Immobilien

Deutscher Hotelinvestmentmarkt tritt auf der Stelle

Lesezeit: 3 min
08.11.2023 15:18  Aktualisiert: 08.11.2023 15:18
Marktakteure im Hoteltransaktionsmarkt haben im laufenden Jahr erheblich weniger Investitionen angelegt als in demselben Zeitraum vor einem Jahr. Trotz soliden Fundamentaldaten ist die Tätigkeit gedämpft. Was steckt dahinter und wie sieht es - mehr als drei Jahren nach Corona - momentan im Hotel-Segment aus?
Deutscher Hotelinvestmentmarkt tritt auf der Stelle
Auf dem Hotelinvestmentmarkt herrscht verhaltene Aktivität. (Foto: dpa)
Foto: Schoening

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Der deutsche Hotelinvestmentmarkt kann sich der gedämpften Gesamtsituation auf den übrigen Immobilieninvestmentmärkten nicht entziehen. Nach den ersten drei Quartalen in diesem Jahr verbuchte das Segment Hotel ein Transaktionsergebnis von 541 Millionen Euro, verteilt auf 34 Abschlüsse - eine scharfe unterdurchschnittliche Leistung von 54,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Aktuelle Zahlen der Immobiliengruppe JLL zeigen auch, dass die insgesamt 34 Transaktionsabschlüsse in den ersten neun Monaten des Jahres alle Einzeltransaktionen waren. Laut Heidi Schmidtke, Geschäftsführerin Hotels & Hospitality Group Germany bei JLL, wartet der Markt weiterhin vergeblich auf Portfoliotransaktionen.

In einem JLL-Bericht über den Hotelinvestmentmarkt wies Schmidtke darauf hin, dass der Kontrast noch klarer im Langzeitvergleich ausfällt: Den Fünfjahresschnitt unterschreitet das aktuelle Transaktionsvolumen um 71 Prozent, den Mittelwert der vergangenen Dekade sogar um 75 Prozent. Das letzte Mal, dass ein ähnlich niedriges Volumen registriert wurde, war im Jahr 2011, als der Markt 573 Millionen Euro verbuchte. Die durchschnittliche Transaktionsgröße von 17,4 Millionen Euro vor einem Jahr ist auf 15,9 Millionen Euro gesunken.

Gedämpfte Aktivität aufgrund hoher Zinssätze

Obwohl das Immobilien-Segment Hotel sich grundsätzlich mit soliden Fundamentaldaten wie zurückkehrender Nachfrage und gestiegenen Ratenniveaus positiv von anderen Assetklassen im Immobiliensektor abheben konnte, gab es dennoch weiterhin „ein sehr verhaltenes Geschehen am Hoteltransaktionsmarkt.“ Dies sei hauptsächlich - wie auch in anderen Assetklassen - auf das noch nicht stabilisierte Zinsniveau zurückzuführen.

„So ergeben sich starke Abweichungen in der Erwartungshaltung zwischen Käufer- und Verkäuferseite. Als Resultat zeigt sich insbesondere deutlich weniger Aktivität“, kommentierte Schmidtke. Der Fokus liege derzeit auf strategische Ankäufe, unter anderem auch von Hotelbetreibern oder zur Umnutzung, beispielsweise in Flüchtlingsunterkünfte.

Hotel-Segment Aussichten: Vorsichtig optimistisch

Laut dem Hotelverband Deutschland (IHA) blickt im Vergleich die Hotel-Branche wieder mehr positiv in die Zukunft, obwohl noch nicht alle Herausforderungen aus dem Jahr 2022 bewältigt sind.

Bis zum Jahresende 2022 konnte sich der gesamtdeutsche Beherbergungsmarkt wieder auf rund 91 Prozent der Werte von 2019 herankämpfen, doch mit anziehender Nachfrage wurde auch der in allen Wirtschaftszweigen vorherrschende Mitarbeitermangel immer akuter, so der IHA in einer Publikation „Hotelmarkt Deutschland 2023.“

„Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat zudem vermeintliche Gewissheiten zerstört und neben unsäglichem menschlichem Leid auch eine Energiekrise und damit verbunden einen enormen Inflationsschub ausgelöst,“ sagte IHA-Geschäftsführer und Publikations-Autor Tobias Warnecke. In vielen Hotel-Betrieben hätten die stark gestiegenen Gas- und Stromrechnungen sämtliche Budgets zerstört. Dazu kamen Kostensteigerungen, insbesondere bei Lebensmitteln sowie bei Lohnkosten. Neben den aktuellen gesamtwirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen blieben auch die Mega-Trends Digitalisierung und Nachhaltigkeit prägende Themen der Branche.

Deutscher Reise-Boom nach Corona doch Budgets sind geschrumpft

Laut einer ADAC-Tourismusstudie 2023 reisen die Deutschen wieder gerne. Die Krisen der letzten Jahre haben die Reiselust nicht dauerhaft verändert, doch viele Menschen haben ein geringeres Reisebudget. „Das Reisebedürfnis der Befragten scheint in unsicheren Zeiten krisenfest zu sein. Jedoch, ebenfalls von den aktuellen Krisen getrieben, müssen sich mehr Menschen in ihren Urlaubswünschen durch ein geringeres Reisebudget einschränken“, so der Verkehrsclub. Auch seien nachhaltige Reiseangebote sehr begehrt.

Im August meldete der Reisekonzern TUI eine starke Nachfrage nach Reisen und verzeichnet den ersten Nettogewinn seit der Corona-Krise. „Der Sommer 23 verläuft sehr gut, die Nachfrage nach Urlaubsreisen ist weiter hoch“, erklärte TUI-Chef Sebastian Ebel. Es werde ein gutes Gesamtjahr für TUI mit einem deutlichen Anstieg des operativen Ergebnisses gegenüber dem Vorjahr, als der Reisekonzern gut 400 Millionen Euro erreichte, fügte er hinzu.

Hotelinvestmentmarkt-Prognose: Mehr Aktivität doch keine Trendwende

Mit Blick auf den Hotelinvestmentmarkt erwartet Schmidtke lebhaftes Interesse an der Assetklasse Hotel für die nächsten Monate, wenngleich bis Ende des Jahres 2023 mit keiner Trendwende zu rechnen ist. „Einige Transaktionen sind angestoßen worden, die noch im vierten Quartal abgeschlossen werden könnten. Weiterhin dürften erforderliche Renovierungsprogramme, anstehende Refinanzierungen und erforderliche Portfolioumstrukturierungen die Investmentaktivität ankurbeln“, bemerkte sie.

Die aktivste Käufergruppe bisher in Jahr 2023 waren institutionelle Investoren mit einem Anteil von 41 Prozent (222 Millionen Euro). Auf Platz zwei waren Hotelbetreiber mit 26 Prozent (139 Millionen Euro), gefolgt von Private-Equity-Investoren mit zwölf Prozent (62,5 Millionen Euro).

Marktumfeld: Deutsche Immobilienwirtschaft in Krise

Der Hintergrund zu diesen Aussichten für den Hotelinvestmentmarkt und für das Hotel-Segment ist eine massive Immobilien-Krise in Deutschland: Der deutsche Wohnungsbau steckt in einer schweren Krise, in den meisten Großstädten gibt es nicht genug bezahlbaren Wohnraum nachdem der Mietmarkt und der soziale Wohnungsmarkt in Schieflage geraten sind, die Stornierungswelle im deutschen Wohnungsbau erreichte im Oktober einen neuen Höchststand und in den letzten Wochen haben mehrere Immobilien-Projektentwickler Insolvenz angemeldet.



 

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