Deutschland

Nie mehr Feuerwerk? Lobby-Verein „Deutsche Umwelthilfe“ fordert „neue Bräuche“

Wer finanziert die Lobby-Organisation, die immer radikalere Forderungen stellt?
10.01.2022 14:00
Aktualisiert: 10.01.2022 14:17
Lesezeit: 3 min

Der Lobby-Verein „Deutsche Umwelthilfe“ hat Innenministerin Nancy Faeser (SPD) aufgefordert, Silvesterfeuerwerk für immer zu verbieten. Anfang Dezember hatten Bund und Länder wegen der Pandemie ein Verkaufsverbot von Silvesterfeuerwerk für den Jahreswechsel 2021/22 beschlossen. Das erneute Verkaufsverbot, nachdem das klassische Feuerwerk auch schon im Vorjahr nicht verkauft werden durfte, müsse als „Chance für neue Bräuche“ gesehen werden, so der Lobby-Verein. „Für die Zeit nach Corona empfehlen wir den Kommunen kreative Licht- und Lasershows oder gar eine Drohnenshow“, sagte der Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, Jürgen Resch, nach einer Mitteilung.

Der Verband fordert, wie andere Gruppen, seit Jahren auch zum Schutz der Umwelt ein böllerfreies Silvester. Feuerwerkshersteller warnen dagegen vor wirtschaftlichen Gefahren für die gesamte Branche.

Erpressung von Autohändlern gehört zum Geschäft

Angesichts der großspurigen Forderungen lohnt sich ein Blick darauf, wie sich der Lobby-Verein eigentlich finanziert.

Etwa ein Drittel der Einnahmen wird durch gezieltes Verklagen und Abmahnen von Autohändlern generiert. Ansehnliche 2,5 Millionen Euro sollen auf diese Weise jedes Jahr in den Kassen klingeln, berichtet der Spiegel.

Focus Online berichtete im Jahr 2019 von einem beispielhaften Fall aus NRW:

Denn ein Autohändler aus Nordrhein-Westfalen machte einen entscheidenden Fehler: Er vergaß in einer Zeitungsanzeige die kleingedruckten Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen des Wagens.

Es folgte Post von der DUH: Eine Abmahnung wegen des Verstoßes gegen die PKW-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV). Und dann machte der Händler gleich noch einen Fehler: Er zahlte 100 Euro Abmahngebühr, unterschrieb aber gleichzeitig die beigefügte Unterlassungserklärung. Für jeden „Einzelfall der Zuwiderhandlung“ hatte er nun an die DUH eine Konventionalstrafe in Höhe von 5000 Euro zu zahlen. Natürlich schickte die DUH erneut Kontrolleure aus, um den Händler zu überprüfen – und wurde schließlich fündig. Der nächste Brief von der DUH war teuer: Die Konventionalstrafe wurde fällig.

Das Beispiel zeigt, dass die Umwelthilfe einen überraschenden Image-Spagat wagt: Der hehre Anspruch, die Umwelt zu schützen, steht mitunter im krassen Gegensatz zu einem geradezu generalstabsmäßig perfektionierten Abmahnwesen. Welchen positiven Effekt für die Umwelt oder die Verbraucher jedenfalls sollte es haben, wenn die DUH bei einem Kleinwagen eine Kennzeichnungspflicht in einer Zeitungsanzeige entdeckt, dafür den Händler quasi über Jahrzehnte erpressen kann – und dafür auch noch beträchtliche Summen kassiert?

Die Stuttgarter Nachrichten berichteten im Jahr 2017: „Von den insgesamt 90 hauptamtlichen Mitarbeitern der Umwelthilfe durchforsten sieben bundesweit Werbeaussagen und Angebote von Unternehmen auf mögliche Verstöße. Dabei findet das Team wöchentlich etwa 30 Fälle, die Abmahnungen nach sich ziehen. Etwa acht Fälle pro Woche landen vor Gericht.“

EU öffnete die Türen

Rechtliche Grundlage der Abmahnpraxis ist eine Richtlinie der Europäischen Union. „Die DUH wendet sich damit an die richtige Adresse, denn aus Brüssel bekam sie vor Jahren erst ihren enormen Einfluss. Der große Joker der DUH ist das Verbandsklagerecht im Rahmen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes, das unter der rot-grünen Bundesregierung ausgearbeitet und schließlich 2006 unter der Großen Koalition ins Parlament eingebracht wurde. Damit wurde eine EU-Richtlinie umgesetzt. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ist wahrscheinlich die größte Arbeitbeschaffungsmaßnahme für Umweltverbände, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Anwälte, die jemals umgesetzt wurde. Denn mit dem Verbandsklagerecht können Interessengruppen Politik an den Parlamenten vorbei machen - in Form von Klagen. Deren Basis ist bei den Diesel-Klagen die tatsächliche oder vermeintliche Nicht-Einhaltung von Schadstoff-Grenzwerten in deutschen Innenstädten; Grenzwerte, die wiederum zentral in Brüssel für die gesamte EU festgelegt wurden. Die Tragweite dieser Macht dürfte erst in den kommenden Jahren wirklich deutlich werden, wenn professionelle Juristen-Netzwerke wie "ClientEarth" zahllose Klagen im Zusammenhang mit den Klimazielen der EU einreichen werden. "ClientEarth" unterstützt die DUH auch bei ihren Diesel-Klagen“, schreibt Focus Online.

Einen Teil der Einnahmen des Vereins bilden auch Steuergelder. „Während die klassische Lobby-Arbeit und die Abmahn-Praxis der DUH lange bekannt sind, dürfte das für den folgenden Sachverhalt weniger zutreffen: Die Umwelthilfe besitzt auch eine GmbH, die im Auftrag der Bundesregierung daran arbeitet, der Bevölkerung die aus dem Ruder gelaufene Energiewende besser zu verkaufen. Die Verflechtungen der DUH mit der Politik sind viel dichter als bislang angenommen und lassen auch die Abmahnpraxis in neuem Licht erscheinen“, berichtet Focus Online. Im Jahr 2019 wurde bekannt, dass Steuergelder in Millionenhöhe in insgesamt 18 Projekte der DUH fließen. „Doch das mühsame Durchforsten von Tageszeitungen, um fehlende CO2-Angaben in Verkaufsanzeigen zu finden, hat die DUH bald vielleicht gar nicht mehr nötig. Sie hat längst eine andere Quelle angezapft: den deutschen Steuerzahler. Das ist umso bemerkenswerter, da sich DUH-Chef Jürgen Resch gerade massiv darüber aufregt, dass die von ihm selbst geforderte Nachrüstung zahlreicher Dieselautos nun mit Steuergeldern finanziert werden könnte“, kommentiert Focus Online.

Der Rest des nach Reschs Angaben rund neun Millionen Euro umfassenden Jahresbudgets stammt von Spendern. Dazu gehörten in der Vergangenheit nicht nur der japanische Autokonzern Toyota, sondern etwa auch die Deutsche Telekom und die Krombacher Brauerei. Die Finanzierung durch Toyota ist besonders pikant: denn die „Deutsche Umwelthilfe“ setzte Volkswagen in den vergangenen Jahren besonders häufig unter Druck. Volkswagen wiederum konkurriert mit Toyota um den Titel des größten Autobauers der Welt. Bemerkenswert ist, dass über die restlichen Spender kaum etwas bekannt ist. Wie Focus Online berichtet, soll beispielsweise eine Organisation namens „Climate Change Foundation“ aus den USA zu den Geldgebern gehören. Auch mehrere Stiftungen gehörten zu den Geldgeber.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte zum Jahresende: Wie sich Anleger zwischen Rallye und Korrekturgefahr absichern
24.12.2025

Zum Jahresende verdichten sich an den globalen Finanzmärkten die Signale für Chancen, Risiken und mögliche Wendepunkte. Stehen Anleger...

DWN
Politik
Politik Cyberangriff auf Aeroflot: Wie Hacker Russlands Luftverkehr störten
24.12.2025

Ein Cyberangriff brachte die IT-Systeme von Aeroflot binnen Stunden zum Stillstand und zwang den Flugbetrieb in den Notmodus. Welche...

DWN
Politik
Politik Putins neue Gegnerin und ihr Appell an Europa
24.12.2025

Europa ringt mit seiner Haltung gegenüber Russland und der Frage nach Konsequenz und Abschreckung. Wie sollte der Westen mit einem Kreml...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handwerkspräsident: "Demokratie muss nun liefern"
24.12.2025

Die Stimmung im deutschen Handwerk ist angespannt, die Wirtschaft schwächelt seit Jahren. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands...

DWN
Politik
Politik DWN-Jahresrückblick 2025: Schulden, Krieg, KI – und Europas Zerreißprobe
24.12.2025

Schulden in Billionenhöhe, neue Kriegsängste, technologische Abhängigkeiten: 2025 hat Gewissheiten zerlegt, die lange als stabil galten....

DWN
Technologie
Technologie The Good City: Die Stadt der Zukunft ist leise, sauber und elektrisch
24.12.2025

Lärm, Abgase, Platzmangel – urbane Probleme kennt jeder. Doch Renault Trucks zeigt: Die Zukunft der Stadt ist elektrisch, leise und...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple XRP: Zwischen ETF-Fantasie und anhaltendem Kursdruck
24.12.2025

Ripple XRP verliert an Boden, während der Kryptomarkt insgesamt vorsichtiger wird. Technische Schwäche, unterschrittene Schlüsselmarken...

DWN
Technologie
Technologie Exponentielles Wachstum durch KI: Chancen und Grenzen für Wirtschaft und Gesellschaft
24.12.2025

Die künstliche Intelligenz entwickelt sich rasant und verändert zunehmend Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft. Doch kann dieser...