Finanzen

Nutzung des Yuan im Welthandel steigt deutlich an

Der globale Süden trennt sich vom Dollar. Die Nutzung des Yuan im globalen Handel ist innerhalb nur eines Monats um 20 Prozent angestiegen. Dabei sind ganz unterschiedliche Gründe ausschlaggebend.
Autor
25.06.2023 17:45
Aktualisiert: 25.06.2023 17:45
Lesezeit: 5 min
Nutzung des Yuan im Welthandel steigt deutlich an
Xi Jinping, Präsident von China. Im Handel mit dem globalen Süden ersetzt der Yuan zunehmend den Dollar. (Foto: dpa) Foto: Christoph Soeder

Der Anteil des Yuan am weltweiten Zahlungsverkehr ist im Mai gestiegen. Dies spiegelt die fortschreitende Internationalisierung der chinesischen Währung wider, da insbesondere die Schwellenländer nach einer Alternative zum Dollar suchen. Aufgrund der wachsenden wirtschaftlichen Zusammenarbeit vieler Länder im Süden mit China liegt die Nutzung des Yuan auf der Hand.

Nach Angaben von SWIFT stieg der weltweite Anteil des Yuan im Mai auf 2,54 Prozent gegenüber 2,29 Prozent im April. Der Yuan blieb die fünftwichtigste Währung. Medienberichten zufolge war dies der dritthöchste Anteil seit Beginn der Aufzeichnungen im Oktober 2010. Der Wert der Yuan-Zahlungen stieg im Vergleich zum Vormonat um 20,38 Prozent, während die Zahlungen insgesamt um 8,75 Prozent zulegten.

Der steigende Anteil von Yuan-Zahlungen im Außenhandel spiegelt die wachsende Attraktivität der chinesischem Währung im globalen Zahlungsverkehr wider. Seit Anfang dieses Jahres hat die globale Entdollarisierung an Dynamik gewonnen. Die Global Times, das Sprachrohr der Kommunistischen Partei in China, erklärt dies mit "Bedenken im Hinblick auf die Stabilität des US-Dollars und Zweifeln an der Kreditwürdigkeit" der USA.

Am Wochenende erklärte der für Russland zuständige Exekutivdirektor des IWF, Aleksei Mozhin, gegenüber dem russischen Nachrichtenportal Sputnik, dass die USA selbst entscheidend dazu beigetragen haben, dass die Welt nach Alternativen zum Dollar zu suchen begann. Er wies darauf hin, dass in der Welt zunehmend andere nationale Währungen verwendet würden, vor allem der chinesische Yuan.

Der globale Süden trennt sich vom Dollar

Ein besonders deutliches Beispiel für die steigende Nutzung ist Argentinien. Hier ist es so schwierig geworden, an Dollars zu kommen, dass die Unternehmen dazu übergegangen sind, den Yuan zu verwenden, der sonst im internationalen Handel nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Dieser Trend verdeutlicht sowohl die schwierige finanzielle Lage Argentiniens als auch die Ambitionen Chinas im Hinblick auf den Yuan.

Auch das benachbarte Brasilien beabsichtigt, mehr Yuan zu verwenden. Im bilateralen Handel sollen künftig nur noch die eigenen Landeswährungen verwendet werden. Auf den Dollar wollen die beiden Staaten dabei vollständig verzichten. Dies ist jedoch nicht etwa die Reaktion auf eine Notlage, sondern eine politische Entscheidung von Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva.

In Argentinien hingegen ist der Yuan eine schnelle, kurzfristige Lösung, um die Fließbänder in Gang zu halten, da die langfristige Planung durch die steigende Inflation und die wechselhafte Politik in Frage gestellt wird. "Die Zentralbank hat keine Dollars und ist daher auf die Nothilfe angewiesen, die China anbietet", zitiert Bloomberg Marcelo Elizondo, einen Handelsökonomen in Buenos Aires.

China hat Argentinien kürzlich gestattet, mehr als die Hälfte einer 18 Milliarden Dollar schweren Swap-Linie zur Unterstützung des Handels zwischen den beiden Ländern zu nutzen. Die beiden Länder haben seit 2009 ein bilaterales Swap-Abkommen, das als eine Art Versicherungspolice zur Stärkung der Währungsreserven in Liquiditätskrisen gedacht war.

Mehr zum Thema: Swap-Linien: So wird der Yuan zur Reservewährung für Eurasien, Afrika und Südamerika

"Die einzige Option, die Argentinien bleibt, ist der Zugriff auf den Yuan aus der chinesischen Swap-Linie", sagte Maria Castiglioni, Direktorin der Beratungsfirma C&T Asesores in Buenos Aires. Nach Angaben der argentinischen Zollbehörde haben mehr als 500 argentinische Unternehmen beantragt, ihre Importe in Yuan zu bezahlen, darunter Elektronik-, Autoteile- und Textilhersteller sowie Öl- und Bergbauunternehmen.

Nach Angaben der argentinischen Zentralbank haben die Behörden auch Importzahlungen in der chinesischen Währung im Gegenwert von 2,9 Milliarden Dollar genehmigt. In den ersten zehn Tagen des Monats Juni beliefen sich die Yuan-Transaktionen auf dem argentinischen Devisenmarkt auf insgesamt 285 Millionen Dollar, doppelt so viel wie im gesamten Mai.

Auch der Anteil der Yuan-Transaktionen auf dem argentinischen Devisenmarkt erreichte kürzlich einen Tagesrekord von 28 Prozent, verglichen mit lediglich 5 Prozent im Mai, wie aus Daten des Mercado Abierto Electrónico, einer der größten Börsen des Landes, hervorgeht. Dies legt nahe, dass die Nutzung des Yuan im Juni weiter zugenommen hat.

Auch US-Unternehmen verwenden den Yuan

Sogar Whirlpool, der im US-Bundesstaat Michigan ansässige Haushaltsgerätehersteller, erwägt derzeit, einige Importe mit Yuan zu bezahlen, um eine kontinuierliche Versorgung mit wichtigen Elektronikteilen sicherzustellen. Das Unternehmen investierte letztes Jahr 52 Millionen Dollar in seine Fabrik außerhalb von Buenos Aires, in der Waschmaschinen und andere Produkte hergestellt werden.

Juan Carlos Puente, Präsident von Whirlpool Lateinamerika, sagte in einem Interview, dass sein Unternehmen plant, etwa 70 Prozent seiner argentinischen Produktion zu exportieren. "Wir überlegen, wie wir diesen neuen Weg der Geldströme nutzen können, um weiterhin Materialien zu importieren", sagte er und räumte ein, dass ein Währungswechsel "nicht einfach ist".

Wenn Whirlpool den Plan umsetzt, würde es sich in die Reihe argentinischer Unternehmen wie Mirgor und Newsan einreihen, die laut der argentinischen Zollbehörde zwischen Mai und August Importe im Wert von 630 Millionen Dollar mit Yuan bezahlt haben. Weitere Unternehmen wollen den Yuan nutzen, denn die Zentralbank zwingt die Firmen, ihre eigene Dollarfinanzierung im Ausland zu finden, bevor sie monatelang warten, um den lokalen Devisenmarkt anzuzapfen.

Die argentinische Währung hat in den letzten zwölf Monaten die Hälfte ihres Wertes eingebüßt und damit die schlechteste Performance aller Schwellenländer in diesem Zeitraum. Die Dollarreserven der Zentralbank sind auf dem niedrigsten Stand seit 2016, und wenn man die Swap-Linie, das Gold und die multilaterale Finanzierung herausrechnet, liegen die liquiden Barreserven sogar im negativen Bereich.

Als Zeichen für den Druck auf den Peso meldete die Regierung am Mittwoch, dass ihr Handelsdefizit im Mai 1,2 Milliarden US-Dollar erreichte, die größte rote Zahl seit 2018, als eine Währungskrise ausbrach. Die Inflation im Land ist zuletzt auf 114 Prozent angestiegen. Bei den Wahlen in diesem Jahr hat daher die libertäre Partei "La Libertad Avanza" mit ihrem Vorsitzenden Javier Milei gute Chancen, da sie radikale Maßnahmen verspricht.

Mehr zum Thema: Argentinien: Libertärer Präsident könnte Peso durch Dollar ersetzen

China hat den Yuan als Alternative zum Dollar gefördert und weitere Schritte unternommen, um seine Rolle im globalen Finanzsystem zu erweitern, darunter die schrittweise Öffnung der chinesischen Finanzmärkte. Die chinesische Zentralbank hat im Laufe der Jahre mit rund 40 Ländern Währungs-Swap-Linien vereinbart und ihr noch junges, eigenes Netzwerk für grenzüberschreitende Yuan-Zahlungen, das so genannte CIPS, stetig ausgebaut.

Argentiniens Eile, Rechnungen in Yuan zu bezahlen, kommt daher, dass Regierungsbeamte mit dem Internationalen Währungsfonds über mehr Vorauszahlungen aus dem 44 Milliarden Dollar schweren Hilfsprogramm des Landes verhandeln. Argentinien erfüllt keines der wichtigsten IWF-Ziele, nachdem eine Rekorddürre die Getreideexporte im Wert von schätzungsweise 20 Milliarden Dollar vernichtet hat, was die Dollarknappheit noch verschärft.

Nutzung des Yuan spart Kosten

"Das Wachstum des Wertes der Yuan-Zahlungen zeigt, dass andere Länder angesichts der weltweiten wirtschaftlichen und finanziellen Instabilität zunehmend auf andere Währungen für die Handelsabwicklung zurückgreifen", sagte Li Yong, stellvertretender Vorsitzender des Expertenausschusses der China Association of International Trade, am Sonntag gegenüber der Global Times.

China und seine Handelspartner tendieren dazu, die Währungen des jeweils anderen für die Abwicklung des Handels zu verwenden, was eine freiwillige Entscheidung dieser Partner und kein einseitiges Drängen Chinas ist, so Li. Diese Vereinbarung spare nicht nur Abwicklungskosten, sondern sorge auch für stabile Erwartungen in Bezug auf den Währungswert.

Ein weiterer Schritt bei Internationalisierung des Yuan besteht darin, dass der Aktienhandel an der Hongkonger Börse seit dem 19. Juni nicht mehr nur in Hongkong-Dollar, sondern nun auch in Yuan möglich ist. Dem SWIFT-Bericht zufolge ist die Sonderverwaltungsregion Hongkong mit einem Anteil von 73,48 Prozent der größte Markt für Offshore-Yuan-Transaktionen, gefolgt vom Vereinigten Königreich mit 5,17 Prozent und Singapur mit 3,84 Prozent.

Angesichts der relativen Stabilität des Yuan-Wechselkurses und der vielversprechenden Wirtschaftsaussichten Chinas haben sich viele Länder bereit erklärt, den Yuan zu einer ihrer Reservewährungen zu machen, um mögliche Risiken einer zu starken Abhängigkeit von einer Währung zu verringern, so Li. Diese Entwicklung erinnert an die Einführung des Bretton-Woods-Systems im Jahr 1945 und hat massive Folgen auch für Europa.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen der Deutschen auf Rekordhoch – aber die Ungleichheit wächst mit
25.04.2025

Private Haushalte in Deutschland verfügen so viel Geld wie nie zuvor – doch profitieren längst nicht alle gleichermaßen vom...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wirtschaftsmodell zerbricht, Polen rückt vor
25.04.2025

Deutschlands Wirtschaftsmaschinerie galt jahrzehntelang als unaufhaltsam. Doch wie Dr. Krzysztof Mazur im Gespräch mit Polityka...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China im Handelskrieg: Regierung bereitet sich auf das Schlimmste vor
25.04.2025

Chinas Führung bereitet sich inmitten des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA auf mögliche Härtefälle vor. In einer Sitzung des...