Wirtschaft

Europas Gaspreise in einer Woche um 35 Prozent gestiegen

Die Energie-Krise kehrt mit Wucht zurück nach Europa. Die Erdgaspreise sind am Freitag so stark gestiegen wie seit einem Jahr nicht mehr, im Wochenverlauf um 35 Prozent.
Autor
10.06.2023 15:27
Aktualisiert: 10.06.2023 15:27
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Europas Gaspreise in einer Woche um 35 Prozent gestiegen
LNG-Shuttle-Tanker an der Insel Rügen. Die Gaspreise in Europa erleben eine Rallye. (Foto: dpa) Foto: Stefan Sauer

Die Preise für europäische Erdgas-Terminkontrakte verzeichnen einen massiven Anstieg. Der Benchmark-Kontrakt beendete die Woche mit einem Plus von 35 Prozent - so viel wie seit August letzten Jahres nicht mehr, als die Energiekrise in Europa ihren bisherigen Höhepunkt erreichte. Es ist auch der erste wöchentliche Anstieg der Erdgaspreise in Europa seit März. Am Freitag sind die Preise so stark gestiegen wie seit einem Jahr nicht mehr.

Der Benchmark-Kontrakt für europäisches Erdgas TTF scheint bei 23 Euro einen Boden gefunden zu haben, nachdem hohe Lagerbestände und eine schwache industrielle Nachfrage die Preise in den letzten Monaten gedrückt hatten. Doch nun sehen die Händler plötzlich wieder Anzeichen für Versorgungsrisiken, da der globale Wettbewerb um den Brennstoff zunimmt und eine Hitzewelle in Europa den Verbrauch erhöht.

Hohe Volatilität bei den Erdgas-Preisen in Europa

Zum Wochenende notierte der Benchmark-Kontrakt daher nun wieder bei 32 Euro, nachdem er allein am Freitag mehr als 5 Euro beziehungsweise 18,6 Prozent zugelegt hat. Trotz des starken Preisanstiegs der letzten Tage handelt der Benchmark-Kontrakt TTF nun aber lediglich wieder auf dem Niveau von Mitte Mai. Ob 23 Euro tatsächlich der Boden waren, wird sich wohl erst in den kommenden Wochen zeigen.

Mehrere Produktionsausfälle wegen Wartungsarbeiten in Norwegen, dem größten europäischen Erdgasförderer, wurden verlängert, wie Bloomberg berichtet. Außerdem wird befürchtet, dass die starken Zuflüsse von verflüssigtem Erdgas (LNG), die dem Kontinent geholfen haben, sich von der Krise zu erholen, in den kommenden Monaten nach einer Phase rückläufiger Preise zurückgehen könnten.

"Die physischen Bedenken in Bezug auf LNG haben zu einem so starken Preisanstieg geführt, dass viele Händler, die Leerverkäufe auf diesem Markt getätigt haben, plötzlich zu Käufen gezwungen waren", sagt James Waddell, Leiter für europäisches Gas und globales LNG beim Beratungsunternehmen Energy Aspects. "Das hat dem TTF zusätzlichen Auftrieb gegeben."

Europa und Asien liefern sich Preiskampf um LNG

Die Sorge um das schwache Angebot fällt mit den steigenden Temperaturen im Sommer zusammen, die den Kühlbedarf in Europa und Asien erhöhen und den Wettbewerb um Flüssiggas anheizen könnten. Nach Angaben von BloombergNEF sind LNG-Lieferungen aus den USA nach Asien im Juli, August und September derzeit profitabler, als nach Europa.

Die Hitzewelle in Nordostasien in den nächsten Wochen wird auch die Nachfrage nach Kühlung ankurbeln, und es wird mehr Interesse an Ladungen von preissensiblen Käufern in der Region geben, so Waddell. "Außerdem rechnen wir in diesem Sommer mit umfangreichen Wartungsarbeiten an den LNG-Exportanlagen", sagte er.

Indes zeigt die industrielle Nachfrage nach Gas in den größten europäischen Volkswirtschaften keine Anzeichen für eine nennenswerte Erholung, obwohl die Preise gegenüber ihren Höchstständen von 2022 wieder um etwa 90 Prozent gesunken sind. Laut S&P Global Commodity Insights ist die Gasnachfrage in Deutschland, Italien, den Niederlanden, Frankreich, Spanien und Großbritannien im Mai gegenüber dem Vorjahr um fast 10 Prozent gesunken.

Trotz des starken Preisanstiegs um mehr als 18 Prozent vom Freitag erwarten Händler und Analysten, dass die Rezession in Europa wahrscheinlich die industrielle Nachfrage weiter beeinträchtigt. Daher könnte der jüngste Preisanstieg wieder nur von kurzer Dauer sein. Schon von Anfang November bis Mitte Dezember hatte sich die TTF-Benchmark mehr als verfünffacht, bevor sie ihren Rückgang wieder mit schnellen Schritten fortsetzte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Neuer Wehrdienst beschlossen: Bundeskabinett bringt Gesetz auf den Weg – zunächst keine Dienstpflicht
27.08.2025

Die Ministerrunde billigte auf einer Sitzung im Verteidigungsministerium den Rechtsrahmen, der eine Wehrerfassung junger Männer einführt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Rentenkrise: Frühstart-Rente ab 2026 - Kann Kapitalmarkt-Sparen die Lücke füllen?
27.08.2025

Der Bismarck’sche Rentenstaat steht unter Druck: Kanzler Merz will mit Aktiensparen gegensteuern – und stößt auf heftigen Widerstand....

DWN
Politik
Politik Arbeitslosenzahlen höher als erfasst: Wie die Bundesagentur für Arbeit trickst
27.08.2025

Die Bundesagentur für Arbeit führt Buch über die Arbeitslosenzahlen in Deutschland. Doch nicht jeder, der keinen Job hat, wird dort als...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Hohe Erwartungen – hohe Fallhöhe
27.08.2025

Nvidia steht vor einem der wichtigsten Quartalsberichte seiner Geschichte. Anleger erwarten Rekorde – doch im Hintergrund wachsen Zweifel...

DWN
Politik
Politik Zehn Jahre nach „Wir schaffen das“: Geflüchtete fühlen sich immer weniger willkommen
27.08.2025

Zwischen 2015 und 2017 wurde in Deutschland viel über „Willkommenskultur“gesprochen. Das ließ später nach. Auch die Geflüchteten...

DWN
Politik
Politik Söder an Habeck: "Geh mit Gott – Hauptsache, weit weg" - kommt vorher noch ein Untersuchungsausschuss?
27.08.2025

Robert Habeck und Markus Söder werden wohl keine Freunde mehr – auch nicht nach dem Abgang des Grünen-Politikers. CSU-Generalsekretär...

DWN
Finanzen
Finanzen PayPal-Aktie: Sicherheitsproblem beim Zahlungsdienstleister – wie Anleger auf die PayPal-Panne reagieren sollten
27.08.2025

Milliardengelder blockiert, Sicherheitsprobleme und trotzdem Kursgewinne: Bei PayPal überschlagen sich die Ereignisse. Während Händler...

DWN
Immobilien
Immobilien Heizungstausch: Ist es sinnvoll, noch dieses Jahr die Heizung auszutauschen?
27.08.2025

Die hohen Förderungen von bis zu 70 Prozent der Investitionen beim Austausch alter gegen neue Heizungen könnten bald Geschichte sein. Das...