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Lagebericht Ukraine: Situation an der Ostfront spitzt sich zu

Lesezeit: 3 min
09.01.2023 10:00  Aktualisiert: 09.01.2023 10:41
Die Ukraine hat eingeräumt, an zwei Brennpunkten im Osten in eine schwere Lage geraten zu sein. Zugleich gehen beide Seiten aber auch aufeinander zu. Lesen Sie alle wichtigen Meldungen des Tages zum Krieg Russlands gegen die Ukraine.
Lagebericht Ukraine: Situation an der Ostfront spitzt sich zu
Ukrainische Soldaten bei einem Artilleriegefecht mit russischen Stellungen im Osten der Ukraine. (Foto: dpa)

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Die Kämpfe im Osten der Ukraine haben sich zugespitzt. Speziell im Norden des Gebiets Donezk um die Städte Bachmut und Soledar ist die Lage nach Angaben aus Kiew schwierig. Präsident Wolodymyr Selenskyj gibt sich trotzdem überzeugt davon, dass die eigenen Truppen durchhalten und verspricht ihnen Verstärkung. Derweil haben Russland und die Ukraine das erste Mal in diesem Jahr wieder Gefangene ausgetauscht. Montag ist der 320. Tag des russischen Angriffskrieges auf das Nachbarland.

Selenskyj: Ukrainer halten schweren Kämpfen im Donbass stand

Trotz schwerster Kämpfe im Osten der Ukraine sieht Selenskyj kein Durchkommen für die russischen Angreifer und verspricht den Verteidigern Verstärkung. „Bachmut hält durch“, sagte der 44-Jährige am Sonntag in seiner täglichen Videoansprache. Auch das benachbarte Soledar halte durch, obwohl die Lage schwierig sei. „Dies ist einer der blutigsten Orte an der Front“, beschrieb er das Gebiet um die beiden Kleinstädte, die nur 14 Kilometer voneinander entfernt liegen.

Laut Selenskyj besichtigte der Befehlshaber des ukrainischen Heeres am Sonntag die Truppen in Bachmut und Soledar. Olexandr Syrskyj werde die Verteidigung leiten und Verstärkung sowie größere Feuerkraft gegen den Feind organisieren. Syrskyj gilt in der Ukraine als Held, dem die Erfolge bei der Verteidigung von Kiew und bei der Rückeroberung des Gebiets Charkiw zugeschrieben werden.

Kiew räumt Probleme bei Verteidigung von Soledar ein

Bei den Kämpfen im ostukrainischen Gebiet Donezk sind die Verteidiger im Raum Soledar Kiew zufolge in eine schwierige Lage geraten. „Derzeit ist es schwer in Soledar“, schrieb die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Sonntag in ihrem Telegram-Kanal.

Soledar ist wie das seit Monaten umkämpfte Bachmut Teil des ukrainischen Verteidigungswalls vor dem Ballungsraum zwischen Slowjansk und Kramatorsk. Die Einnahme der Agglomeration wäre fast gleichbedeutend mit der Eroberung des Donbass - eines der öffentlich genannten Ziele Russlands zu Beginn des Krieges.

Vor Soledar hätten die Russen große Kräfte konzentriert. An den Angriffen seien nicht nur reguläre Einheiten der russischen Armee, sondern auch Söldnertruppen beteiligt, schrieb Maljar. Tatsächlich greifen in dem Raum um Bachmut und Soledar die als gut ausgerüstet geltenden Söldner der «Wagner»-Truppe an.

Russland und Ukraine tauschen 100 Gefangene aus

Russland und die Ukraine haben den ersten Gefangenaustausch nach dem Jahreswechsel vollzogen. „Am 8. Januar wurden im Resultat des Verhandlungsprozesses 50 russische Soldaten, denen in Gefangenschaft tödliche Gefahr drohte, vom Territorium zurückgeholt, das unter Kontrolle des Kiewer Regimes steht2, teilte das russische Verteidigungsministerium am Sonntag in seinem Telegram-Kanal mit. Kurz darauf bestätigte die ukrainische Seite den Austausch.

Laut dem russischen Verteidigungsministerium wurden die eigenen Kriegsgefangenen bereits mit einem Militärflugzeug nach Moskau zur Behandlung und Rehabilitation ausgeflogen. Nähere Angaben zu den russischen Soldaten gibt es nicht.

Kiew hingegen berichtete, dass auf eigener Seite 33 Offiziere und 17 Mannschaftsdienstgrade befreit wurden. „Wir holen Leute zurück, die beim AKW Tschernobyl in Gefangenschaft geraten sind, unsere Verteidiger aus Mariupol, unsere Jungs aus der Region Donezk im Raum Bachmut, sowie aus dem Kiewer Gebiet, Tschernihow, Cherson und anderen Regionen, wo es Kämpfe gab“, kommentierte der Leiter des Präsidialamts, Andrij Jermak, den Austausch.

Weißrussland kündigt gemeinsames Luftwaffenmanöver mit Russland an

Belarus will nach offiziellen Angaben vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs ab Mitte Januar ein zweiwöchiges Luftwaffenmanöver mit den russischen Streitkräften abhalten. „Vom 16. Januar bis 1. Februar 2023 finden kollektive lufttaktische Übungen der Streitkräfte von Belarus und Russland statt“, teilte das weißrussische Verteidigungsministerium am Sonntag in seinem Telegram-Kanal mit.

Die gemeinsame Einsatztruppe haben die beiden Länder im Herbst gebildet - offiziell zum Schutz der Außengrenzen der russisch-belarussischen Union. Auf dieser Basis sind rund 9000 russische Soldaten in Weißrussland stationiert. Präsident Alexander Lukaschenko hatte erst am Freitag der Truppe einen Besuch abgestattet. Laut dem Verteidigungsministerium in Minsk sind am Sonntag die russischen Luftwaffeneinheiten eingetroffen. An den zweiwöchigen Übungen sollen alle Flugplätze und Truppenübungsplätze der Luftwaffe und Flugabwehr in Belarus beteiligt werden, heißt es.

Jüngst gab es immer wieder Spekulationen über einen erneuten russischen Angriff auf die Ukraine von weißrussischem Gebiet aus.

OSZE-Generalsekretärin gegen Ausschluss Moskaus aus der Organisation

Die Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Helga Maria Schmid, hat sich gegen einen Ausschluss Russlands aus der Gruppe ausgesprochen.

Diplomatische Kanäle offen zu halten, heiße nicht, dass man sich einig sei, sagte Schmid der Welt. „Ich halte es jedenfalls aus heutiger Sicht für sinnvoll, dass Russland weiterhin Mitglied in der OSZE bleibt.“

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hatte angesichts des russischen Angriffskriegs gegen sein Land einen Ausschluss Moskaus gefordert. „Eines Tages werden wir auch wieder Gesprächskanäle brauchen“, sagte die deutsche Spitzendiplomatin.

Das wird am Montag wichtig

In Russland enden die Feiertage nach dem Jahreswechsel und auch die Politik kehrt zum Alltag zurück. An der Front dürften die russischen Truppen wohl ihre Angriffe auf Bachmut und Soledar in der Hoffnung auf einen Durchbruch fortsetzen.


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