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China obenauf: Wie Präsident Xi in den USA seine Macht demonstrierte

Lesezeit: 6 min
17.11.2023 16:44  Aktualisiert: 17.11.2023 16:44
Bei seinem Besuch in den USA zeigte sich Chinas Präsident Xi so selbstbewusst wie nie zuvor. Mit massiven geopolitischen Erfolgen im Rücken erklärte er US-Präsident Biden die neuen geopolitischen Realitäten.

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Am Mittwoch traf Chinas Präsident Xi Jinping am Rande des APEC-Gipfels von San Francisco mit US-Präsident Joe Biden zusammen. Xis Besuch in Kalifornien war in vieler Hinsicht eine chinesische Machtdemonstration.

Die chinesische Macht wurde schon im Vorfeld von Xis Besuch deutlich. Die Heere von Obdachlosen in den Straßen von San Francisco wurden für den hohen chinesischen Besuch aus China wegtransportiert. Die üblicherweise mit Fäkalien versehenen Straßen wurden gründlich gereinigt, und als Präsident Xi in seiner Limousine durch San Francisco fuhr, wurde er von zahlreichen Chinesen, die in Kalifornien ansässig sind, mit chinesischen Flaggen und mit Transparenten in chinesischer Sprache begrüßt, die ihn willkommen hießen. US-Flaggen waren hingegen nicht zu sehen. Jedwede Proteste wurden unterbunden.

Das ganze Arrangement des Besuchs entsprach in jeder Hinsicht den chinesischen Wünschen und zeigte der amerikanischen Öffentlichkeit und der Welt insgesamt in aller Deutlichkeit, dass die USA nicht mehr umhinkommen, China als globale Supermacht anzuerkennen und sich gegenüber dem hohen Gast Präsident Xi durchaus ein wenig demütig zu zeigen.

Erklärtes Ziel des Treffens zwischen den Präsidenten Xi und Biden war es, die Beziehungen zwischen China und den USA nach einer schwierigen Phase wieder zu verbessern. Denn zwar hatten sich die beiden Staaten schon unter US-Präsident Donald Trump einen Handelskrieg geliefert. Doch unter Präsident Biden haben sich die Beziehungen zwischen den USA und China noch deutlich verschlechtert. So fügten die USA den Beziehungen zu China erheblichen Schaden zu, als sie im Februar dieses Jahres über dem Atlantik einen chinesischen Ballon abschossen, den sie als „Spionageballon“ bezeichneten, während China erklärte, es habe sich lediglich um einen Ballon zur wissenschaftlichen Forschung gehandelt.

Doch in der Folge bemühte sich die US-Regierung wieder um eine Verbesserung der Beziehungen. Präsident Biden rief zum Auftakt des Treffens mit Präsident Xi am Mittwoch dazu auf, die Beziehungen zwischen den USA und China verantwortungsvoll zu gestalten. Der Wettbewerb dürfe nicht in einen Konflikt ausarten. Tatsächlich könnten die USA derzeit dringend chinesische Hilfe brauchen, etwa bei der Finanzierung ihres massiven Staatsdefizits und bei der Umschuldung seiner auslaufenden Staatsanleihen, die infolge der gestiegenen Zinsen sehr teuer geworden ist. Zuletzt hatte China, der zweitgrößte Gläubiger der USA hinter Japan, seine Bestände an US-Staatsanleihen systematisch und in beträchtlichen Schritten reduziert.

US-Unternehmen wollen gute China-Beziehungen

Doch nicht nur die US-Regierung bemüht sich derzeit um eine Verbesserung der Beziehungen zu China, sondern auch die großen Unternehmen. Dies zeigte sich am Mittwochabend, als Präsident Xi nach seiner Rede vor führenden Vertretern der US-Wirtschaft im Hotel Hyatt Regency in San Francisco mit stehenden Ovationen bedacht wurde. Denn seine Botschaft, dass China eine große Wirtschaft und ein großer Markt ist, kam bei den rund 300 Zuhörern gut an. „China ist bereit, ein Partner und Freund der USA zu sein“, so Xi.

Und die freundlichen Worte des chinesischen Präsidenten beruhten auf Gegenseitigkeit. „Wenn man sich die Liste der 20 größten US-Unternehmen in China ansieht, waren sie alle da“, zitiert die Financial Times einen Tech-Titan aus San Francisco, der an der Veranstaltung teilnahm, aber anonym bleiben wollte. Unter den Anwesenden waren Elon Musk von Tesla, Tim Cook von Apple, Ray Dalio von Bridgewater Associates und Albert Bourla von Pfizer.

Zuletzt hatte eine Reihe von US-Unternehmen aus Angst vor geopolitischen Spannungen China verlassen oder ihre Lieferketten verlagert. Technologiekonzerne wie Airbnb und LinkedIn haben sich aus dem Land zurückgezogen, ebenso wie die Beratungsunternehmen Gallup und Forrester Research. Selbst Apple, das lange Zeit auf die Produktion in China setzte, hat zuletzt Aufträge in Ländern wie Indien und Vietnam vergeben.

Erschwert werden die Wirtschaftsbeziehungen amerikanischer Unternehmen in China auch durch US-Politiker, die das Land äußerst kritisch sehen. So hatte Mike Gallagher, der Vorsitzende des China-Ausschusses im US-Repräsentantenhaus, die Teilnahme von US-Führungskräften an dem Abendessen mit Xi am Dienstag als „unverschämt“ bezeichnet und forderte eine Liste der Teilnehmer. Dabei verwies er auf die angebliche Unterdrückung der muslimischen Uiguren in Chinas nordwestlicher Region Xinjiang durch Peking.

Auch der Umgang der chinesischen Behörden mit ausländischen Unternehmen sorgte zuletzt für Verunsicherung. So wurden Razzien bei der US-Beratungsfirma Bain & Co durchgeführt und fünf lokale Mitarbeiter der Due-Diligence-Gruppe Mintz festgenommen. Zudem hat Peking die Verwendung von Chips des US-Konzerns Micron in kritischer Infrastruktur wegen Cybersicherheitsrisiken verboten. Michael Hart, Präsident der Amerikanischen Handelskammer in China, sagte daher, er hoffe, dass Xis freundliche Rhetorik in der Bürokratie ankommt.

China im Schwung geopolitischer Erfolge

Das offen zur Schau gestellte Entgegenkommen der US-Regierung gegenüber China folgt auf eine Reihe geopolitischer Erfolge der Chinesen und geopolitischer Misserfolge der Amerikaner in diesem Jahr. So wurde Anfang September bekannt, dass im neuen Smartphone von Huawei ein hochmoderner 7-Nanometer-Prozessor eingebaut ist, der in China entwickelt und produziert wurde. China ist es offenbar gelungen, eine eigene Chip-Industrie aufzubauen, die schon in wenigen Jahren mit westlicher Technologie Schritt halten könnte. Die war ein massiver Rückschlag für die Sanktionen, welche die USA verhängt hatten, um den rasanten technologischen Aufstieg der Chinesen aufzuhalten.

Hinzu kommt, dass der Ukraine-Krieg sich im Verlauf dieses Jahres klar zugunsten Russlands entwickelt. Die ukrainische Gegenoffensive konnte die erklärten Ziele nicht erreichen, sondern brachte der Ukraine stattdessen erhebliche Verluste an Soldaten und Ausrüstung. Die vom Westen gelieferte Ausrüstung war nicht genug gegen die starke russische Verteidigung. Derzeit sind die russischen Truppen in der Offensive, und in den USA deutet sich zugleich eine Abkehr von der Unterstützung für die Ukraine an. Bedeutsam ist diese Entwicklung nicht nur, weil die US-Unterstützung für die Ukraine keinen Sieg hervorbringen konnte, sondern auch weil Russland und China sehr freundschaftliche Beziehungen pflegen.

Das aus den geopolitischen Erfolgen dieses Jahres sich ergebende Selbstbewusstsein der Chinesen zeigt sich auch im Auftreten von Präsident Xi. Er machte gegenüber Biden deutlich, dass die Welt sich in einer „Ära globaler Veränderungen“ befindet, wie es sie „seit einem Jahrhundert nicht mehr gegeben hat“ und stellte die USA vor die Wahl, wie aus dem Bericht des chinesischen Außenministeriums hervorgeht: Entweder könne man „Solidarität und Zusammenarbeit verstärken und gemeinsam die globalen Herausforderungen bewältigen und die globale Sicherheit und den Wohlstand fördern“. Oder man könne „an der Nullsummen-Mentalität festhalten, Rivalität und Konfrontation provozieren und die Welt in Aufruhr und Spaltung stürzen“.

Weiter erklärte Xi: „Es ist unrealistisch, dass eine Seite die andere umgestaltet. Und Konflikt und Konfrontation haben für beide Seiten unerträgliche Folgen. Der Wettbewerb zwischen den großen Ländern kann die Probleme Chinas und der Vereinigten Staaten oder der Welt nicht lösen. Die Welt ist groß genug, um beiden Ländern Platz zu bieten, und der Erfolg des einen Landes ist eine Chance für das andere.“

XI: China will die USA „nicht verdrängen“

China wird seinem Präsidenten zufolge „weder den alten Weg der Kolonisierung und Ausplünderung noch den falschen Weg des Strebens nach Hegemonie mit wachsender Stärke einschlagen. Es exportiert seine Ideologie nicht. Es hat nicht die Absicht, die Vereinigten Staaten zu überflügeln oder zu verdrängen“. All diese Ankündigungen von Präsident Xi, was China nicht tut und nicht tun wird, sind offensichtlich auch eine Kritik an den USA, denen China indirekt und auf diplomatische Weise genau diese Dinge vorhält.

Auch in der Taiwan-Frage zeigte sich Präsident Xi selbstbewusster denn je. Er verweist auf Erklärungen der Vereinigten Staaten auf dem Treffen in Bali vor einem Jahr. Die USA sollten „ihre Zusage, die ‚Unabhängigkeit Taiwans‘ nicht zu unterstützen, in die Tat umsetzen, die Aufrüstung Taiwans einstellen und die friedliche Wiedervereinigung Chinas unterstützen. China wird die Wiedervereinigung verwirklichen, und das ist unaufhaltsam“, so Xi.

Mehr zum Thema: Taiwan-Konflikt könnte sich von allein lösen - zugunsten Chinas

Die USA hingegen sehen die Situation in Taiwan ganz anders. Biden betonte einem US-Regierungsvertreter zufolge, wie wichtig Frieden und Stabilität in der Region seien. Der Status Quo müsse beibehalten werden. Mit anderen Worten: Eine Wiedervereinigung mit China muss unterbleiben. Erst im August hatte die US-Regierung einen US-Militärtransfer an Taiwan genehmigt. Zwar hatte dieses erste Paket einen Umfang von lediglich 80 Millionen Dollar. Doch weitere deutlich größere Pakete sollen folgen. Bedeutsam war zudem, dass die Finanzmittel aus dem so genannten Foreign Military Financing Program kamen, also aus einem Top, der nur zur militärischen Unterstützung souveräner Staaten vorgesehen ist.

Präsident Xi wies gegenüber Biden auch darauf hin, „dass die Maßnahmen der USA gegen China in den Bereichen Exportkontrollen, Investitionskontrollen und einseitigen Sanktionen die legitimen Interessen Chinas ernsthaft verletzen“. Doch Chinas Entwicklung und Wachstum ließen sich nicht durch externe Kräfte aufhalten. „Es ist wichtig, dass die USA die Bedenken Chinas ernst nehmen und konkrete Schritte zur Aufhebung ihrer einseitigen Sanktionen unternehmen, um ein gleichberechtigtes, faires und nicht diskriminierendes Umfeld für chinesische Unternehmen zu schaffen.“

Biden nennt Xi einen „Diktator“

Nach dem Treffen wurde Biden bei einer Pressekonferenz gefragt, ob er seine Ansicht über Xi nach den Gesprächen geändert habe, nachdem er den chinesischen Präsidenten im Juni als „Diktator“ bezeichnet hatte. Doch Biden bekräftigte sein Urteil, dass Xi ein „Diktator“ sei. „Nun, das ist er“, sagte Biden und schockte damit offenbar seinen Außenminister Anthony Blinken, der angewidert wegblickte, während Biden erklärte: „Ich meine, er ist ein Diktator in dem Sinne, dass er ein kommunistisches Land regiert, das auf einer Regierungsform fußt, die zur unseren komplett verschieden ist.“ Das chinesische Außenministerium nannte Bidens Äußerungen extrem falsch und eine unverantwortliche politische Manipulation, zumal diese Äußerung für alle überraschend fiel und gegen sämtliche getroffenen Übereinkommen.

Laut US-Präsidialamt sprach Biden auch Dinge an, die die USA beunruhigen, darunter inhaftierte US-Bürger, die Menschenrechte in der Provinz Xinjiang, Tibet und Hongkong und das Vorgehen Chinas im Südchinesischen Meer.

Eine Einigung gab es zur Wiederaufnahme des Austausches auf militärischer Ebene. Biden und Xi vereinbarten, militärische Kontakte wieder einzurichten. China hatte diese nach einem Besuch der damaligen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan im August 2022 abgebrochen. Biden sprach sich dafür aus, den Dialog zwischen den Streitkräften beider Länder zu institutionalisieren. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin werde seinen chinesischen Amtskollegen treffen, sobald dieser ernannt sei, sagte ein Regierungsvertreter.

Biden und Xi kamen auch überein, im Kampf gegen das Opiat Fentanyl zusammenzuarbeiten, das in den USA für viele Drogentote verantwortlich ist. Im Rahmen der Vereinbarung werde China direkt gegen bestimmte Chemieexporteure vorgehen, die Vorprodukte für Fentanyl herstellen, sagte ein US-Regierungsvertreter.


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