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Staaten wollen bis 2050 „Netto-Nullverbrauch“ bei fossiler Energie erreichen

Lesezeit: 2 min
13.12.2023 10:39  Aktualisiert: 13.12.2023 10:39
Auf der Weltklimakonferenz von Dubai haben sich knapp 200 Staaten große Ziele vorgenommen. Deren Realisierung ist fraglich.
Staaten wollen bis 2050 „Netto-Nullverbrauch“ bei fossiler Energie erreichen
Sultan al-Dschaber, Präsident der COP28, (M) und weitere Teilnehmer auf der Konferenz applaudieren. Am Mittwochmorgen legte die COP-Präsidentschaft einen überarbeiteten Entwurf für den Abschlusstext vor. Dieser wurde zwar nachgeschärft aber enthält kein klares Aus für fossile Brennstoffe. (Foto: dpa)
Foto: Hannes P Albert

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Die Weltklimakonferenz in Dubai hat erstmals eine Abkehr von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas festgeschrieben, um die Erderwärmung zu begrenzen. Das geht aus dem Abschlussdokument hervor, auf das sich fast 200 Staaten bei der COP28 in Dubai nach zweiwöchigen Verhandlungen am Mittwoch verständigten.

Der Präsident der Konferenz, Sultan al-Dschaber von den Vereinigten Arabischen Emiraten, nannte die Einigung "historisch". Die COP28 habe die Welt in die richtige Richtung gebracht. Das Pariser Klimaziel, die Erderwärmung bis 2050 auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei damit weiterhin in Reichweite. Jetzt komme es darauf an, die Vereinbarungen auch umzusetzen.

Viele Ziele...

Der Text, den die Präsidentschaft in der Nacht zum Mittwoch vorlegte, sieht einen "gerechten, geordneten und ausgewogenen Übergang weg von fossilen Brennstoffen in den Energiesystemen vor, um bis 2050 einen Netto-Nullverbrauch im Einklang mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu erreichen".

Das Abkommen sieht außerdem eine Verdreifachung der weltweiten Kapazitäten für erneuerbare Energien bis 2030 vor, wie dies auch die Bundesregierung gefordert hat. Zudem angestrebt werden verstärkte Anstrengungen zur Reduzierung des Kohleverbrauchs und die beschleunigte Entwicklung von Technologien wie der Kohlenstoffabscheidung und -speicherung, die eine Umstellung schwer zu dekarbonisierender Industrien ermöglichen soll.

Die mit Abstand weltweit größten Emittenten von Treibhausgasen sind die USA und China. Der US-Sonderbeauftragte für den Klimaschutz, John Kerry, begrüßte die Einigung. Die COP28 "sendet eine sehr starke Botschaft an die Welt", sagte Kerry in Dubai. Zugleich kündigte er an, die USA würden zusammen mit China ihre längerfristige Strategien zum Klimaschutz anpassen. Andere Staaten seien eingeladen, sich dem anzuschließen.

...deren Umsetzung fraglich bleibt

Die ehrgeizigen Ziele bis zum Jahr 2050 zu realisieren wird allerdings schwierig. Fossile Brennstoffe machen derzeit rund 80 Prozent der weltweiten Energieversorgung aus - und das bei einer weiter wachsenden Weltbevölkerung.

Der Aufbau alternativer Energiestrukturen zur Versorgung der Weltbevölkerung erfordert nicht nur dutzende Billionen Euro, sondern darüber hinaus müssen zahlreiche kritische Rohstoffe wie Lithium, Kobalt, Kupfer und allerlei seltene Erden gefördert, verarbeitet und verbaut werden.

Da eine großtechnische Speicherung der durch Windräder oder Solaranlagen gewonnenen Elektrizität derzeit nicht vorhanden ist, müssen überdies fossile oder atomare Backup-Kraftwerke vorgehalten werden, welche einspringen, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind nicht weht.

"Klimakonferenz war reines Greenwashing"

Die Ergebnisse der Weltklimakonferenz stoßen bei Experten und Umweltverbänden auf ein geteiltes Echo. "Die COP28-Klimakonferenz war reines Greenwashing", sagte die regierungsnahe Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch. "Es ist kein 'historisches Paket', wie der Konferenzpräsident behauptet – weder im positiven noch im negativen Sinne."

Eine Abkehr statt ein Ausstieg aus fossilen Energien sei offenbar der maximal zu erreichende Minimalkonsens der Weltstaatengemeinschaft. Es würden zu viele Schlupflöcher und Hintertüren offengelassen, damit weiterhin fossile Energien genutzt werden könnten. Nur eine Verpflichtung zum sofortigen Ausstieg aus fossilen Energien hätte dazu führen können, dass die Klimaziele erreicht werden. "Mit dieser Einigung wird das 1,5-Grad-Ziel kaum mehr erreichbar sein", sagte Kemfert.

Positiver äußert sich der World Wide Fund For Nature (WWF). "Die Zeit, unbegrenzt Öl ins Feuer zu gießen, ist vorbei", sagte die Klimachefin beim WWF Deutschland, Viviane Raddatz. Auf der Klimakonferenz sei es gelungen, auch die Öl- und Gasstaaten zu einer Zusage zur Abkehr von den fossilen Energien zu bewegen. "Damit wurde erstmals das Kernproblem der Klimakrise benannt, nachdem Jahrzehnte lang auf dem internationalen Parkett darum herumgetänzelt wurde", sagte Raddatz. "Das ist ein immens wichtiges Signal – auch gegen die Erschließung neuer Öl- und Gasquellen."

Die Hilfsorganisation Care sieht Licht und Schatten. Die Abschlusserklärung lasse hoffen, dass die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden könne. Sie zeige aber zu wenig konkrete Maßnahmen auf, wie dies erreicht werden soll.


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