Panorama

Sabbatical oder ganz hin und weg? Warum uns die Rückkehr aus dem Traumurlaub so schwer fällt

Ihr Gäste-Apartment mitten im sizilianischen Zitronenhain. Die Finca ihrer Freunde auf Mallorca? Das AirBnB im Napa Valley? Na, haben Sie in Ihrem Urlaub diesen Sommer auch ein Fleckchen Erde gefunden, an das Sie am liebsten für immer zurückkehren möchten? In unserem neuen Magazin widmen wir uns dem Thema Auswanderung und Fernweh. Ist der dauerhafte Umzug nur ein ferner Traum oder kann die fixe Idee real werden?
14.08.2024 09:12
Lesezeit: 4 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Liebe Leserinnen und Leser,

hatten Sie schon ein Sabbatical? Der innere Schweinehund fragt: Warum eigentlich nicht? Sie müssen ja nicht gleich auswandern oder irgendwo hin rübermachen. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten widmen ihr neues Magazin zum Ende des Sommers der Frage: Was hält uns hier? Welche Optionen gibt es, dem Alltag zu entfliehen? Für ein Sabbatical, für eine Fortbildung, ein Austauschprogramm. Es gibt mehr Möglichkeiten, als Sie sich vorstellen können. Für Sie selbst oder auch mit der Familie.

Schon Shakespeare ließ Falstaff in „Die lustigen Weiber von Windsor“ wissen: „The World is Your Oyster!“ Auf Deutsch übersetzt ist es mit „Die Welt liegt mir zu Füßen“ nur sehr ungenau übersetzt worden. „Reisen bildet“, müsste man noch hinzufügen. Doch in Wirklichkeit sollte es darum gehen, fremde Lebensweisen und neue Kulturen aufzusaugen. Im Club Med in der Hängematte wird das nicht gelingen. Wer sich freilich mal länger Zeit genommen hat, während eines Auslandspraktikums oder Austauschs, der weiß sehr genau, was diese Erfahrung nicht nur im Kopf, sondern im Herzen auszulösen vermag.

Unsere Großeltern haben uns noch ermahnt: „Bleibe im Land und nähre Dich redlich!“ Doch in Zeiten des neuen grenzenlosen Europas und den Mitteln des modernen Arbeitsrechts sind Dinge möglich, von denen man selbst vor wenigen Jahrzehnten nicht zu träumen gewagt hätte. Dreh- und Angelpunkt für ein Projekt ist die finanzielle Unabhängigkeit – dabei ist die nicht zwingend mit Vermögen oder Reichtum zu verwechseln. Ein auskömmliches Arbeitseinkommen lässt sich heute auch andernorts erwerben. Auf Arbeitskraft, Kreativität und Leistungsvermögen kommt es an. Dafür muss man nicht mal mehr Freiberufler oder „digitaler Nomade“ sein.

Sabbatical, Workation, Remote

„Workation“ ist so ein Stichwort, das neuerdings immer wieder in Arbeitsverträgen auftaucht. Das Sabbatjahr wiederum haben sich die Wissenschaftler schon vor längerer Zeit ausgedacht, um Freiräume bei gleichbleibendem Gehalt auszuhandeln oder Ersparnisse für ein selbstbestimmtes Travel-Erlebnis aufzuwenden.

Wir nennen es mal die Auszeit, Sie wissen selbst genau, wo ihre Gestaltungsmöglichkeiten liegen. Ein Mid-Career-Programm an der Hochschule oder auch an einer privaten Fortbildungseinrichtung könnte wie ein Booster wirken – vielmehr, als sich vom geliebten Partner zu trennen. Frische Eindrücke tanken, den Akku aufladen, ein Fitness-Programm für die „zweite Halbzeit im Beruf“. Am besten bevor der Körper einem Anzeichen von „Burnout“ oder „Boreout“ signalisiert. Die Arbeitgeber werden unter diesen Vorzeichen sicherlich eher einem unbezahlten Urlaub, dem Sabbatical, zustimmen, als den wertvollen, über Jahre bestens ausgebildeten Mitarbeiter ziehen zu lassen. Ein bisschen Planung sollte man investieren. Und nicht gleich die Urlaubs-Rückreise fortspinnen und den Arbeitgeber vor vollendete Tatsachen stellen.

Worauf ist zu achten? Wer vom Vorstand ein „Rundum-sorglos-Paket“ erwarten darf, mit Relocation-Services vielleicht, und die Kinder im Ausland auf die Deutsche Schule schicken kann, Glückwunsch! Wer das selbst organisieren müsste, sollte im Zielland Kontakte knüpfen.

Ein Vorbereitungsgespräch mit dem vertrauten Steuerberater ist häufig sinnvoll, er könnte als Sparringspartner fungieren. So lassen sich mitunter Ausbildung und Reisekosten im Ausland von der hiesigen Steuer absetzen – Stichwort doppelte Haushaltsführung. Auch die anderen Fragen benötigen fachkundige Beratung. Wohnsitz beibehalten oder besser ummelden? Auslandskrankenversicherung, ja oder nein? Reicht eine Reiseversicherung vielleicht aus?

Benötigt man wirklich einen internationalen Führerschein, wahrscheinlich eher nicht – in der Schweiz etwa müsste man sogar einen lokalen Führerschein beantragen. Visumfragen können entscheidend sein, wenn es zum Beispiel in Richtung USA geht. Das kann Monate in Anspruch nehmen und reichlich Bürokratie verursachen.

Die größte Herausforderung ist natürlich, ein Zuhause zu finden im Ausland oder gar eine Ferienwohnung auf Dauer. Der Immobilienkauf im Ausland ist ein heikles Thema – nicht alle Länder operieren nach unserem bekannten System von Grundbüchern und notariellen Kaufverträgen.

Umgekehrt kann das Vermieten der eigenen vier Wände genug Geld einspielen, damit das Abenteuer nicht zu kostspielig wird. Wohnt man zur Miete, kann man die Wohnung oder das Haus prinzipiell untervermieten. Allerdings muss man darüber den Vermieter informieren. Der kann die Erlaubnis juristisch nicht versagen, solange man die Rückkehr ins Heim glaubhaft argumentieren kann. Um Sorgen vorzubeugen, sind Storage-Spaces für die Zeit der Untervermietung, also Lagerräume, ein probates Mittel, persönliche Akten und Wertgegenstände auszulagern. Auch hierfür lassen sich im Internet inzwischen spezialisierte Portale als Dienstleister finden – oder aber man hat gute Freunde, die die zwingenden Schlüsselübergaben, Hausmeisterdienste und auch den Postversand übernehmen und so die Angst vor bösen Überraschungen löschen können.

Finanziell bedeutsam ist vor allem, dass man Mitglied der deutschen Sozialversicherung bleibt und möglichst Rentenlücken vermeidet. Das kooperative Okay des Arbeitgebers für ein Teilzeitmodell ist nicht mit Gold aufzuwiegen.

Nicht alles wird reibungslos vonstattengehen. Heikel sind zum Beispiel die mit staatlichen Zuschüssen geförderten Riester-Renten, sie könnten wegfallen oder zu Rückforderungen bereits gezahlter Förderung führen, wenn das Ziel im Nicht-EU-Ausland liegt und damit der Sozialversicherungsstatus tangiert wird. Sich nur polizeilich abzumelden, reicht auch nicht aus, um von steuerlichen Forderungen oder der Pflicht zur Einkommensteuererklärung befreit zu werden.

Hauseigentümer sollten zwingend untervermieten, müssen allerdings steuerlich die Betrachtung ihrer Mieteinnahmen bedenken. Der ärgerliche Vorwurf der Steuerhinterziehung liegt schnell auf der Hand, nur weil aus Gewohnheit der Bezug von Kinder- und Elterngeld weitergegangen ist.

Vor allem aber sollen die Bedenken nicht überwiegen. Die Lebenszeit für derlei ausgedehnte Reisen zu nutzen und die Chance, Impressionen zu sammeln, das ist unbezahlbar – geradezu „priceless“. Das wissen nicht nur die Anbieter von Kreditkarten! Lassen Sie sich in diesem Heft inspirieren von Erfahrungen unserer Experten und den Erlebnissen unserer Gesprächspartner.

Die gesamte DWN-Redaktion wünscht Ihnen wertvolle Einblicke – bleiben Sie stets informiert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

avtor1
Peter Schubert

Peter Schubert ist stellv. Chefredakteur und schreibt seit November 2023 bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Immobilienthemen. Er hat in Berlin Publizistik, Amerikanistik und Rechtswissenschaften an der Freien Universität studiert, war lange Jahre im Axel-Springer-Verlag bei „Berliner Morgenpost“, „Die Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie „Welt Kompakt“ tätig. 

Als Autor mit dem Konrad-Adenauer-Journalistenpreis ausgezeichnet und von der Bundes-Architektenkammer für seine Berichterstattung über den Hauptstadtbau prämiert, ist er als Mitbegründer des Netzwerks Recherche und der Gesellschaft Hackesche Höfe (und Herausgeber von Architekturbüchern) hervorgetreten. In den zurückliegenden Jahren berichtete er als USA-Korrespondent aus Los Angeles in Kalifornien und war in der Schweiz als Projektentwickler tätig.

DWN
Finanzen
Finanzen Börsencrash im Kopf: Wie Anleger sich selbst ruinieren
28.10.2025

Ein Klick kann alles verändern. Viele Anleger fürchten den nächsten Börsencrash – doch oft entsteht der größte Verlust nicht durch...

DWN
Politik
Politik Bürokratieabbau verhindert: Warum Brüssel lieber Ideologie als Wirtschaft fördert
27.10.2025

Ein Signal gegen Wachstum: Das EU-Parlament hat den geplanten Bürokratieabbau für Unternehmen gestoppt – ausgerechnet jene Parteien,...

DWN
Politik
Politik Diplomat schlägt Alarm: Trumps Haltung gefährdet die Weltpolitik
27.10.2025

Donald Trumps mögliche Rückkehr ins Weiße Haus sorgt international für Spannungen. Viele Beobachter befürchten, dass seine...

DWN
Politik
Politik Argentinien: Milei feiert überraschenden Erfolg bei Kongresswahl
27.10.2025

Trotz Korruptionsskandalen und wirtschaftlicher Schwächen hat Argentiniens ultraliberaler Präsident Javier Milei bei den Zwischenwahlen...

DWN
Panorama
Panorama Olympia in München: Bürgerentscheid beschleunigt Bewerbungspläne
27.10.2025

Mit dem eindeutigen Votum für eine Olympiabewerbung setzt München den DOSB unter Zugzwang. Die Stadt drängt auf ein schnelleres Vorgehen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Vogelgrippe: Geflügelpreise trotz massenhafter Keulungen stabil
27.10.2025

Trotz massenhafter Tötungen von Nutztieren infolge der Vogelgrippe rechnet die deutsche Geflügelwirtschaft nicht mit kurzfristigen...

DWN
Politik
Politik Nord-Stream-Anschlag: Gericht genehmigt Auslieferung mutmaßlichen Täters nach Deutschland
27.10.2025

Die Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines 2022 sorgten international für Aufsehen. Nun hat ein italienisches Gericht erneut der...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie-Investments in bewegten Zeiten: Chancen zwischen Atom, Wasserstoff und Sonne
27.10.2025

Die Welt verschlingt immer mehr Strom – von KI bis Rüstung. Atomkraft erlebt ein Comeback, Wasserstoff bleibt Wette auf die Zukunft,...