpasste Chance» für mehr Gleichstellung.

Draghi ist international als «Euro-Retter» bekannt, weil er in der Euro-Krise an der Spitze der Zentralbank EZB 2012 die Gemeinschaftswährung auch durch Machtworte und eine Politik des leichten Geldes stabilisieren konnte.

Das alte Bündnis war im Streit um den Einsatz von über 200 Milliarden Euro EU-Hilfen in der Corona-Krise geplatzt. Der Plan dafür hatte sich verzögert. Politiker und Experten warnten, dass Italien leer ausgehen könnte. Die Wirtschaftskraft des 60-Millionen-Einwohner-Landes war 2020 um rund neun Prozent eingebrochen. Der Umgang mit den Corona-Hilfen gehört zu den vordringlichen Aufgaben Draghis.

Draghi muss sich noch Vertrauensfragen im Zwei-Kammern-Parlament stellen. Es wird erwartet, dass Senat und Abgeordnetenkammer nächsten Mittwoch abstimmen. Die Mehrheiten gelten als gesichert. Die Regierung ist aber schon vorher im Amt und darf mit ihrer Arbeit beginnen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...