Ursula von der Leyen bleibt weitere fünf Jahre Präsidentin der mächtigen EU-Kommission. Im Europäischen Parlament stimmte die Mehrheit der Abgeordneten für die 65 Jahre alte CDU-Politikerin und bestätigte damit offiziell ihre Nominierung durch die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten. Von der Leyen bekam diesmal rund 56 Prozent der möglichen Stimmen und damit deutlich mehr als vor fünf Jahren. Damals hatten lediglich 51 Prozent der stimmberechtigten Abgeordneten für sie votiert.
Von der Leyen erhielt nun 401 der möglichen 719 Stimmen. Sie brauchte mindestens 360 Stimmen.
Die Präsidentschaft der EU-Kommission gilt als die mit Abstand wichtigste Position in Brüssel. Von der Leyen sind rund 32.000 Mitarbeiter unterstellt, die unter anderem Vorschläge für neue EU-Gesetze machen und die Wahrung der Europäischen Verträge überwachen. Zudem sitzt die Kommissionspräsidentin bei fast allen großen internationalen Gipfeltreffen wie G7 oder G20 als EU-Repräsentantin mit am Tisch. Vom US-Magazin „Forbes“ wurde von der Leyen deswegen bereits mehrfach zur „mächtigsten Frau der Welt“ gekürt.
Ankündigung zum Verbrenner-Aus
Kurz vor ihrer Wahl hatte von der Leyen in ihrer letzten Bewerbungsrede vor dem Parlament ihre Pläne für die kommenden fünf Jahre skizziert. Dabei kündigte sie an, das bereits beschlossene EU-Verbot von neuen Verbrenner-Autos ab 2035 durch Ausnahmen für sogenannte E-Fuels aufweichen zu wollen. Zudem will sie unter anderem Initiativen für günstigeres Wohnen, eine Verdreifachung der Zahl der EU-Grenzschützer sowie ein europäisches Luftverteidigungssystem starten.
Die frühere Bundesministerin für Verteidigung (2013-2019), Arbeit und Soziales (2009-2013) sowie für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005-2009) war nach der Europawahl 2019 ins Amt gekommen. In Deutschland war damals noch von der Leyens Parteifreundin Angela Merkel Bundeskanzlerin.
Wahlsieg von Mitte-Rechts-Bündnis ebnete Weg
Grundlage der erneuten Nominierung von Ursula von der Leyen war der Wahlsieg ihrer europäischen Parteienfamilie EVP bei der Europawahl gewesen. Das Mitte-Rechts-Bündnis hatte danach mit den europäischen Sozialdemokraten und Liberalen eine Art informelle Koalition vereinbart und die neu zu vergebenen Spitzenposten unter sich aufgeteilt.
Die Einigung sieht so auch vor, dass die liberale estnische Regierungschefin Kaja Kallas den Posten der EU-Außenbeauftragten bekommt. Zum Präsidenten des Gremiums der Staats- und Regierungschefs wurde bereits für zunächst zweieinhalb Jahre der frühere portugiesische Regierungschef António Costa gewählt.
Wahl war bis zuletzt Zitterpartie
Die Bestätigung von der Leyens im Parlament war dennoch nicht hundertprozentig sicher gewesen, weil dort kein Fraktionszwang existiert und in geheimer Wahl abgestimmt wurde. Von der Leyen führte deswegen in den vergangenen Wochen zahllose Gespräche mit Abgeordneten, um sie von sich zu überzeugen. Für das Parlament ist es stets wichtig, mit dem Kommissionschef vor dessen Wahl möglichst feste Vereinbarungen zu politischen Zielen zu treffen. Dies liegt daran, dass auf EU-Ebene nur die Kommission Gesetzgebungsvorschläge machen kann.
Stimmten auch Abgeordnete von Meloni-Partei für von der Leyen?
Wie viele Abgeordnete von rechten Parteien für von der Leyen stimmten, war zunächst unklar. Vor der Wahl war gemutmaßt worden, dass ihre Parteienfamilie hinter den Kulissen zum Beispiel auch um Stimmen von Abgeordneten der Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) der rechten italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni warb. Als mögliche Gegenleistung könnte von der Leyen beispielsweise angeboten haben, dem künftigen italienischen Vertreter in der EU-Kommission einen wichtigen Aufgabenbereich zu geben. Zudem könnten EVP-Abgeordnete zugesichert haben, sich nicht gegen Kommissars-Kandidaten von den Parteien zu stellen, die von der Leyen bei der Wahl unterstützt haben. Die Kandidaten der EU-Länder für die Posten als Kommissar müssen vom Parlament bestätigt werden. Im Idealfall soll die komplette EU-Kommission aus von der Leyen und 26 Kommissarinnen und Kommissaren im November antreten.