Immobilien

Büro-Anbieter WeWork in USA zahlungsunfähig

Als Anbieter von Co-Working-Büroflächen ist WeWork auch in innerstädtischen Lagen deutscher Großstädte wie Berlin und Hamburg stark vertreten. Diese Woche musste das frühere Erfolgs-Start-up in den USA nicht ganz überraschend Insolvenz melden. DWN beleuchtet, warum immer mehr Hauseigentümer künftig das Geschäftsmodell kopieren könnten.
07.11.2023 18:22
Aktualisiert: 07.11.2023 18:22
Lesezeit: 3 min

660 Büro-Standorte in 119 Städten rund um die Welt, die Erfolgsgeschichte von WeWork hat ihren Höhepunkt überschritten. Das „Wall Street Journal“ hatte es bereits in der vergangenen Woche kommen sehen und über Zahlungsprobleme gemutmaßt. Woraufhin zunächst der Börsenkurs des Unternehmens heftig in den Keller rutschte und nun der Insolvenzantrag folgte.

WeWork hat es nicht geschafft, seine Finanzprobleme in den Griff zu bekommen. Die Neustrukturierung des Co-Working-Konzeptes hat nicht genug Cashflow generiert, und die Eigentümer haben nun eingesehen, dass die Insolvenz nach Chapter 11 des amerikanischen Insolvenzrechts die letzte Chance ist die Aktiengesellschaft zu retten. Die Geldgeber stimmten mit 92 Prozent dem vorgelegten Sanierungsplan vor.

Für die Standorte in Deutschland, so hieß es, ändere sich durch die Vorgänge in Nordamerika erst mal nichts. Sie seien „nicht Teil des Verfahrens“. Von Franchisenehmern betriebene Häuser seien auch ausgenommen. Die Vermietung gehe normal weiter, die bestehenden Mieter hätten nichts zu befürchten. Ob diese Hoffnung freilich lange anhält, wird sich zeigen.

Deutschland ist laut WeWork „ein Schlüsselmarkt“. Das Unternehmen ist auch hier rasant gewachsen und dürfte sich langfristig von Häusern trennen müssen und schrumpfen. Am Beispiel Berlin lässt sich die Strategie gut nachvollziehen. An allen Ecken und Enden der Stadt wurden neu gebaute Flächen in Beschlag genommen, so etwa südlich des Alexanderplatzes am Bahnhof Jannowitzbrücke. Im früheren Sony-Center ist an einem WeWork-Standort zum großen Teil die Deutschen Bahn eingemietet, auch in der Shopping-Meile Neue Schönhauser Straße nahe dem Hackeschen Markt bespielt WeWork einen Altbau im Trendquartier von Berlin-Mitte.

Deutschland-Managerin Katharina von Schacky muss sich nun Gedanken machen, wo radikale Schnitte nötig werden. Für eine Stellungnahme zu den Standorten in Deutschland und insbesondere Berlin war sie bis Redaktionsschluss für die DWN nicht zu erreichen.

Der Berliner Immobilien-Scout Rupert Reinhardt findet die WeWork-Idee „war grundsätzlich sehr innovativ“. Er rät Hauseigentümern jedoch, das Geschäft selbst zu organisieren, entweder in dem sie „ihre Mieter zu Sharing-Modellen ermuntern und ihnen baulich durch die Einrichtung von Gescheinschaftsräumen wie Meeting-Points und Konferenzräumen ermöglichen“.

Statt des erhofften Rebounds bei Gewerbe-Immobilien diesen Sommer, schwappt inzwischen immer mehr Konkurrenz für WeWork auf den Markt. Die Idee, Schreibtische aufzustellen, eine Pantry mit Kühlschrank und Mikrowelle auszustatten und vor allem eine schicke italienische Kaffeemaschine anzuschließen, mag in den Anfängen von WeWork noch als revolutionäre Idee am Immobilienmarkt gegolten haben. Inzwischen denken aber auch ganz normale Unternehmen, deren Arbeitnehmer oft nur noch tageweise von zuhause arbeiten, gleichfalls darüber nach. ihre freistehenden Büros und Lofts an Freelancer oder befreundete Partnerfirmen unterzuvermieten. Katharina von Schacky hatte daher schon in vergangenen Monaten beteuert, dass „die Idee des Co-Workings nicht tot“ sei. Sie vermutet, in der Zukunft werden auch kleine und mittlere Firmen „als neue Kunden die Nachfrage nach flexiblen Büros“ antreiben. Dies sei „auch eine Chance für WeWork“ am Markt bestehen zu können. Der Berliner Immobilien-Scout Rupert Reinhardt stimmt im Kern zu und findet „die WeWork-Idee war grundsätzlich innovativ“. Er rät Hauseigentümern jedoch, das Geschäft selbst zu machen, entweder in dem sie „ihre Mieter zu Sharing-Modellen ermuntern und ihnen baulich durch das Angebot von Gemeinschaftsräumen wie Arenen oder Konferenzräumen ermöglichen“.

Laut Reinhardt sei das Thema bei der vergangenen Immobilienmesse Expo-Real in München auch bereits in Experten-Zirkeln Gesprächsthema gewesen. Er erwartet deshalb, „dass Investoren künftig selbst beim Planungsprozess dazu übergehen, ähnliche Verwaltungsdienste zu gründen. um es sogar besser zu machen als WeWork“. Der Berliner Insider sagt, er habe sich in der Vergangenheit „schon mehrfach gefragt, ob so kleine Büro-Arbeitsplätze überhaupt zulässig sind im Rahmen etwa der Arbeitsstätten-Verordnung“. Auch der Zugang zu den Räumlichkeiten sei zu hinterfragen. So mussten sich Besucher meist erst am Empfang mit E-Mail eintragen, um die Büroräume als Business-Class betreten zu können. Das ließe ich besser organisieren und Besucher-freundlicher, findet Reinhardt.

So ist der richtige Flurschaden zunächst einmal nur ein materieller für die Eigentümer und Kreditgeber von WeWork. Insbesondere den Mehrheitseigentümer Masayoshi Son, dessen Softbank in Tokio mit angeblich 80 Prozent Anteilen die Aktienmehrheit beim Büroraum-Vermittler WeWork hält. Er hatte Milliarden in das Immobilien-Startup des israelischen Entrepreneurs Adam Neumann gesteckt, um es 2019 an die New Yorker Börse zu bringen.

Schon dieser Coup war damals krachend gescheitert. Neumann musste als CEO seinen Platz räumen, Milliardär ist er heute aber immer noch. Dass zu Spitzenzeiten mit gut 47 Milliarden Dollar bewertete Unternehmen, benötigte damals weitere Milliarden von Softbank, um Zeit zu gewinnen und den Börsengang 2021 doch noch zu schaffen, angeschlagen allerdings. WeWork konnte erst mittels Fusion seine Anteile am Stock Market platzieren. Mit der Insolvenzankündigung in den USA und Kanada waren die Aktien gestern plötzlich nur noch 44 Millionen Dollar wert. Und die meisten Geldgeber müssen sich die bange Frage stellen, ob es in der Zukunft jemals überhaupt einen Return ihres Investments geben wird - angesichts des wackligen Geschäftsmodells mit Shared offices.

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Peter Schubert

                                                                            ***

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.

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