Immobilien

US-Banken verkaufen eilig Gewerbeimmobilien-Kredite

Auch wenn Kreditnehmer ihre Rückzahlungen pünktlich geleistet haben, wollen große US-Banken Hunderte von Millionen Dollar an Gewerbeimmobilien-Darlehen abschieben. Was steckt hinter der Dringlichkeit?
06.06.2023 17:11
Aktualisiert: 06.06.2023 17:11
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Nach den jüngsten Turbulenzen im regionalen US-Bankensektor bereiten sich wichtige Banken jetzt darauf vor, Immobilienkredite mit möglichen Abschlägen zu verkaufen – selbst wenn Kreditnehmer ihre Rückzahlungen termingerecht geleistet haben.

Der Financial Times zufolge ist dies ein Zeichen der Entschlossenheit der US-Finanzinstitute, ihr Risiko auf dem erheblich schwankenden Gewerbeimmobilien-Markt zu verringern. Die Bereitschaft einiger der wichtigen Kreditgeber, Verluste bei sogenannten „performing real estate loans“ zu übernehmen, folgt mehreren Warnungen, dass der US-Gewerbeimmobiliensektor der nächste sein könnte, der nach dem jüngsten Kollaps verschiedener regionaler US-Banken ins Straucheln gerät.

US-Investmentmanager warnten diesen Monat vor wachsenden Problemen in dem 5,6 Milliarden US-Dollar Gewerbeimmobilien-Sektor. Charlie Munger, stellvertretende Vorsitzender bei Berkshire Hathaway, sprach von einem „herannahenden Sturm“ auf dem Markt. Munger sagte, die Banken seien „voll mit faulen Krediten“ und es gäbe eine Menge Bürogebäude, Einkaufszentren und andere Immobilien, die problematisch wären.

Im April meldete einer der größten öffentlichen US-Rentenfonds, der 306 Milliarden US-Dollar schwere „California State Teachers' Retirement System Fonds“, Abschreibungen in Milliardenhöhe. Nach Angaben von Fondsmanagern war die rasche Straffung der Geldpolitik der US-Federal Reserve einer der Hauptgründe für die Verluste.

Hauptsorge: Büroimmobilien-Kredite

Normalerweise zögern Banken, Verluste bei großen Kreditblöcken zu akzeptieren, solange Kreditnehmer ihre Rückzahlungen pünktlich leisten. Doch einige lassen sich jetzt dazu überreden wegen der Befürchtung, dass die Zahl der Zahlungsausfälle im Gewerbeimmobilien-Sektor stark zunehmen könnte – insbesondere bei Büroimmobilien-Krediten. Die Nachfrage nach diesen Krediten ist rückläufig aufgrund der anhaltenden Beliebtheit der Arbeit im Home-Office, auch nach der Pandemie.

„Die Tatsache, dass Banken Kredite verkaufen wollen, hören wir in vielen Gesprächen – mehr als jemals zuvor in den letzten zehn Jahren“, so Chad Littell, Analyst bei CoStar, US-Forschungsspezialist für den Gewerbeimmobilien-Sektor.

Der Financial Times zufolge bestätigte Charlie Scharf, der Vorstandsvorsitzende von Wells Fargo vor Kurzem gegenüber Analysten und Anlegern: „Wir werden Verluste sehen, keine Frage“. Die Bank hat ausstehende gewerbliche Immobiliendarlehen im Wert von 142 Milliarden US-Dollar.

Betroffene Banken in den USA

HSBC in den USA ist dabei, Hunderte von Millionen US-Dollar an gewerblichen Immobilienkrediten zu verkaufen, vermutlich mit einem Abschlag, während Regionalbank PacWest letzten Monat Baukredite im Wert von 2,6 Milliarden US-Dollar mit Verlust verkauft hat. Andere Banken nehmen Maßnahmen um ähnliche Verkäufe in der Zukunft zu erleichtern, indem sie die Art und Weise ändern wie sie gewerbliche Immobilienschulden verbuchen.

Auch in Europa wird der Immobilienmarkt von mehreren Seiten bedrängt. Immobilienunternehmen haben bereits historische Wertverluste hinnehmen müssen und es drohen weiter Notverkäufe wegen steigenden Kreditkosten. Immobilienpreise sind eingebrochen, die Kreditkosten sind auf den höchsten Stand seit der Finanzkrise gestiegen und die Banken werden vorsichtiger bei der Kreditvergabe.

Immobilienunternehmen haben Anleihen im Wert von etwa 165 Milliarden US-Dollar, die bis 2026 fällig werden. Für einige der Unternehmen besteht derzeit die Gefahr, dass sie auf Ramschstatus herabgestuft werden, was die Kreditaufnahme noch teurer machen würde.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Elektromobilität stärken: Bundesregierung plant Verlängerung der Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge
08.10.2025

Die deutsche Automobilindustrie steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Steigende Anforderungen an Klimaschutz, die Transformation hin zur...

DWN
Politik
Politik Von der Leyen wirft Russland hybriden Krieg gegen EU vor
08.10.2025

Plant Russland einen Angriff auf die EU? Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht schon jetzt Zeichen für einen Krieg – und...

DWN
Politik
Politik Kranken- und Rentenversicherung wird für Gutverdiener teurer
08.10.2025

Erwerbstätige mit höheren Einkommen müssen sich darauf einstellen, im kommenden Jahr mehr für die Renten- und Krankenversicherung zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrieproduktion sinkt erneut deutlich - Einbruch in der Autobranche
08.10.2025

Die deutschen Unternehmen drosseln ihre Produktion stärker als erwartet. Vor allem eine Branche verbucht ein sattes Minus. Hat das...

DWN
Panorama
Panorama Deutschlandticket: Boom vorbei - weniger Fahrgäste im Nahverkehr als vor Corona
08.10.2025

Das Deutschlandticket hat viele in Busse und Bahnen gelockt, doch der Boom ist vorbei. Fahrgastverbände und Verbraucherschützer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Vom Pflichttermin zum Strategiewerkzeug: Jahresgespräche im Wandel
08.10.2025

Was lange als lästige Pflicht galt, entwickelt sich zum strategischen Machtfaktor: Jahresgespräche sollen nicht mehr nur Protokoll...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU kämpft mit Umweltabgaben und Wettbewerbsdruck in der Düngemittelindustrie
08.10.2025

Die europäische Düngemittelindustrie steht unter erheblichem Druck. Hohe Produktionskosten, steigende Emissionsabgaben und der wachsende...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis klettert über 3.450 Euro: Zahl neuer Goldkäufer in Deutschland vervierfacht sich
08.10.2025

Der Goldpreis erreicht ein Rekordhoch nach dem anderen, auch in Euro, trotz ruhiger Märkte. Auch immer mehr Anleger in Deutschland...