Politik

Gasnetz-Rückbau: Stadtwerke fordern finanzielle Hilfe von Habeck

Angesichts der umstrittenen Pläne von Wirtschaftsminister Habeck, das deutsche Gasnetze bis 2045 stillzulegen, fordert der Stadtwerke-Verband staatliche Hilfen, um untragbare Kosten für Verbraucher zu vermeiden. Doch welche Lösungen sind angesichts des extrem teuren Rückbaus möglich?
29.04.2024 16:05
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der Stadtwerke-Verband VKU hat sich für staatliche Hilfen beim Rückbau der Gasnetze ausgesprochen. Die umstrittenen Pläne von Wirtschaftsminister Habeck, das deutsche Gasnetz bis 2045 in weiten Teilen abreissen zu lassen, würde immense Kosten verursachen.

VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing sagte der Deutschen Presse-Agentur, bisher werde eine Stilllegung von den Netzbetreibern finanziert, die dies dann über Netzentgelte an die Gaskunden weitergeben müssten. „Wenn es aber absehbar wird, dass die Gaspreise wegen weniger Kunden und gestiegener Gasnetzkosten ins Unermessliche steigen, dann werden wir auch darüber sprechen müssen, ob wir als Absicherung ein staatliches Kompensationskonto brauchen. Der Staat finanziert aus Steuermitteln den Hochlauf der neuen Welt, aber die Stilllegung der alten Welt kostet auch etwas.“

Stadtwerke-Verband warnt vor höheren Netzentgelten

Der Staat könnte den Netzbetreibern einen Teil der Kosten, die der Rückbau des Erdgas-Verteilernetzes und verkürzte Abschreibungszeiträume verursachen und über die Netzentgelte auf die Kunden umgelegt werden müssten, via Kompensationskonto ausgleichen, so Liebing vom Verband kommunaler Unternehmen. „Gaskundinnen und Gaskunden würden damit von den Kosten der Stilllegung verschont. Im Ergebnis geht es darum, unverträgliche Kostensteigerungen für die Kunden zu vermeiden.“

Viele Kommunen arbeiten derzeit an einer kommunalen Wärmeplanung. Für die Gasnetze in den Städten und Gemeinden bestünden im Grunde zwei Optionen, so der VKU: auf „grüne Gase“ umrüsten oder stilllegen.

Für die Fälle, in denen Gasnetze nicht auf „grüne Gase“ umgerüstet werden könnten, sondern stillgelegt werden, gebe es Regulierungsbedarf, sagte der VKU-Hauptgeschäftsführer. „Wenn sich immer mehr Menschen für Fernwärme oder Wärmepumpen entscheiden und immer weniger Kunden am Gasnetz hängen, werden diese Infrastruktur-Kosten auf immer weniger Schultern umgelegt.“ Die Netzentgelte würden dann drastisch steigen.

„Deswegen macht es Sinn, diesen Übergang rechtzeitig zu steuern und zu finanzieren. Denn die Gasnetzbetreiber werden einen hohen Abschreibungsbedarf haben, wenn Gasnetze früher als bislang regulatorisch vorgegeben stillgelegt werden müssen.“ Bei einem Kompensationskonto könnten Stadtwerke ihre finanziellen Kräfte auf den Umstieg auf Alternativen wie Fernwärme und Wärmepumpen konzentrieren.

Ideenpapier des Wirtschaftsministeriums zur Zukunft des Gasnetzes

Das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium hatte Mitte März ein Ideenpapier zur Zukunft der Gasverteilernetze vorgelegt, dem nun eine öffentliche Konsultation folgt. Mit Blick auf das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2045 heißt es im Papier, bis dahin müsse der Ausstieg aus fossilem Erdgas vollzogen worden sein. Gasverteilernetze dienten vorrangig der Versorgung mit Erdgas zur Wärmeerzeugung in Haushalten, von Industrieunternehmen und anderen Unternehmen sowie lokalen Kraftwerken. Es sei davon auszugehen, dass die Länge dieser Netze von derzeit über 500 000 km stark zurückgehen werde. In welchem Umfang die Gasverteilernetze nach 2045 noch benötigt werden, werde unter anderem davon abhängen, inwieweit sie zur Verteilung von Wasserstoff verwendet werden könnten und sollen.

Liebing sagte, das Papier des Wirtschaftsministeriums lege den Fokus zu sehr auf einen Rückbau der Gasnetze und zu wenig auf deren Umstellung hin zu Wasserstoffnetzen. „Es ist unrealistisch, alles einfach nur abzuschreiben und stillzulegen und zu glauben, alles wird jetzt von Zauberhand elektrisch gemacht und die Stromnetze kommen von alleine. Wir müssen massiv in die Stromnetze investieren, sonst bleibt der Hochlauf der Wärmepumpen stecken, bevor er richtig gestartet ist.“

Und es gebe derzeit 1,8 Millionen gewerbliche und industrielle Mittelständler im Gasnetz. In Befragungen von Gasnetzbetreibern sagten etwa 75 Prozent der gewerblichen und industriellen Kunden, dass sie auch künftig Gase bräuchten, weil sie Prozesse nicht alleine elektrisch hinbekommen könnten. „Sie werden folglich auf Wasserstoff angewiesen sein.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen US-Investoren strömen zu EARN Mining Cloud Mining und erzielen über 1.000 XRP pro Tag

Onchain-Daten zeigen, dass große Investoren bei einem XRP-Anstieg auf 3,10 US-Dollar Gewinne mitgenommen haben. Adressen mit Beständen...

DWN
Politik
Politik Finanzloch im Verkehrsetat: Länder warnen vor Baustopp
18.09.2025

Milliarden für Straßen und Schienen sind zwar eingeplant, doch sie reichen nicht aus. Länder und Bauindustrie schlagen Alarm, weil...

DWN
Politik
Politik Suwalki-Korridor: Europas Achillesferse zwischen NATO und Russland
18.09.2025

Der Suwalki-Korridor gilt als Achillesferse der NATO. Moskau und Minsk üben die Einnahme des Gebiets – Polen warnt, Deutschland blickt...

DWN
Finanzen
Finanzen SAP-Aktie: Milliarden gegen US-Dominanz
18.09.2025

SAP-Vorstand Thomas Saueressig gibt den Ton an: Mit einer Milliardenoffensive will er Europas digitale Selbstständigkeit sichern – von...

DWN
Politik
Politik Frankreich-Proteste: Hunderttausende gegen Sparpläne und Regierung
18.09.2025

Hunderttausende Menschen ziehen durch Frankreichs Straßen, Schulen und Bahnen stehen still. Die Wut über Macrons Personalentscheidungen...

DWN
Politik
Politik Draghi warnt: EU verliert geopolitische Bedeutung – welcher Reformplan für Europa dringend nötig ist
18.09.2025

Mario Draghi rechnet ab: Die EU habe ihre geopolitische Bedeutung überschätzt und sei heute schlecht gerüstet für die globalen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Amazon fährt Investitionen in Deutschland hoch
18.09.2025

Amazon baut seine Dominanz in Deutschland massiv aus. Milliarden fließen in neue Standorte, Cloud-Infrastruktur und Künstliche...

DWN
Politik
Politik USA liefern wieder Waffen mit europäischem Geld
18.09.2025

Die USA nehmen Waffenlieferungen an die Ukraine wieder auf – doch diesmal zahlt Europa. Für Deutschland könnte das teuer und politisch...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt Deutschland: Käufer kehren zurück, Zinsen steigen
18.09.2025

Der deutsche Immobilienmarkt lebt wieder auf. Mehr Käufer greifen zu, doch steigende Bauzinsen bremsen die Euphorie. Während die...