Unternehmen

ThyssenKrupp: Wie der schleppende Umbau die Entwicklung des Grünens Stahl hemmt

Ein sehr wichtiger Akteur für die Einführung des Grünen Stahls in Deutschland ist aufgrund seiner Größe ThyssenKrupp. Das Unternehmen hat sich hier zwar klare Ziele gesteckt. Doch gibt es da ein gewichtiges Problem.
19.11.2021 16:55
Aktualisiert: 19.11.2021 16:55
Lesezeit: 3 min
ThyssenKrupp: Wie der schleppende Umbau die Entwicklung des Grünens Stahl hemmt
Die Konzernzentrale. (Foto: dpa)

ThyssenKrupp, Deutschlands größter Stahlkonzern, kämpft sich weiter aus der Krise. Nach Milliardenverlusten und den Turbulenzen durch die Pandemie hat das Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr 2021 (Ende: 30. September) wieder deutlich beim Umsatz und Auftragseingang zugelegt. So gab es ein sattes Plus bei den Erlösen um 18 Prozent auf 34 Milliarden Euro, und bei der Zahl der Order ein starkes Wachstum um 41 Prozent auf 39,6 Milliarden Euro.

„Nach gut zwei Jahren intensiver Transformation können wir heute sagen: Die Trendwende ist erkennbar, es geht in die richtige Richtung bei Thyssenkrupp“, sagte die Vorstandsvorsitzende Martina Merz in Essen, die davon ausgeht, dass der gesamte Umbau insgesamt drei Jahre in Anspruch nehmen dürfte – also noch bis Ende des kommenden Jahres dauert.

Große Hoffnungen setzt die 58-jährige Maschinenbau-Ingenieurin auf eine „grüne Transformation" des Konzerns. „Allein mit unseren Ansätzen für eine grüne Stahlproduktion können wir einen erheblichen Beitrag zur Verringerung klimaschädlicher Emissionen leisten.“

Doch gibt hier noch ein wichtiges Hindernis, das hier die Entwicklung hemmt: Denn zunächst muss ThyssenKrupp die Stahlsparte wie geplant auslagern. Die schleppende Restrukturierung des Geschäftsfeldes, das mehr als ein Viertel zu den Gesamtumsätzen beisteuert, behindert auch die Umstellung auf die Herstellung von Grünem Stahl.

„Wir favorisieren eine Verselbstständigung“, sagte Vorstandschefin Merz. „Dies sei jedoch ein sehr komplexes Vorhaben. Eine endgültige Entscheidung hänge von einer Vielzahl von Faktoren ab. Unter anderem brauche es Planungssicherheit bei den regulatorischen Rahmenbedingungen,“ so die Managerin.

Derweil brodelt es in der Gerüchteküche: Wie das „Manager Magazin“ berichtet, hat Merz vor, die Aktionäre auf der Hauptversammlung im Februar 2023 über eine Abspaltung abstimmen zu lassen. Dem Medienbericht zufolge sollen alle Aktien bis auf eine sehr kleine Beteiligung an die Altaktionäre von ThyssenKrupp verschenkt werden. Die Anschubfinanzierung soll wohl unterhalb der rechnerischen Pensionslasten von ThyssenKrupp Steel von 3,5 Milliarden Euro liegen. Das würde allerdings den Krach mit den Gewerkschaften provozieren – und der würde wiederum die Entwicklung des Konzerns beeinträchtigen, sollte der Bericht des „Manager Magazins“ stimmen.

Investitionen von zwei Milliarden Euro in Grünen Stahl angepeilt

Dabei hat sich ThyssenKrupp klare Ziele gesetzt: Das Unternehmen will bis 2030 zwei Milliarden Euro in die Produktion von Grünem Stahl investieren. Die Gesamtvolumina sollen dann insgesamt bei drei Millionen Tonnen und so 30 Prozent der bisher anfallenden CO2-Emissionen einsparen.

Zur Einordnung: Die jährliche Stahlproduktion des Unternehmens liegt grundsätzlich bei etwa elf Millionen Tonnen. Wie aus einem Bericht des Energieberatungsunternehmens Navigant Energy Germany an das Bundeswirtschaftsministerium hervorgeht, wurden 2015 hierzulande 42 Millionen Tonnen Stahl produziert. Dies entspricht etwa einem Viertel der Herstellung in der EU und etwas unter drei Prozent der weltweiten Produktion.

Der Essener Konzern ist mit seiner Stahlsparte, die neun Milliarden Euro an Umsatz pro Jahr generiert, in Deutschland der größte Akteur an einem Markt, der einen Gesamtwert von 30 Milliarden Euro aufweist. Damit gibt ThyssenKrupp auch die Richtung für die Industrie bei der Entwicklung des Grünen Stahls vor.

Klöckner, Schäffler und Daimler vertrauen schwedischem Produzenten

Die deutschen Konkurrenten verfolgen hingegen andere Konzepte. So will Klöckner keine eigene Produktion von Grünem Stahl aufbauen, sondern kauft sich die erforderlichen Volumina bei einem externen Partner ein. So hat das Unternehmen Anfang Oktober mit dem schwedischen Hersteller H2 Green Steel einen Liefervertrag unterzeichnet.

Klöckner soll ab 2025 im Rahmen der Partnerschaft zunächst bis zu 250.000 Tonnen geliefert bekommen – mit einer möglichen zukünftigen Erweiterung der Mengen. Die schwedische Firma, die im vergangenen Jahr gegründet worden ist, will grundsätzlich bis 2030 etwa fünf Millionen Tonnen produzieren.

Doch ist Klöckner nicht die einzige deutsche Firma, die auf die Produkte der Schweden zurückgreift. Auch der Autozulieferer Schäffler hat einen Kooperationsvertrag mit H2 Green Steel vereinbart. Die Deutschen sollen ebenso ab 2025 100.000 Tonnen geliefert bekommen. Darüber hinaus hat schon seit längerer Zeit Daimler die Fühler nach dem skandinavischen Startup ausgestreckt: Das Unternehmen, das bis 2039 klimaneutral werden will, hat sich bereits im Mai des laufenden Jahres einen Anteil daran gesichert, dessen Größe der Autoproduzent nicht nennt.

„Mit dem Aktienpaket an H2 Green Steel sendet Mercedes-Benz ein wichtiges Signal, um einen Wandel in der Stahlindustrie zu erreichen und um die Verfügbarkeit von kohlendioxidfreiem Stahl zu erhöhen“, sagte das Vorstandsmitglied von Daimler, Markus Schäfer.

„In einem ersten Schritt investieren wir eine Summe im einstelligen Millionen-Bereich. Als ein bevorzugter Partner von Startups werden wir den grünen Stahl in unterschiedlichen Modellen frühestens im Jahr 2025 an den Markt bringen“, warf der Manager einen Blick nach vorne.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität: Wie Deutschland bei Breitband, 5G und Cloud die Abhängigkeit verringern kann
22.11.2025

Verpasst Deutschland die digitale Zeitenwende? Der Wohlstand von morgen entsteht nicht mehr in Produktionshallen, sondern in...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz-Erfinder warnt: „Meine Schöpfung kann uns vernichten“
22.11.2025

Er gilt als einer der „Väter der Künstlichen Intelligenz“ – jetzt warnt Yoshua Bengio vor ihrer zerstörerischen Kraft. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zwischen Škoda-Erfolg und Chinas Einfluss: Was die Abhängigkeit für deutsche Autobauer bedeutet
22.11.2025

Elektromobilität ist längst kein Nischenphänomen mehr, sondern prägt zunehmend den europäischen Massenmarkt. Doch wie gelingt es...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachtsmarkt-Sicherheit: Was bringen Beton, Kameras und Co. auf Weihnachtsmärkten wirklich?
22.11.2025

Deutsche Weihnachtsmärkte stehen für Atmosphäre, Tradition und Millionen Besucher. Gleichzeitig wächst die Debatte über Schutz,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ticketsteuer sinkt: Flugbranche verspricht mehr Verbindungen – Passagiere bleiben skeptisch
22.11.2025

Die Bundesregierung will den Luftverkehr mit einer Absenkung der Ticketsteuer ab Mitte nächsten Jahres entlasten. Die Flug- und...

DWN
Politik
Politik New York-Wahl: Was Mamdanis Sieg für Europa bedeutet
22.11.2025

Der Sieg eines radikalen Sozialisten in New York, Deutschlands Stillstand und Polens Aufstieg: Ein Kommentar darüber, wie politische und...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash: Wie Zinsen und KI die Kryptomärkte unter Druck setzen
21.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen an den Kryptomärkten stellen Anleger, Unternehmen und Regulierer gleichermaßen auf die Probe. Welche Kräfte...

DWN
Politik
Politik Koalition unter Druck: Bundesrat zwingt Merz-Regierung in den Vermittlungsausschuss
21.11.2025

Die Stimmung in der Koalition mau, der Rentenstreit noch längst nicht ausgestanden – jetzt legt sich auch noch der Bundesrat quer. Er...