Finanzen

Der Kampf ums Bargeld entscheidet sich in Europa

Lesezeit: 3 min
13.08.2022 09:21  Aktualisiert: 13.08.2022 09:21
Die Bargeldabschaffung bekommt immer stärkere Kraft und beschleunigt sich. Gute Nachrichten für das Bargeld sind rar. Von 100 Nachrichten sind 99 negativ für den Bargelderhalt und nur eine positiv. Aber es ist wie beim Kampf David gegen Goliath: Eine gute Aktion kann Goliath zu Fall bringen. Und genau das passiert gerade.
Der Kampf ums Bargeld entscheidet sich in Europa
Das Bargeld-Verbot wird weltweit diskutiert, der Kampf darum wird aber in Mitteleuropa entschieden. (Foto: iStock.com/ jokerpro)
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Mir war immer bewusst, dass der Kampf um den Erhalt des Bargeldes in Europa, besser gesagt in Mitteleuropa, entschieden wird. Meine Aufmerksamkeit richtete sich dabei auf die EU-Länder Deutschland, Österreich und die Benelux-Staaten. Aber jetzt kommt ein Hoffnungsschimmer aus einem ganz anderen Land – aus der Schweiz. Hier passiert etwas, das viel Hoffnung bringt und wo wir alle für den Erhalt des Bargeldes etwas Entscheidendes beitragen können.

Bargeld wird ohne einen gesetzlichen Schutz keine Chance haben. Es wird von den milliardenschweren Werbebudgets der Banken und den zahlreichen Programmen und Unterstützungen der EU für die digitalen Zahlungssysteme verdrängt werden. Spätestens bei der Einführung des E-Euros, die bereits in den nächsten 2 Jahren anstehen kann, wird sich Bargeld nicht mehr halten können. Daher muss Bargeld, das als Allgemeingut betrachtet werden kann, weil es entscheidend Grundrechte und Freiheitsrechte garantiert, gesetzlich geschützt werden.

Deutschland hat kein Hoheitsrecht

Diesen gesetzlichen Schutz in Deutschland oder der EU zu verankern ist extrem schwer. Selbst wenn wir in Deutschland das Bargeld im Grundgesetz verankern würden, was bereits einer Mammutaufgabe gleichkommen würde, hätte es keine rechtliche Relevanz. Denn das Hoheitsrecht der Währung Euro liegt nicht in den Händen von Deutschland, sondern in den Händen der EZB bzw. der EU. Dort gibt es den Grundsatz, dass Europarecht über dem nationalen Recht steht. Somit müsste Bargeld in den EU-Verträgen verankert werden. Also müssten 27 Länder dem zustimmen, vermutlich sogar einstimmig. Dies zu bewerkstelligen ist fast gänzlich unmöglich.

Aber das, was in der EU unmöglich ist, wird nun in der Schweiz möglich. Die Schweiz hat ein anderes politisches System in Form der direkten Demokratie. Es gibt dort nicht nur die Möglichkeit, dass der Schweizer Bürger neue Gesetze oder Gesetzesänderungen einer Volksabstimmung unterwerfen kann (Referendum), sondern es können sogar unabhängig der politischen Seilschaften Verfassungsinitiativen erwirkt werden. Und exakt das passiert gerade.

Der Verein FBS (Freiheitliche Bewegung Schweiz) hat nun zwei Verfassungsinitiativen für das Bargeld eingereicht. Diese wurden sehr gut formuliert, so dass es dem Bargeld einen dauerhaften Schutz gibt. Nachfolgend zusammengefasst ein paar Stichworte dieser Verfassungsinitiative:

  • Bargeld muss überall angenommen werden, vor allem auch in den ÖV (öffentlichen Verkehrsmitteln), auf der Behörde und am POS (Point of Sail), also im Einzelhandel.
  • Bargeld darf nicht schlechter behandelt und in der Höhe beschränkt werden.
  • Bargeld darf nicht abgewiesen, mit Gebühren belastet oder verkompliziert werden.
  • Bargeld darf nicht durch Gesetze oder das Steuerrecht benachteiligt werden.
  • Bargeld muss in heutiger Stückelung gewahrt bleiben.
  • Bargeld muss beschafft werden können.
  • Der Mensch ist Eigentümer des Bargeldes und Bargeld darf nicht elektronisch verfolgt werden können

Als ich diese Verfassungsinitiative gelesen habe, hat mein Herz begonnen zu hüpfen. Denn was sich daraus ergeben kann, ist für uns in Europa, ja sogar für die ganze Welt von höchster Bedeutung. Aber dazu später mehr. Solch eine Verfassungsinitiative zu initiieren, ist auch in der Schweiz keine einfache Aufgabe: Einerseits müssen 100.000 Unterschriften gesammelt und beglaubigt werden, die Verfassungsinitiative korrekt in der Bundeskanzlei eingereicht und in drei Sprachen (Deutsch, Französisch und Italienisch) juristisch korrekt formuliert und übersetzt werden. Für die erste Initiative werden bereits Unterschriften gesammelt, die zweite steht kurz davor.

Dieser Prozess der korrekten Einreichung solch einer Initiative kostet nicht nur sehr viel Aufwand und Arbeit, sondern ca. 150.000 Schweizer Franken. Aber das ist nur die Spitze des Eisberges. Um solch eine Abstimmung mit Erfolgsaussichten dann noch durchführen zu können, also Werbematerialien zu drucken, Aufklärungsveranstaltungen zu organisieren etc., wird ein Vielfaches dieses Betrages benötigt. Je nach Verfassungsinitiative fallen insgesamt Kosten zwischen 500.000 und 4.500.000 CHF an.

Gegenwind aus der Finanzindustrie

Zudem wird diese Initiative gewaltigen Gegendruck von der Finanzindustrie und der Bankenlobby erhalten. Denn solch ein Gesetz würde verhindern, dass die Banken für die Bereitstellung des Bargeldes Gebühren verlangen dürfen. Zudem würde es den Plan der Bargeldabschaffung und die Möglichkeit jede kleinste Geldbewegung in unserer Gesellschaft mit Gebühren zu belegen, durchkreuzen. Bei den digitalen Zahlungen geht es nämlich um ein Billionen-Geschäft – eines der gewaltigsten Geschäftsmodelle unserer Zeit. Wenn es an den Geldbeutel der Finanzindustrie geht, ist bekanntlich Schluss mit lustig. Sie werden leicht ein hohes Millionenbudget zur Bekämpfung dieser Initiative bereitstellen und ihre Einflusslinien aktivieren.

Hier ist nun aber der Bürger in seiner Verantwortung: Nämlich solche vielversprechenden Bewegungen wie etwa die FBS oder auch andere Bewegungen zu unterstützen, damit solche Initiativen höchstmögliche Erfolgschancen bekommen.

Wenn die Verfassungsinitiative in der Schweiz Erfolg hat, wird dies eine ungeahnte Chance für das Bargeld bedeuten. Denn die Schweiz hat in der Welt eine Sonderstellung. Sie ist nicht nur eines der reichsten Länder der Welt, sondern ein Symbol für Freiheit und direkte Demokratie. Wenn die Schweiz Bargeld gesetzlich verankert, wird dies überall in Europa, ja sogar auf der ganzen Welt gehört werden. Die Schweiz wäre damit nicht nur das Zünglein an der Waage, sondern ein Vorbild für alle anderen Länder, dass

  1. es wichtig ist, Bargeld gesetzlich zu schützen;
  2. es möglich ist, Bargeld gesetzlich zu verankern; und
  3. aufzeigen, wie solch ein Gesetzestext formuliert werden kann.

Es ist eine der letzten, vielleicht sogar die letzte Chance, unser Bargeld gesetzlich zu verankern und zu retten. Ich hoffe sehr, dass wir diese einmalige Chance nutzen.

Zur Person: Hansjörg Stützle engagiert sich für den Erhalt des Bargeldes und betreibt die Aufklärungsplattform www.bargeldverbot.info. Er hat über die schleichende Bargeldabschaffung über 15 Jahre recherchiert und das Buch „Das Bargeldkomplott“ geschrieben.


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