Politik

Bayern: CSU will Macht der EU-Kommission drastisch beschneiden

Die CSU wird ihren Europa-Wahlkampf als euroskeptische Partei ausrichten. In einem Grundsatzpapier fordern die Bayern die Beschneidung der Macht-Befugnisse der EU-Kommission, mehr Einfluss Deutschlands im EU-Parlament und die Rückführung von Kompetenzen aus Brüssel in die Nationalstaaten. In der Praxis hat die CSU bisher jedoch im Euro-Rettungswahn blinde Nibelungen-Treue zum Kurs von Angela Merkel gezeigt.
04.01.2014 00:37
Lesezeit: 2 min

Die CSU will sich im anstehenden Wahlkampf für das EU-Parlament als Spitze der euroskeptischen Bewegung profilieren. In einem Grundsatzpapier für das Dreikönigstreffen in Wildbad Kreuth in der kommenden Woche fordert die CSU:

Die CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag fordert, dass sich die EU auf

Wesentliches konzentriert und die Bürger nicht mit Belanglosigkeiten behelligt – wie der Regulierung von Duschköpfen oder einem versuchten Verbot von Ölkännchen. Die Ursache dafür ist oft gut gemeinter aber überzogener Verbraucherschutz, der dann zu einer Bevormundung der Bürger führt. Wir brauchen eine Entzugstherapie für Kommissare im Regulierungsrausch.

Nötig sind eine Verkleinerung der Europäischen Kommission und eine Konzentration ihrer Aufgabenbereiche. Das verhindert überflüssige Bürokratie und stellt sicher, dass sich die Kommission künftig auf politisch bedeutsame Vorhaben fokussiert.

Die jüngsten Bemühungen der Kommission zur Entschlackung des EU-Rechts sind ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wir erwarten, dass den Ankündigungen nun auch Taten folgen und z.B. die Bodenschutzrahmenrichtlinie zurückgenommen wird.

Die Kommission braucht eine bessere Rückkoppelung an die Regionen, damit keine Liberalisierungen mehr „von oben“ durchgeführt werden, die letztendlich mehr Probleme als Nutzen für die Verbraucher bringen und weitere Regulierungen nach sich ziehen.

Konkret bedeutet das:

Die Kommission ist aufgefordert, bei der Wahrnehmung ihrer Kompetenzen

Zurückhaltung walten zu lassen. Klare vertragliche Grundlagen müssen verhindern, dass die Kommission ihre Kompetenzen überschreitet oder ausdehnt. Streitfälle sollen durch einen europäischen Kompetenzgerichtshof entschieden werden, dem Verfassungsrichter der Mitgliedstaaten angehören.

Kompetenzübertragung darf keine Einbahnstraße bleiben: Die CSU-Landesgruppe setzt sich dafür ein, alle Bereiche der Europapolitik daraufhin zu überprüfen, wo Kompetenzen der EU auf die Mitgliedstaaten zurückübertragen werden können. In Betracht kommen hier Teile des überregulierten Binnenmarktes sowie der Regionalpolitik. Eine Regionalförderung durch die Mitgliedstaaten und die Regionen ist oft effektiver als durch die EU.

Um die Kommission zu kontrollieren, will die CSU mehr Macht für ihre Abgeordneten im EU-Parlament:

Wir wollen das Europäische Parlament (EP) stärken. Es soll ebenso wie der Rat

das Recht zur Gesetzesinitiative erhalten. Wenn ein Gesetzentwurf innerhalb einer Legislaturperiode nicht beschlossen worden ist, sollte er nach dem Prinzip der Diskontinuität verfallen.

Wir halten daran fest, dass das EP über eine repräsentativere Zusammensetzung verfügen muss. Dabei sollte jedem Mitgliedstaat eine Mindestzahl von Sitzen zustehen.

Um die Verantwortlichkeit der Abgeordneten gegenüber den Wählern zu verstärken, strebt die CSU-Landesgruppe an, bei Europawahlen regionale Wahlkreise einzuführen.

Bei europapolitischen Entscheidungen von besonderer Tragweite – wie der Übertragung wesentlicher Kompetenzen auf die EU, dem Beitritt neuer Mitgliedstaaten oder weiteren grundlegenden Vertragsänderungen – wollen wir in bundesweiten Volksabstimmungen das Volk direkt befragen.

Mit diesen markigen Sprüchen will Seehofers Truppe anderen euroskeptischen Parteien das Wasser abgraben. Die Bayern gehen davon aus, dass sowohl die Freien Wähler und die AfD, wenn sie denn antreten (das ist jedenfalls geplant – hier), ernstzunehmende Gegner sind. Gerade bei einer EU-Wahl könnte die Bereitschaft der bayrischen Wähler groß sein, der etablierten CSU einmal einen Denkzettel zu verpassen.

In der Praxis freilich muss sich die CSU fragen lassen: Warum hat sie in geradezu abenteuerlicher Nibelungen-Treue jeden bisherigen Euro-Rettungswahnsinn mitgemacht – obwohl es aus den eigenen Reihen seriöse, warnende Stimmen gab (wie den ehemaligen bayrischen Finanzminister Waldenfels - hier)?

Und wenn CSU-Granden ihren beruflichen Lebensabend mit einem EU-Posten zubringen, haben sie bisher wenig bis nichts geleistet: Der frühere Ministerpräsident Edmund Stoiber hat als Vorsitzender der EU-Entbürokratisierungskommission in Brüssel so wenig Impulse gesetzt wie eine Sitzbank auf der Wiesn bei minus 20 Grad Celsius (hier).

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