Politik

Ölpreisgrenze: Kiew drängt auf harte Sanktionen gegen Russland

Russland bombardiert die Ukraine mit einer beispiellosen Wucht, Kinder zählen zu den Verletzten, Wohnhäuser stehen in Flammen. Während Kiew dringend schärfere Sanktionen fordert, diskutiert der Westen über den Ölpreisdeckel. Nun rückt der G7-Gipfel in Kanada in den Fokus – und die Frage, ob der Druck auf Putin endlich Wirkung zeigt.
11.06.2025 08:57
Lesezeit: 3 min
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Erneut schwere Angriffe – Kiew will Ölpreisgrenze halbieren

Angesichts beispielloser russischer Luftangriffe plant die EU neue Sanktionen gegen den Ölsektor Russlands. Kiew verlangt mehr. Die Attacken halten unvermindert heftig an.

Wieder hat es bei nächtlichen russischen Angriffen auf die Ukraine Tote und Dutzende Verletzte gegeben. In der ostukrainischen Stadt Charkiw kamen Medienberichten zufolge bei einem massiven Drohnenangriff mindestens zwei Menschen ums Leben, über 50 Personen wurden verletzt.

Die Attacke reiht sich ein in eine Serie heftiger Luftangriffe der vergangenen Tage. Vor diesem Hintergrund treibt die EU neue Sanktionen gegen den russischen Ölsektor voran. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ruft die westlichen Industrienationen dazu auf, die Preisgrenze für russisches Öl zu halbieren.

Die Öl-Preisobergrenze soll Russlands Erlöse aus Ölexporten einschränken, ohne die weltweite Energieversorgung zu gefährden. Westliche Länder dürfen russisches Öl nur kaufen, wenn der Preis unter dieser Grenze liegt.

Kinder unter den Verletzten

Erst in der Nacht zum Montag hatte Russland die benachbarte Ukraine mit dem zahlenmäßig größten Drohnenangriff seit Kriegsbeginn überzogen. Vor wenigen Tagen war auch der bislang massivste Angriff auf Charkiw mit mehreren Todesopfern und vielen Verletzten gemeldet worden.

Unter den Verletzten der jüngsten Angriffe waren auch acht Kinder, wie das Portal "Kyiv Independent" unter Berufung auf Bürgermeister Ihor Terechow berichtete. Er sprach von getroffenen Wohnhäusern, Spielplätzen und Läden sowie einem größeren Feuer. Der Nachrichtenagentur RBK-Ukraine zufolge wurden zudem Gebäude von Firmen beschädigt.

EU stellt neue Sanktionen vor – Selenskyj fordert mehr

Die Preisobergrenze für russisches Öl liegt aktuell bei 60 Dollar pro Barrel. Selenskyj will sie halbieren. "Jeder unserer Partner weiß, welcher Preisdeckel nötig ist – 30 Dollar (pro Barrel), nicht mehr", sagte er in seiner abendlichen Videobotschaft. Selenskyj bezog sich auf den Vorschlag der EU-Kommission, die Grenze auf 45 Dollar zu senken.

Die Halbierung würde nach Selenskyjs Auffassung Russland tatsächlich unter Druck setzen, Frieden zu suchen. Andere Beweggründe erkenne Moskau nicht. Er sei sich bewusst, dass der Westen derzeit über einen Preiskompromiss verhandle. "Schluss mit den Kompromissen gegenüber Russland", jeder dieser Kompromisse verzögere den Frieden, erklärte Selenskyj.

Die EU-Kommission hatte zuvor neue Sanktionen gegen Russland vorgelegt, die den Energie- und Finanzsektor der Atommacht treffen sollen. Allerdings müssen die Mitgliedsstaaten den Maßnahmen noch zustimmen. Die Regierung der Slowakei hat bereits Widerstand gegen das achtzehnte Sanktionspaket angekündigt. Bratislava kritisiert das geplante Verbot für den Import von Gas, Öl und Kernbrennstoffen.

G7-Treffen gilt als richtungsweisend

"Die Ölpreisobergrenze ist eine Maßnahme der G7-Koalition, daher werden wir Ende dieser Woche oder Anfang nächster Woche beim G7-Gipfel in Kanada darüber beraten, wie wir gemeinsam vorgehen wollen", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Das Gipfeltreffen der sieben westlichen Industrienationen (G7) findet vom 15. bis 17. Juni in Kanada statt. Mitglieder der "Gruppe der Sieben" sind Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA. Auch US-Präsident Donald Trump wird erwartet.

Trump gegenüber Russland abwartend

Trump selbst hat bislang neue Sanktionen gegen Russland vermieden und stattdessen den Druck auf die angegriffene Ukraine erhöht. Damit soll nach seinen Worten ein Ende des Kriegs erreicht werden. Im Unterschied zu seinem Vorgänger Joe Biden versteht sich Trump nicht als Unterstützer der Ukraine, sondern als Vermittler.

Im US-Senat wird jedoch derzeit ein neues Sanktionspaket gegen Russland vorbereitet. Auch Trump hatte sich unzufrieden über die heftigen russischen Angriffe auf ukrainische Städte geäußert.

Angriffswucht der Russen zuletzt stetig gestiegen

So hatte Russland erst in der Nacht zum Montag die benachbarte Ukraine mit dem zahlenmäßig größten Drohnenangriff seit Kriegsbeginn überzogen. Eingesetzt wurden laut ukrainischer Luftwaffe 479 Kampfdrohnen des Typs Shahed und deren Attrappen, vier Hyperschallraketen vom Typ Kinschal, 14 verschiedene Marschflugkörper und zwei Luft-Boden-Raketen des Typs Ch-31. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht verifizieren. Es gab mehrere Verletzte.

Auch zuvor kam es zu mehreren Nächten mit Rekordzahlen an Drohnen. Nach Darstellung Selenskyjs seien die Attacken mit immer mehr Drohnen keine Reaktion auf den ukrainischen Angriff auf Russlands strategische Bomberflotte zu Monatsbeginn. Russland setze seit Monaten zunehmend mehr Waffen ein, betonte Selenskyj. Der Trend sei klar und zeige, dass Moskau kein Interesse an Frieden habe.

Moskau meldet Abschuss mehrerer Drohnen

In der zentralrussischen Region Woronesch schoss die Luftabwehr unterdessen mindestens fünf ukrainische Drohnen ab, wie die Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf den dortigen Gouverneur Alexander Gussew berichtete. Es habe keine Verletzten oder Schäden gegeben. Laut Luftfahrtbehörde wurde der Flugverkehr an zwei Flughäfen in Kaluga und Saratow vorübergehend eingeschränkt, so Tass.

Merz wirft Russland "Terror gegen die Zivilbevölkerung" vor

Bundeskanzler Friedrich Merz bezeichnete am Dienstag die jüngsten Angriffe als "Terror gegen die Zivilbevölkerung" und als "schwerste Kriegsverbrechen". "Russland hat mit zahlreichen Drohnen und Marschflugkörpern gezielt und rücksichtslos eben die Zivilbevölkerung attackiert", sagte der CDU-Politiker nach einem Treffen mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Dick Schoof in Berlin. Das sei "alles andere als eine verhältnismäßige Antwort auf die sehr präzisen ukrainischen Schläge" gegen militärische Ziele in der vergangenen Woche.

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