Politik

EU registriert die meisten Asylanträge seit der Flüchtlingskrise

Die Zahl der Menschen, die in der EU Asyl beantragen, liegt dieses Jahr auf dem höchsten Stand seit der Flüchtlingskrise. Warum verfehlt die EU ihr erklärtes Ziel?
05.09.2023 17:51
Aktualisiert: 05.09.2023 17:51
Lesezeit: 2 min
EU registriert die meisten Asylanträge seit der Flüchtlingskrise
In Upahl in Mecklenburg-Vorpommern entsteht eine Asylbewerber-Unterkunft. (Foto: dpa) Foto: Jens Büttner

Die Zahl der von der EU erfassten Asylanträge ist auf den höchsten Halbjahresstand seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 gestiegen. Von Januar bis Ende Juni gingen in den EU-Staaten sowie Norwegen und Schweiz rund 519.000 Anträge ein, wie die EU-Asylagentur EUAA am Dienstag im maltesischen Valletta mitteilte. Das ist ein Anstieg von 28 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 und der höchste Wert seit sieben Jahren.

Die Agentur geht davon aus, dass im Gesamtjahr 2023 mehr als eine Million Anträge aus Ländern wie etwa Afghanistan und Syrien verzeichnet werden, wenn es bei dem aktuellen Trend bleibt. Ziel der EU war es eigentlich gewesen, das zu vermeiden. Mit fast einem Drittel (30 Prozent) gingen die meisten Anträge wieder in Deutschland ein, gefolgt von Spanien und Frankreich.

Als ein Grund für die Entwicklungen gilt, dass es den EU-Staaten bis heute nicht gelungen ist, eine umfassende Reform des europäischen Asylsystems zu verabschieden. Zuletzt hatte es im Kreis der Innenminister zwar eine Mehrheit dafür gegeben, die aktuellen Regeln zu verschärfen, um illegale Migration zu begrenzen. Ob das wirklich so kommt, ist allerdings unklar, da sie noch mit dem Europaparlament abgestimmt werden müssen.

Umstritten ist insbesondere, dass Asylanträge von Migranten aus Herkunftsländern mit einer Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent in Zukunft bereits an den EU-Außengrenzen innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden sollen. In dieser Zeit will man die Schutzsuchenden verpflichten, in streng kontrollierten Aufnahmeeinrichtungen zu bleiben. Wer keine Chance auf Asyl hat, soll umgehend zurückgeschickt werden.

Die Verhandlungen gelten als schwierig. Die Bundesregierung befürchtet, dass die Standards für Schutzsuchende zu sehr herabgesetzt werden könnten und setzt sich weiter dafür ein, dass Kinder nicht unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden.

Polen und Ungarn wollen hingegen nicht zur Solidarität mit Ländern wie Italien und Griechenland gezwungen werden, in denen viele Migranten ankommen. Die EU-Pläne sehen vor, dass die Aufnahme von Flüchtlingen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein soll. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssten zum Ausgleich Geld zahlen. Das Thema wird voraussichtlich auch eine große Rolle im Wahlkampf für die Europawahl im kommenden Juni spielen.

Vergangenes Jahr war die Zahl mit 996 000 Anträgen noch knapp unter der Millionenmarke geblieben. 2015 (1,4 Millionen) und 2016 (1,3 Millionen) wurden deutlich mehr registriert. Nicht mit eingerechnet sind die etwa vier Millionen Ukrainer, die infolge des russischen Angriffskriegs mit temporärem Schutz in der EU Zuflucht gesucht haben. (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Industrie im Umbruch: Produktion wächst, Aufträge und Beschäftigung sinken
05.11.2025

Die Industrie in Europa zeigt ein uneinheitliches Bild. Einige Länder steigern ihre Produktion, während andernorts Aufträge und...

DWN
Technologie
Technologie „DeepL Agent“: Start-up DeepL startet autonomen KI-Agenten
05.11.2025

Der Kölner KI-Übersetzungsspezialist DeepL hat bislang selbst großen Tech-Konzernen erfolgreich die Stirn geboten. Nun fordert das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Stellenabbau Mittelstand: Jedes vierte Familienunternehmen baut Jobs ab
05.11.2025

Auch bei den Familienunternehmen in Deutschland sind zunehmend Jobs in Gefahr: 23 Prozent der Unternehmer wollen in diesem Quartal...

DWN
Politik
Politik New York: Demokrat Mamdani wird Bürgermeister - eine Niederlage für US-Präsident Trump
05.11.2025

Die liberale Hochburg New York bekommt einen neuen Bürgermeister: Zohran Mamdani ist 34 Jahre alt, Muslim – und präsentiert sich schon...

DWN
Technologie
Technologie Reduzierung von CO2: Deutsche Bahn setzt erstmals Schienen aus „grünem“ Stahl ein
05.11.2025

Die Deutsche Bahn schließt einen Liefervertrag mit dem saarländischen Hersteller Saarstahl für klimafreundlich produzierte Schienen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hybrides Arbeiten: Freiheit mit Nebenwirkungen? Wie Flexibilität nicht zur Belastung wird
05.11.2025

Homeoffice und Büro im Wechsel galten lange als Zukunftsmodell. Doch die vermeintliche Freiheit zeigt zunehmend Risse – von sinkender...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Black Friday 2025: So tricksen Händler Kunden weltweit aus
05.11.2025

Die Jagd nach Schnäppchen wird zur Täuschung. Immer mehr Händler erhöhen ihre Preise schon Wochen vor dem Black Friday, um sie später...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rennen um autonomes Fahren: VW baut in China eigene KI-Chips
05.11.2025

Sorgen vor ausbleibenden China-Chiplieferungen und Entwicklungsdruck bei autonomem Fahren plagen die Autoindustrie. Warum VW nun einen...