Finanzen

Vizechefin der Deutschen Bundesbank wird oberste EU-Bankenaufseherin

Die neue Chefin der EZB-Bankenaufsicht will die Bankenunion vorantreiben und eng mit dem EU-Parlament zusammenarbeiten. Die Postenbesetzung könnte sich auf das bevorstehende Personalkarussell um EU-Spitzenposten auswirken
03.10.2023 13:15
Aktualisiert: 03.10.2023 13:15
Lesezeit: 2 min
Vizechefin der Deutschen Bundesbank wird oberste EU-Bankenaufseherin
Die Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, Claudia Buch, aufgenommen bei einem Treffen im Kanzleramt. Buch soll zum 1. Januar 2024 oberste Bankenaufseherin der Europäischen Zentralbank (EZB) werden. Das EU-Parlament hat der Personalie jetzt zugestimmt. (Foto: dpa) Foto: Kay Nietfeld

Die Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, Claudia Buch, wird ab Januar 2024 neue Chefin der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB). In einer kritischen Anhörung des Wirtschaftsausschusses hatte sich Buch bereits am 20. September den Fragen der Parlamentarier gestellt, die dem EZB- Rat eine andere Kandidatin vorgeschlagen hatten und von diesem mit der Nominierung Buchs übergangen worden waren. Am Ende wurde die Nominierung Buchs mit 29 zu 23 Stimmen bei zwei Enthaltungen bestätigt. Das Europaparlament stimmte dem Vorschlag am Dienstag Mittag zu. Buch folgt dem Italiener Andrea Enria nach, dessen Mandat zum Jahresende ausläuft. Das Amt ist auf fünf Jahre begrenzt.

Parlamentarier zunächst wenig begeistert

Die 57 Jahre alte Volkswirtin und frühere Wirtschaftsprofessorin hatte sich den Parlamentariern als starke Verfechterin der Bankenunion vorgestellt, deren Vollendung sie anstrebe und dem EU-Parlament für dieses gemeinsame Ziel eine enge Zusammenarbeit in Aussicht gestellt. Sie habe einen reichen Erfahrungsschatz, viel Engagement und Sachverstand und werde sich mit aller Kraft für die Bankenaufsicht und ein stabiles Finanzsystem einsetzen, sagte sie.

Buch ist seit April 23 bereits Mitglied im EZB-Aufsichtsgremium. Angesprochen auf mögliche Interessenkonflikte, erklärte sie im Ausschuss, dass sie dieses Amt aufgeben werde, wenn das Parlament dies wünsche.

Stühlerücken bei EU-Spitzenposten

Der Umstand, dass sich die EZB auf Buch festgelegt hatte, ist Teil eines größeren Stühlerückens in wichtigen EU-Positionen kritisierte MdEP Johan van Overtfeldt (EKR/BE) bei der Anhörung Buchs und wollte wissen, wie sie sich denn damit fühle. Die Parlamentarier hatten sich nicht für sie, sondern einstimmig für ihre Konkurrentin Maria Delgado ausgesprochen, aktuell Vize-Gouverneurin der spanischen Notenbank. Die EZB hatte dieses Votum ignoriert. Buch wollte Verfahrensfragen nicht kommentieren und warb stattdessen mit ihren Stärken.

Tatsächlich steigen mit der EZB-Entscheidung für eine Deutsche die Chancen einer anderen Spanierin auf einen EU-Spitzenposten. Spaniens parteilose Finanzministerin Nadia Calviño will von Januar 2024 an Präsidentin der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Luxemburg werden. Sie gilt nun als aussichtsreichste Kandidatin auf diesen Posten und könnte ihre Mitbewerberin, die dänische EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager, ausstechen. Vestager hat sich wegen ihrer Kandidatur von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unbezahlt beurlauben lassen. Hätte Delgado den EZB-Job bekommen, wäre der Weg für eine weitere Spanierin im Bankensektor versperrt gewesen.

Noch EU-Ratspräsident Charles Michel, der laut „Le Monde“ ebenfalls auf Jobsuche ist und mit dem EIB-Posten liebäugelt, hat gegen die zwei starken Frauen nur Außenseiterchancen. Um seine politischen Ambitionen nach der Europawahl 2024 weiter verfolgen zu können, wird er sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen anderen Spitzenposten bemühen müssen. Im kommenden Jahr werden die Karten für die EU-Spitzenposten neu gemischt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technik streikt: Zählt Ausfallzeit zur Arbeitszeit?
01.07.2025

Wenn im Büro plötzlich die Technik versagt, stellt sich schnell eine Frage: Muss weitergearbeitet werden – oder zählt die Zeit...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...