Deutschland

Merkel-Vertrauter und neuer Botschafter in China plötzlich gestorben

Vor nicht einmal zwei Wochen trat Angela Merkels früherer außenpolitischer Berater Jan Hecker formell seinen Botschafterposten in Peking an. Der Vertraute der Kanzlerin sollte für Kontinuität im Verhältnis zu China sorgen, die Chinesen begrüßten seine Ernennung. Nun ist er tot.
06.09.2021 10:57
Aktualisiert: 06.09.2021 10:57
Lesezeit: 2 min
Merkel-Vertrauter und neuer Botschafter in China plötzlich gestorben
Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Joe Biden am 12. Juni am Rande des G7-Gipfels mit ihren außenpolitischen Beratern Jan Hecker (2.v.r.) und Jake Sullivan. (Foto: dpa) Foto: Guido Bergmann

Nur kurz nach dem Antritt seines Postens in Peking ist der neue deutsche Botschafter in China, Jan Hecker, überraschend gestorben. Der 54-Jährige war vor der Übernahme der wichtigen diplomatischen Funktion in Chinas Hauptstadt als enger außenpolitischer Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) tätig gewesen. Die Ursache seines Todes blieb zunächst unklar.

«Mit tiefer Trauer und Bestürzung haben wir von dem plötzlichen Tod des deutschen Botschafters in China, Prof. Dr. Jan Hecker, erfahren», teilte das Auswärtige Amt am Montag lediglich mit. Der gebürtige Kieler war verheiratet und hinterlässt drei Kinder. Er hatte den Posten erst im August übernommen.

Nach der Ankunft in Peking hatte der Spitzendiplomat mit seiner Familie zunächst die in China übliche Quarantäne wegen der Corona-Pandemie durchlaufen. Danach übergab Hecker am 24. August in Peking sein Beglaubigungsschreiben und nahm die reguläre Arbeit auf.

«Der Tod Jan Heckers erschüttert mich zutiefst», teilte die Kanzlerin in Berlin mit. «Ich trauere um einen hochgeschätzten langjährigen Berater von tiefer Menschlichkeit und herausragender Fachkenntnis.» Sie denke «voller Dankbarkeit» an ihre Zusammenarbeit. «Mein tiefstes Mitgefühl gilt seiner Frau, seinen Kindern und den anderen Angehörigen in ihrem unermesslichen Schmerz.»

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich bestürzt: «Unser Land verliert einen versierten Diplomaten und das Auswärtige Amt einen herausragenden und geschätzten Kollegen.» Ein hoher Beamter des Pekinger Außenministeriums sagte: «Was für traurige und schockierende Nachrichten». Chinas Außenamtssprecher Wang Wenbin sagte vor der Presse: «Wir sind geschockt, von dem plötzlichen Tod von Botschafter Jan Hecker zu erfahren.» Er sprach der Familie sein Beileid aus.

Ein führender deutscher Unternehmensvertreter in Peking sagte, Hecker sei bei einer Kulturveranstaltung am Freitag in der Botschaft noch guter Dinge gewesen. «Tragisch. Er war ein solch schlauer und zurückhaltender Mann. Ein guter Zuhörer.»

Vor seiner Entsendung nach China war Hecker im Kanzleramt seit 2017 Leiter der Abteilung Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik und damit ein enger Vertrauter der Kanzlerin. Er begleitete Merkel auf ihren Reisen.

Nach der Bundestagswahl und dem Ende der Kanzlerschaft Merkels sollte Hecker nach Einschätzung von Beobachtern für Kontinuität in dem schwierigen Verhältnis zur aufstrebenden Großmacht China sorgen. Vertreter des chinesischen Außenministeriums hatten seine Ernennung ausdrücklich begrüßt und auf seine Nähe zur Kanzlerin verwiesen, die in den zunehmenden Spannungen Europas mit China einen eher zurückhaltenden Kurs vertritt.

Er war der erste Außenpolitik-Berater der Kanzlerin, der nicht die klassische Diplomatenkarriere durchlaufen hatte, und er galt als herausragender Aufsteiger. Von 2011 bis 2015 war der Rechts- und Politikwissenschaftler als Richter am Bundesverwaltungsgericht tätig, nachdem er von 1999 bis 2011 im Innenministerium gearbeitet hatte.

Sein damaliger Chef, der heutige Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), schrieb auf Twitter über ihn: «Sein Pflichtbewusstsein, seine menschliche und berufliche Kompetenz und tiefe Bildung waren herausragend.»

Hecker wurde 2015 Leiter des damals neu geschaffenen Koordinierungsstabes Flüchtlingspolitik. Damit war er in der Flüchtlingskrise maßgeblich mitverantwortlich dafür, das von der Kanzlerin ausgegebene Versprechen «Wir schaffen das» zu erfüllen. Er rückte somit ins Machtzentrum und an Merkels Seite auf.

Nach der Todesnachricht wehten die Flaggen der Botschaft in Peking auf halbmast. Deutsche Diplomaten wollten sich nicht zu den Umständen des Todes äußern und verwiesen auf das Auswärtige Amt. Heckers Vertreter, der Gesandte Frank Rückert, übernimmt jetzt vorläufig die Botschafteraufgaben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Innovation Neuro-Webdesign: „Die meisten Firmenwebsites scheitern am Menschen“
13.05.2025

Viele mittelständische Websites wirken modern, funktionieren aber nicht. Warum? Sie ignorieren die Psychologie der Nutzer. Jonas Reggelin,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession 2025: Düstere Aussichten für Deutschland
13.05.2025

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und das ausgerechnet in einer Phase, in der neue Impulse dringend nötig wären. Der...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...

DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...