Erst Ende 2024 einigte sich die hoch verschuldete BayWa AG, zu der auch die Tochter BayWa r.e. gehört, mit den beiden Großaktionären und den Gläubigerbanken auf einen Rettungsplan. Angesichts akuter Liquiditätsengpässe verpflichtete sich der Münchner Agrarkonzern zur Umkehr seines jahrelangen Expansionskurses und zur Aufnahme von mehr als vier Milliarden Euro zur Tilgung seiner Schulden bis zum Jahr 2027.
Neben der Bayerischen Raiffeisen-Beteiligungs-AG (BRB) beteiligt sich auch die österreichische Raiffeisen Agrar Invest AG (RAI) an einer Kapitalspritze in Höhe von 150 Millionen Euro, wie am 28. Dezember bekannt wurde. Die finalen Details sollen bis Ende März festgelegt werden.
BayWa: Globale Expansion mit Milliardenschulden
Klaus Josef Lutz, BayWa-Chef bis 2023 und Vorgänger des Ende Oktober 2024 ausgeschiedenen Marcus Pöllinger, wollte das Traditionsunternehmen zu einem Global Player in der Landwirtschaft machen und setzte dafür auf eine expansive Strategie.
Unter seiner Führung wurden weltweit Projekte wie Wind- und Solaranlagen auch in Deutschland vorangetrieben und strategische Investitionen in den Niederlanden und Neuseeland getätigt. So erwarb die BayWa im Jahr 2012 den niederländischen Getreidehändler Cefetra und im selben Jahr den neuseeländischen Obsthändler Turners & Growers. Zwei Jahre später übernahmen der Konzern schließlich den drittgrößten Apfelanbieter Neuseelands, Apollo Apples.
Finanziert wurde all das über Kredite, als Kapital noch günstig zu haben war. Doch als die Zinsen stiegen, folgte der finanzielle Absturz: Mehr als fünf Milliarden Euro Schulden lasten derzeit auf dem Unternehmen.
Auch die kreditfinanzierte Expansion in erneuerbare Energien hatte die BayWa in den vergangenen Jahren finanziell belastet. Dabei hatte der Konzern seine Investitionen in Wind- und Solarparks hierzulande als attraktive Möglichkeit für Anwohner beworben, sich über sogenannte Bürgerbeteiligungen finanziell an Erneuerbare-Energien-Projekten der BayWa r.e. in ihrer Region zu beteiligen.
BayWa re: Das steckt hinter den Bürgerbeteiligungen
Projekte wie der Solarpark Kammerstein in Bayern oder ein Windpark in Baden-Württemberg versprechen zwar Renditen zwischen 3,5 und 5,5 Prozent bei einer Laufzeit von sieben Jahren bis 2030. Die BayWa r.e. nennt diese Vermögensanlagen für Kleinanleger auf ihren Internetseiten „Bürgerbeteiligung“. Dabei handelt es sich jedoch um Nachrangdarlehen, bei denen Anleger im Krisenfall leer ausgehen könnten.
Kritiker wie der Münchner Rechtsanwalt für Kapitalmarktrecht Peter Mattil warnen daher aktuell vor erheblichen Risiken: „Es handelt sich um eine Geldbeschaffung aus dem grauen Kapitalmarkt“, so Mattil im Bayerischen Rund (BR). „Das ist keine Beteiligung. Damit hat das nichts zu tun. Man gibt nur ein vollkommen unbesichertes Darlehen.“ Ob das zurückbezahlt werde, sei nach Vertragsgestaltung reine Willkür.
Anders sieht man das in München. Auf Anfrage des BR zu einer Recherche für das ARD-Magazin „Plusminus“ über einen Energiepark in Süddeutschland ließ die BayWa r.e. mitteilen, dass Kleinaktionäre bei regulärem Betrieb Anfang Januar 2025 ihre erste planmäßige Ausschüttung erhalten würden.
Rechtsanwalt: „BayWa r.e. könnte Rückzahlungen verweigern“
Dem BR liegen die Infoblätter der BayWa r.e. zu den Anlagen vor. Darin wird zu Beginn vor „erheblichen Risiken“ und einem möglichen „vollständigen Verlust“ gewarnt. Vor allem eine Passage kritisiert Rechtsanwalt Mattil. Darin heißt es: „Bei dieser Vermögensanlage handelt es sich um ein Nachrangdarlehen mit einem sogenannten qualifizierten Rangrücktritt.“
Nach Einschätzung Mattils würden die Kleinaktionäre damit ein weitaus höheres Risiko tragen als etwa Gläubiger wie Großbanken. Denn: Die BayWa r.e. kann das Geld der Kleinanleger einbehalten, wenn sich das Unternehmen in einer Krise befindet. Allerdings ist diese Krise nicht weiter definiert. „Wenn BayWa r.e. die Besitzer wechseln sollte, können auch diese die Rückzahlungen verweigern“, sagt Rechtsanwalt Mattil. Das sei in seinen Augen eine unschöne Art der Geldbeschaffung, weil Kleinanleger im Grunde rechtlos seien.
Schweizer Investorengesellschaft vor Übernahme der BayWa re?
Dass ein möglicher Eigentümerwechsel der BayWa r.e. durchaus real ist, zeigen die aktuellen Verhandlungen der BayWa r.e. mit der Schweizer Investmentgesellschaft Energy Infrastructure Partners (EIP). Diese ist Mitgesellschafter und hält bereits 49 Prozent der Anteile. Eine Ausweitung der Beteiligung könnte EIP weitreichende Kontrollrechte über die Tochtergesellschaft einräumen. Die Gespräche mit der Schweizer Investmentgesellschaft sind laut BayWa r.e. bereits weit fortgeschritten und sollen bis März abgeschlossen sein.