Das Ende seiner Schauspiel-Karriere hat Jack Nicholson nie offiziell bekannt gegeben. Wird der exzentrische und geniale Leinwand-Star sein berühmtes Grinsen tatsächlich nicht mehr vor der Filmkamera aufsetzen? Nach Kultklassikern wie «Einer flog über das Kuckucksnest», «The Shining» und als Joker in «Batman» ist der Star aus Hollywood nicht wegzudenken. Doch der dreifache Oscar-Preisträger hat sich in den vergangenen Jahren kaum noch öffentlich gezeigt. An diesem Freitag (22. April) wird er 85 Jahre alt.
Interviews gebe Jack Nicholson nicht mehr, so der abschlägige Bescheid seiner Sprecherin auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Und Pläne für seinen Geburtstag? Wenn es die überhaupt gebe, so seien sie Privatsache, teilte Sandy Bresler mit.
Für die Liebeskomödie «Woher weißt du, dass es Liebe ist?» mit Reese Witherspoon und Paul Rudd stand Nicholson 2010 zuletzt vor der Kamera, allerdings nur in einer kleinen Nebenrolle. Umso mehr horchte Hollywood auf, als im Februar 2017 Berichte über ein geplantes US-Remake von Maren Ades Hit-Komödie «Toni Erdmann» mit Nicholson in der schrägen Vater-Rolle kursierten. Er sei einer der besten Schauspieler überhaupt, sagte die deutsche Regisseurin damals vor der Presse in Santa Monica nach ihrem «Spirit Award»-Gewinn für «Toni Erdmann». «Es gibt so viele Filme mit ihm, die ich sehr liebe», zitierte «Variety» aus dem Interview. Sie selbst wollte bei einer Neuverfilmung aber nicht mitmischen, betonte Ade. Ein Jahr später machte Nicholson einen Rückzieher.
Im vorigen Oktober wurde der begeisterte Basketball-Fan als Zuschauer bei seinem Lieblingsteam, den Los Angeles Lakers, gesichtet. So selten sind seine Auftritte geworden, dass sich die Fotografen gleich auf den Star - mit Stoppelbart und typischer Sonnenbrille - und Sohn Ray an seiner Seite stürzten.
Nicholsons letzter großer Auftritt auf der Oscar-Bühne liegt viele Jahre zurück. 2013 präsentierte er die Anwärter in der Top-Sparte «Bester Film». Nicholson gab sein charmantes «Killer-Lächeln» zum Besten und flirtete auch noch ungeniert mit der damals 22-jährigen Oscar-Gewinnerin Jennifer Lawrence. Er platzte mitten in ein Live-Interview hinein und überfiel die junge Gewinnerin mit Komplimenten. «Sie sehen aus wie eine frühere Freundin von mir», schwärmte der Altstar. Das Video sorgte im Netz für Lacher, der Leinwand-Macho wurde mit Spott bedacht.
Nicholson lebt zurückgezogen in seiner Villa am Mulholland Drive, in den Hügeln von Hollywood. «Ich wünsche mit noch eine letzte Romanze», räumte er 2015 in einem seltenen Interview mit der Zeitschrift «Closer» ein. Aber das werde vermutlich nicht mehr passieren. In seinem Alter fühle es sich «einfach nicht richtig an», Frauen anzumachen.
Nicholson hat wenig ausgelassen in seinem Leben. Er hat fünf Kinder von vier Frauen, die Ehe probierte er nur einmal aus, 1962 bis 1968 mit der Schauspielerin Sandra Knight. Mit Anjelica Huston, Tochter von US-Regisseur John Huston, führte er 17 Jahre lang eine stürmische Beziehung. Sie zerbrach endgültig, als er die beste Freundin seiner Tochter Jennifer, das Model Rebecca Broussard, schwängerte. Sie haben zwei Kinder zusammen.
Nicholson war 1937 als uneheliches Kind einer 17-jährigen Tänzerin in New Jersey zur Welt gekommen. Er wuchs bei ihren Eltern auf und erfuhr erst mit 37 Jahren, dass seine vermeintliche «Schwester» June in Wirklichkeit seine Mutter war.
Die große Hollywood-Karriere fing mit Botenjobs in der Trickfilmabteilung von Metro-Goldwyn-Mayer an. Eine seiner ersten Filmrollen verdankte er dem Trash-Meister Roger Corman in dem Gruselstreifen «Little Shop of Horrors« («Der kleine Horrorladen»). Seinen Durchbruch feierte er als saufender Anwalt in dem Road-Movie «Easy Rider» (1969). Der Film mit Peter Fonda und Dennis Hopper als Motorradfahrer auf der Suche nach Freiheit und Abenteuer wurde zum Kult. Nicholson brachte er die erste von zwölf Oscar-Nominierungen ein.
Den ersten Oscar als bester Hauptdarsteller holte er als Insasse einer Nervenklinik. Die zerrissene, rebellische Figur des Patienten Randle McMurphy in dem vielfach preisgekrönten Film «Einer flog über das Kuckucksnest» von 1975 zählt bis heute zu seinen besten Rollen.
Es folgten Hits wie Roman Polanskis «Chinatown» (1974), Stanley Kubricks «The Shining» (1980) und «Die Ehre der Prizzis» (1985). Seine beiden weiteren Oscars erhielt er für seine Rolle als ehemaliger Astronaut und Trinker in «Zeit der Zärtlichkeit» (1983) und als grantiger Neurotiker in der sarkastischen Komödie «Besser geht's nicht» (1997). Dazwischen zeigte er als Joker in der Comic-Verfilmung «Batman» (1989) sein irres Grinsen.
Eine neue Seite offenbarte der Altmeister 2002 in Alexander Paynes Tragikomödie «About Schmidt», in der er ohne jede Eitelkeit die Spuren des Alterns zeigt. In «Was das Herz begehrt» (2003) mit Diane Keaton war Nicholson im offenen Krankenhaushemd mit blankem Po zu sehen. In «Das Beste kommt zum Schluss» spielte er einen krebskranken Mann mit kahlem Schädel und zerfurchtem Gesicht. «Ich wollte immer ein Charakterschauspieler sein», sagte Nicholson 2008 bei der Deutschlandpremiere der Tragikomödie in Berlin. «Aber in Wirklichkeit halte ich mich natürlich für den schönsten Menschen der Welt», fügte der Star scherzhaft hinzu.