Immobilien

Streik am Bau - mitten in der Baukrise stehen Baustellen und Betriebe still

Seit Anfang der Woche wird zum ersten Mal seit 17 Jahren in der Baubranche wieder gestreikt. Los ging es in Niedersachsen, weitere Bundesländer folgen. Nach langwierigen und zähen Tarifrunden, in denen die Arbeitgeberverbände einen Schlichterspruch abgelehnt haben, geht die IG BAU nun in den Ausstand.
15.05.2024 06:30
Lesezeit: 2 min
Streik am Bau - mitten in der Baukrise stehen Baustellen und Betriebe still
Bundesweiter Baustreik: Weitere Probleme für die angeschlagene Wohnungsbaubranche. (Foto: dpa) Foto: Daniel Kubirski

Mit dem Beginn des Streiks in der Baubranche Anfang der Woche in Niedersachsen will die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) einen bundesweiten Baustreik einleiten, der jedoch nicht flächendeckend, sondern nur punktuell durchgeführt werden soll. Wann und wo die einzelnen Streikmaßnahmen stattfinden werden, ließ IG-BAU-Chef Robert Feiger offen. Betroffen sein könnten neben Großbaustellen und dem Straßenbau aber auch Einfamilienhäuser und private Bauherren sein. Da die Arbeitgeberverbände nun den Schlichterspruch abgelehnt haben, trügen sie nun auch die Verantwortung für die fristgerechte Fertigstellung der Bauprojekte und für weitere Stauprobleme auf den Autobahnen.

Baustreik mitten in der Wohnungsbaukrise

Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber beim Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB), Uwe Nostitz, warnt vor dem wirtschaftlichen Schaden, den die Baustreiks gerade jetzt in der eh schon angespannten Lage am Bau anrichten werden. Nostitz unterstreicht, dass eine schnelle Lösung unabdingbar ist, insbesondere da die schwierige und konjunkturell angeschlagene Wohnungsbaubranche keine weiteren Probleme gebrauchen kann.

Laut der Gewerkschaft IG BAU habe man Niedersachsen als Startpunkt des Streiks ausgewählt, da hier die Arbeitgebervertreter zusammen mit Vertretern aus einigen anderen Regionen sich gegen die Umsetzung des Schlichterspruchs gestemmt hätten.

Schlichtungsvorschlag von IG Bau akzeptiert – Arbeitgeber lehnten ab

Nachdem die Tarifverhandlungen im Baugewerbe nach der dritten Runde gescheitert waren, wurde am 19. April ein Schlichtungsvorschlag für zweistufige Lohnerhöhungen vorgelegt. Dieser sah vor, dass an Mai die Löhne um 250 Euro steigen sollten und eine weitere Lohnsteigerung dann in weiteren elf Monaten die Löhne nochmals um 4,15 Prozent in Westdeutschland und um 4,95 Prozent in Ostdeutschland erhöhen sollte. Nach Ablehnung der Arbeitgebervertreter sieht sich jetzt auch die IG BAU nicht mehr an diese Lösung gebunden und fordert nun wieder die ursprüngliche Lohnerhöhung von 500 Euro.

Problematische Mehrheitsregelungen auf Arbeitgeberseite

Obwohl auch eine Mehrheit auf Arbeitgeberseite dem Schlichtungsspruch zugestimmt hatte, führte dies letztendlich doch zu einer Ablehnung. Problematisch sei hier die 85-Prozent-Regelung für eine Zustimmung, die sich die Arbeitgeberseite selbst auferlegt hatte, so IG-Bau-Chef Robert Feiger. Dies habe einen vernünftigen Kompromiss verhindert. In der Tarifgemeinschaft Bauindustrie und Baugewerbe hatte die Industrie einstimmig für den Schlichtungsvorschlag gestimmt, das Handwerk jedoch den Vorschlag knapp mit 82 Prozent Zustimmung abgelehnt. Das reichte in Summe für eine gesamte Zustimmung nicht aus.

Bauhauptgewerbe als tragende Säule der deutschen Wirtschaft

Die Bauwirtschaft boomte lange in Deutschland und gehört zu den tragenden Säulen der gesamten deutschen Wirtschaft. Mit einem Umsatz von 162 Mrd. Euro im Jahr 2023 und insgesamt 930.000 Beschäftigten ist das Bauhauptgewerbe auch einer der größten deutschen Arbeitgeber. Die Krise im Baugewerbe trägt auch maßgeblich zur gesamten Wirtschaftskrise in Deutschland bei.

Begrenzte Streikmaßnahmen im Baugewerbe gab es zuletzt 2007 in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Der letzte bundesweite Streik in der Branche ist hingegen schon 22 Jahre her. Laut IG-Bau-Chef Feiger gibt es in der Baubranche einen dringenden Nachholbedarf bei der Lohnanpassung. Der letzte Tarifabschluss aus dem Jahr 2021 konnte die dann folgende Inflation, die Energiekrise und die Folgen des Ukraine-Kriegs noch nicht berücksichtigen. Von den insgesamt über 900.000 Beschäftigten in der Baubranche sind über 200.000 als Mitglied in der IG BAU organisiert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt H&K-Aktie: Rüstungsboom lässt Aufträge bei Heckler & Koch explodieren
04.07.2025

Heckler & Koch blickt auf eine Vergangenheit voller Skandale – und auf eine glänzende Gegenwart und Zukunft. Der Traditionshersteller...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Aufwertung: Sind jetzt Firmengewinne in Gefahr?
04.07.2025

Der starke Euro wird für Europas Konzerne zur Falle: Umsätze schrumpfen, Margen brechen ein – besonders für Firmen mit US-Geschäft...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Facebook greift auf Ihre Fotos zu – viele merken es nicht
04.07.2025

Eine neue Funktion erlaubt Facebook, alle Fotos vom Handy hochzuladen. Die meisten Nutzer merken nicht, was sie wirklich akzeptieren. Wie...

DWN
Finanzen
Finanzen Flat Capital-Aktie: Trotz Beteiligungen an OpenAI und SpaceX überbewertet?
04.07.2025

Flat Capital lockt mit Beteiligungen an OpenAI, SpaceX und Co. Doch die Risiken steigen, Insider warnen. Ist die Flat Capital-Aktie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stromsteuersenkung: Wirtschaftsverbände kritisieren Merz für gebrochene Zusage
04.07.2025

Die Entscheidung der Bundesregierung zur Stromsteuersenkung sorgt für Aufruhr. Wirtschaftsverbände fühlen sich übergangen und werfen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China-Zölle auf EU-Weinbrand kommen nun doch – das sind die Folgen
04.07.2025

China erhebt neue Zölle auf EU-Weinbrand – und das mitten im Handelsstreit mit Brüssel. Betroffen sind vor allem französische...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gaspreise steigen wieder: Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet
04.07.2025

Nach einem deutlichen Preisrückgang ziehen die europäischen Gaspreise wieder an. Was das für Verbraucher und Unternehmen bedeutet –...

DWN
Panorama
Panorama Schwerer Flixbus-Unfall auf der A19 bei Röbel: Was wir wissen und was nicht
04.07.2025

Ein Flixbus kippt mitten in der Nacht auf der A19 bei Röbel um. Dutzende Menschen sind betroffen, ein Mann kämpft ums Überleben. Noch...