Politik

Ukraine fordert den Einsatz weitreichender Waffen

Angesichts der anhaltenden russischen Raketen- und Luftangriffe drängt die Ukraine darauf, die militärischen Quellen dieser Angriffe auf russischem Staatsgebiet auszuschalten. Dies umfasst insbesondere Militärflugplätze und Raketenabschussrampen tief im Inneren Russlands.
15.07.2024 10:36
Lesezeit: 3 min

Die Liste möglicher Ziele ist lang, und der Wunsch nach Vergeltung ist groß. Allerdings fehlt bisher die Erlaubnis der USA, die vom Westen gelieferten weitreichenden Waffensysteme einzusetzen. Währenddessen meldet die Ukraine Explosionen in Odessa, und Russland berichtet von weiteren ukrainischen Drohnenangriffen.

USA verweigern bisher Erlaubnis für weitreichende Waffen

Washington bleibt hartnäckig bei seiner Haltung, der Ukraine keine Erlaubnis für Angriffe mit weitreichenden Waffen auf russischem Staatsgebiet zu erteilen. Dies bestätigte Ihor Schowka, der stellvertretende Leiter der Präsidialkanzlei von Wolodymyr Selenskyj, in einem Interview mit "Voice of America". Dennoch hofft die Ukraine auf eine baldige Änderung dieser Haltung und arbeitet weiterhin eng mit den USA zusammen.

"Alle wissen, wo die Gefahr liegt, wo die Raketen gegen die Ukraine gestartet werden," sagte Schowka optimistisch. "Alle wichtigen Entscheidungen, die die USA früher getroffen haben, erfolgten äußerst leise - und das wird auch dieses Mal so sein."

Die Ukraine fordert schon seit einiger Zeit die Erlaubnis, die von den USA und anderen westlichen Partnern gelieferten weitreichenden Waffen gegen Ziele auf russischem Staatsgebiet einsetzen zu dürfen. Bisher konnten die ukrainischen Militärs lediglich Drohnen mit deutlich geringerer Sprengkraft einsetzen. Diese erzielten bei Treibstofflagern oder Raffinerien mehrfach Erfolge, zeigten jedoch gegen Flugplätze oder Raketenabschussbasen wenig Wirkung.

Der Einsatz westlicher Waffen ist bisher nur gegen Ziele in den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine, einschließlich der Krim, sowie im Osten des Landes im unmittelbaren Grenzgebiet erlaubt.

Explosionen in Odessa - Russland meldet Drohnenangriffe

In der Nacht kam es nahe der ukrainischen Hafenstadt Odessa zu heftigen Explosionen. Oleh Kiper, der Gouverneur der Militärverwaltung des Gebiets, rief die Bewohner über Telegram auf, in Schutzräumen zu bleiben, bis das Feuer gelöscht sei. Zuvor hatte die ukrainische Luftwaffe eine Bedrohung durch ballistische Raketenangriffe aus dem Süden gemeldet. Über mögliche Schäden oder Opfer gab es zunächst keine Informationen.

Russische Quellen meldeten, dass die Luftabwehr sechs Drohnen über der Region Brjansk abgefangen und zerstört habe. Diese Region grenzt an die Ukraine. Auch im russischen Gebiet Lipezk südlich von Moskau wurde ein Drohnenangriff gemeldet. Eine Drohne sei auf dem Gelände eines elektrischen Umspannwerks abgestürzt, wobei es keine Verletzten gab und die Arbeit des Umspannwerks nicht gestört wurde. Diese Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig prüfen.

Neue Gleitbomben gegen Ziele in der Ukraine

Die russischen Luftstreitkräfte setzen nach Angaben aus ukrainischen Militärkreisen neuerdings Gleitbomben gegen Ziele in der Ukraine ein. Diese Bomben mit einem Gewicht von drei Tonnen sind mit kleinen Tragflächen und entsprechender Elektronik ausgestattet, um sie aus großer Entfernung abzusetzen und ins Ziel zu lenken.

"Dazu nutzen sie Kampfflugzeuge vom Typ Suchoi Su-34, die von Flugplätzen starten, die wir zerstören müssten, um unsere Menschen zu schützen," sagte Andrij Jermak, Leiter des Präsidialbüros in Kiew, laut der Agentur Unian. Doch dafür fehle die Erlaubnis, westliche Waffen einzusetzen. "Nur eine solche Erlaubnis kann viele Menschenleben schützen."

Ein russischer Kampfpilot betonte gegenüber der Staatsagentur Tass die Zielgenauigkeit dieser aufgerüsteten Bomben. Die maximale Abweichung betrage zehn Meter. Zudem könnten die Bomben von keiner Flugabwehr gestoppt werden, "weder mit Patriots noch mit Geparden".

Merz: Ukraine auch mit Kampfjets unterstützen

CDU-Chef Friedrich Merz sprach sich für eine stärkere Unterstützung der Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffskriegs aus, einschließlich der Lieferung von Kampfflugzeugen.

Im ARD-Format "Frag selbst" sagte Merz: "Mir erscheint es plausibel, der Ukraine jetzt zu helfen, wenigstens die Hoheit über den eigenen Luftraum zurückzugewinnen. Diese Raketenangriffe gegen Infrastruktur, Strom- und Wasserversorgung sowie Krankenhäuser und Altenheime wird man vom Boden aus allein nicht unter Kontrolle bekommen können. Deswegen ist auch die Lieferung von Kampfflugzeugen an die Ukraine in vielen Ländern der Welt schon beschlossene Sache. Wir sollten da als Deutsche nicht zurückstehen."

Mehrere NATO-Staaten drängen auf eine schnellere Ausrüstung der Ukraine mit westlichen Kampfflugzeugen. Der Transfer von F-16-Jets sei bereits im Gange, erklärten die USA, die Niederlande und Dänemark am Rande des NATO-Gipfels in Washington. Diese Maschinen könnten noch in diesem Sommer zur Abwehr des russischen Angriffskriegs eingesetzt werden. Bei der Lieferung handelt es sich um F-16-Jets aus amerikanischer Produktion, die von Dänemark und den Niederlanden bereitgestellt werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pandora und Amazon decken globales Fälschernetzwerk auf
29.06.2025

Pandora und Amazon decken ein globales Netzwerk von Produktpiraten auf. Die Drahtzieher in China sitzen nun im Gefängnis – doch die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verteidigungsbranche boomt: Diese fünf Aktien setzen Analysten jetzt auf die Watchlist
29.06.2025

Der globale Rüstungsboom bietet Anlegern neue Chancen. Fünf Aktien stehen bei Analysten hoch im Kurs – von Hightech-Zulieferern bis zu...

DWN
Panorama
Panorama Unwetterwarnungen: Was sie können und was nicht
29.06.2025

Unwetterwarnungen sollen Leben retten – und das möglichst rechtzeitig. Doch nicht immer klappt das. Warum ist es trotz modernster...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr: Rüstung auf dem Papier – Defizite auf dem Feld
29.06.2025

Die Bundeswehr bleibt trotz 100-Milliarden-Sondervermögen kaum einsatzfähig. Es fehlt an Ausrüstung, Personal und Struktur. Ist das...

DWN
Politik
Politik Experte fürchtet politischen Schock in Europa: „Es ist tatsächlich beängstigend“
28.06.2025

Europa taumelt: Rechte Parteien sind auf dem Vormarsch, Frankreich droht der Machtwechsel. Experte Rahman warnt: Das „Trump-Moment“...

DWN
Technologie
Technologie Neue Technologien am Körper: Gehirnimplantate, künstliche Intelligenz, elektronische Tattoos
28.06.2025

Hightech greift immer direkter in den menschlichen Körper ein. Ob Gehirnimplantate, elektronische Tattoos oder künstliche Intelligenz...

DWN
Politik
Politik Machtverlust oder Wendepunkt? Irans Zukunft nach dem Konflikt
28.06.2025

Nach dem militärischen Schlagabtausch mit Israel steht der Iran politisch und gesellschaftlich unter Druck. Zwischen Machtkonsolidierung,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen So gelingt der Einstieg: KI im Personalwesen mit System etablieren
28.06.2025

Künstliche Intelligenz erobert Schritt für Schritt das Personalwesen. Deutschland liegt im europäischen Vergleich weit vorne – doch...