Unternehmen

Essen im Dunkeln: Lokale in Brüssel kämpfen mit der Energiekrise

Lesezeit: 2 min
09.10.2022 09:20  Aktualisiert: 09.10.2022 09:20
Nachdem die Corona-Pandemie die Restaurants massiv belastet haben, zeichnet sich die nächste Krise bereits ab. Die explodierenden Energie-Preise sorgen dafür, dass die Restaurants kreativ werden müssen, um die nächsten Monate zu überstehen. Besonders radikal geht dabei Brüssel vor.
Essen im Dunkeln: Lokale in Brüssel kämpfen mit der Energiekrise
Eine Gruppe von Gästen genießt ein Getränk und ein Abendessen bei Kerzenschein in der Brasserie Surrealiste während der Aktion „Brüssel im Dunkeln“. (Foto: dpa)
Foto: Olivier Matthys

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Während Länder in der EU noch immer über eine Gaspreisbremse ringen, suchen einige Unternehmen in Brüssel nach einer schnelleren Lösung für die Energiekrise. Restaurantbesitzer dort arbeiten an einem Konzept, wie eine Zukunft ohne Gas und Strom für Gäste aussehen würde.

Dies folgt auf eine harte Zeit für die Restaurant-Branche, die seit Anfang 2020 mit Corona-bedingten Schließungen, Personalmangel und der steigenden Inflation zu kämpfen hatte.

An der Initiative b waren vor einigen Tagen ein Dutzend Restaurants beteiligt (so zum Beispiel Restaurant Racines, Le Petit Mercado und St. Kilda), die Gas und Strom abgeschaltet und stattdessen Kerzen angezündet haben.

Flammkuchen, Cocktails und Wein im Dunkeln

Jedes teilnehmende Restaurant versuchte, das Beste aus der Dunkelheit zu machen und so erlebten die Gäste wie es sein kann, ohne Öfen, Herde, Kochplatten und Kaffeemaschinen zu speisen. Wie Associated Press berichtet, war das Essen trotzdem großartig. Den Gästen wurden nur kalte Vorspeisen oder leicht über dem flammenden Holzkohlegrill eines japanischen Barbecues gegrillte Speisen an Tischen mit Kerzenlicht serviert.

„Die Idee ist, in die Zeit der Höhlen zurückzugehen,“ so Francesco Cury, der Besitzer des Racines. „Wir haben eine ganze Reihe von Gerichten vorbereitet, die nur ein paar Sekunden gegrillt werden müssen ... aber die Suche nach dem Geschmack, nach dem Erstaunlichen, nach dem Verblüffenden, ist immer noch Teil unseres Geschäfts.“

Auf der Speisekarte zu finden waren: Brioche mit Sardellen, Porchetta und Focaccia auf Holzfeuer, roher weißer Thunfisch, gegrilltes Schweinefleisch mit Bohnen und Ricotta Creme mit Kürbiskonfitüre und – als Dessert –Pistazien.

Was sich nach einer romantischen Atmosphäre und einem einmaligen Erlebnis anhört, ist in Wirklichkeit das, was den Kunden auf Dauer drohen könnte, wenn die Energiepreise weiter steigen.

„Die Leute sehen Preissteigerungen von 30 Prozent bis 40 Prozent im Supermarkt,“ sagte Cury. „Und wir, die Restaurantbesitzer, kaufen die gleichen Rohstoffe, die gleichen Produkte. Was tun wir also? Wir erhöhen die Preise, aber dann kommen noch die Preise für Gas und Strom hinzu. Können wir unsere Arbeit ohne Energiequellen machen? Die Antwort ist nein.“

„Wir müssen mehr nachdenken, und die Gesellschaft muss erkennen, wie kritisch die Situation ist.“ Obwohl der dramatische Anstieg der Inflation in Belgien Restaurantgäste vielleicht hätte abschrecken sollen, nahmen dennoch 50 Leute an der Initiative teil.

Stephane Lepla, der mit seiner Freundin unterwegs war und eines der Restaurants besuchte, sagte: „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem man sich entscheiden muss, ob man zu Hause bleibt und heizt, oder auswärts essen geht (und dann die Heizung zu Hause ausschaltet).“

Das Gleichgewicht zu finden, sei kompliziert, sagte Lepla. „Es gibt Gewohnheiten, die wir ändern müssen, die wir versuchen zu ändern, auch wenn es nicht einfach ist.“

 

                                                                            ***

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.


Mehr zum Thema:  

 

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoins-Prognose: Kryptowährung mit Rekordhoch nahe 100.000 Dollar - wie geht's weiter?
22.11.2024

Ein Bitcoin-Rekordhoch nach dem anderen - am Freitagmorgen kletterte der Bitcoin-Kurs erstmals über 99.000 US-Dollar. Seit dem Sieg von...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Memoiren „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Erinnerungen schönschreibt
22.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform: Entscheidung über Lauterbachs hoch umstrittenes Projekt heute im Bundesrat
22.11.2024

Krankenhausreform: Kommt sie jetzt doch noch? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht mit seinem hochumstrittenen Projekt vor...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz von HH2E: Rückschlag für Habecks Energiewende - Wasserstoffprojekte in Sachsen in Gefahr
22.11.2024

Der Wasserstoff-Spezialist HH2E hat Insolvenz angemeldet, die Finanzierung durch ein britisches Private-Equity-Unternehmen ist gestoppt....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Aktien sind heiß gelaufen: Warum immer mehr Analysten den europäischen Aktienmarkt in den Blick nehmen
22.11.2024

Vermögensverwalter Flossbach von Storch sieht zunehmend Risiken für US-Aktien. Nach der jüngsten Rekordjagd an den US-Börsen verlieren...