Finanzen

Max Otte: Der Krieg wirbelt die Börse durcheinander - jetzt sind viele Schnäppchen auf dem Markt

Lesezeit: 2 min
12.03.2022 01:17
Max Otte im DWN-Interview: Der Ökonom, Finanzexperte und Buchautor erläutert, wie Investoren auf den Ukraine-Krieg reagieren sollten.
Max Otte: Der Krieg wirbelt die Börse durcheinander - jetzt sind viele Schnäppchen auf dem Markt
Max Otte. (Foto: Markus Kaufhold)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Die Ukraine-Krise ist das dominante Thema derzeit. Eine kurze Einschätzung von Ihnen.

Max Otte: Viele Experten wie der Vater der Eindämmungspolitik, George F. Kennan, der einflussreiche Politikwissenschaftler John Mearsheimer, Henry Kissinger sowie Noam Chomsy haben einen Krieg vorhergesagt für den Fall, dass die Ukraine sich der NATO annähert. Auf ihre Warnungen hat niemand gehört. Nun ist der Krieg da. Um es klar zu sagen: es handelt sich um einen Angriffskrieg, einen Überfall, der ohne Wenn und Aber zu verurteilen ist. Aber der Westen hätte es nicht so weit kommen lassen müssen.

Der Krieg verläuft nicht so, wie Putin sich das wohl ausgerechnet hat: Die russische Armee zeigt operative Schwächen, die Ukrainer wehren sich erstaunlich verbittert, und die Sanktionen des Westens laufen auf einen ökonomischen Vernichtungskrieg hinaus.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Was halten Sie von der alten Börsenweisheit „Aktien kaufen, wenn die Kanonen donnern“? Sollten Anleger jetzt Aktien erstehen, und wenn ja, welche?

Max Otte: Diese alte Börsenweisheit mag etwas zynisch und etwas vereinfachend sein, aber es ist etwas an ihr dran. Zu Einzeltiteln darf ich nicht viel sagen, da wir in unseren Fonds aktuell natürlich handeln und einkaufen.

Aber ich sage so viel: Energie-Titel, insbesondere amerikanische, sind nicht uninteressant. Die großen Big-Tech-Werte befinden sich wieder auf einem attraktiveren Kaufniveau. Und die kleinen Wachstums-Unternehmen sind zum Teil massiv abgestraft und derzeit geradezu Schnäppchen.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Gesetzt den Fall, der Konflikt führt zu einer Baisse: Wie lange könnte die anhalten? Wäre für Anleger, die kurzfristig investieren, ein verstärkter Aktienkauf vielleicht nicht ratsam, weil diese Baisse möglicherweise langfristiger Natur ist?

Max Otte: Für „Anleger“, die „kurzfristig investieren“ („investieren“ ist eigentlich per se langfristig), sind Aktien niemals anzuraten. Man sollte immer mindestens drei bis fünf Jahre mitbringen.

Es kann durchaus sein, dass bestimmte Bewertungsniveaus mittelfristig sinken werden, also etwas entsteht, was Sie als „Baisse“ bezeichnen. Das wissen wir nicht. Angesichts der Alternativen sind Aktien für uns allerdings immer noch die beste Anlageform. Man löst das Problem am besten, indem man in Schritten investiert, zum Beispiel in drei Tranchen alle sechs Monate.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Ist es ratsam, jetzt in Gold anzulegen? Oder in andere Anlageformen?

Max Otte: Gold ist immer eine gute Ergänzung. Was die Alternativen angeht: Immobilien sind eben sehr teuer und zudem von Zwangsabgaben bedroht. Kryptowährungen könnten stark eingeschränkt werden - China hat das schon vorgemacht.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Was halten Sie in der jetzigen Situation von Energie-Aktien (beispielsweise Öl)?

Max Otte: Grundsätzlich sind diese trotz der Kursanstiege noch nicht zu teuer.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Könnte es sein, dass eine Baisse gar nicht möglich ist, weil sich zu viel Geld im System befindet?

Max Otte: Das ist unser Basisszenario: ein „Melt-up“, eine „Katastrophenhausse“ nach Ludwig von Mieses. Das Vertrauen in das Geld schwindet, und die Leute flüchten in Sachwerte, unter anderem Aktien. Die hohen Inflationszahlen deuten darauf hin. Allerdings ist an der Börse immer alles möglich – auch das Gegenteil.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Wie könnten die Notenbanken auf die Ukraine-Krise reagieren?

Max Otte: Sie haben schon lange die Grundsätze solider Notenbankpolitik aufgegeben. Jetzt werden sie mehr und mehr zu Geschäftsbanken und finanzieren auch den „grünen“ Umbau der Wirtschaft. Das führt in die Zentralverwaltungswirtschaft.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Herr Professor Otte, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Zur Person: Prof. Dr. Max Otte (Jhg. 64) ist promovierter Wirtschafts- und Politikwissenschaftler. Er ist Gründer des „PI Vermögensbildungsfonds“ (WKN: A1J3AM), des „Max Otte Multiple Opportunities Fonds“ (WKN: A2ASSR) sowie des Kapitalanlagebriefs „Der Privatinvestor“. Max Otte ist Autor von über zwanzig Büchern, darunter „Rettet unser Bargeld!“ (2016) sowie „Die Krise hält sich nicht an Regeln. 99 Antworten auf die wichtigsten Fragen nach dem Corona-Crash“ (2021).


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
07.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freie Lehrstellen erreichen kritisches Niveau: Was Unternehmen jetzt tun müssen
07.05.2024

Der Lehrstellenmangel verschärft sich: Demografischer Wandel und veränderte Berufspräferenzen der Generation Z führen zu einem...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Investitionsschreck Deutschland: Internationale Investoren meiden deutsche Projekte
07.05.2024

Ausländische Unternehmen haben im vergangenen Jahr immer weniger in Deutschland investiert. Die Anzahl der Projekte ausländischer...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Nachlassende Nachfrage: Deutsche Industrie verzeichnet erneut weniger Aufträge
07.05.2024

Trotz einer vielversprechenden Entwicklung im März kämpfen Deutschlands Exporteure nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten.

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: US-Arbeitsmarktdaten lassen erneut Zinssenkungsfantasie aufkommen
07.05.2024

Die internationalen Finanz- und Rohstoffmärkte verbleiben im Spannungsfeld wechselnder Indikatoren hinsichtlich des zukünftigen Zinspfads...

DWN
Politik
Politik Israels Armee nähert sich dem Grenzübergang von Rafah
07.05.2024

Israels Regierung bleibt bei der geplanten umfangreichen Offensive gegen Rafah bestehen, während die Hamas einer Waffenruhe zustimmt -...

DWN
Immobilien
Immobilien Gesundheitsimmobilien: Investmentmarkt stolpert – wie sieht die Pipeline weiter aus?
07.05.2024

Nach robustem Transaktionsvolumen in den vergangenen Jahren herrschte auf dem Investmentmarkt für Pflegeheime, Seniorenimmobilien und...