Politik

Einbürgerungsantrag: Entscheidung dauert mitunter Jahre

Die Entscheidung über einen Einbürgerungsantrag kann lange dauern – warum profitieren bislang nur wenige von der verkürzten Frist? Wie wirken sich aktuelle Regelungen und Wartezeiten aus?
16.06.2025 15:57
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Einbürgerungsantrag: Entscheidung dauert mitunter Jahre
Einbürgerungsurkunde und deutscher Reisepass - die Bearbeitung eines Einbürgerungsantrages dauert oft viele Jahre (Foto: dpa). Foto: Fernando Gutierrez-Juarez

Einbürgerungsantrag: Warum Entscheidungen oft Jahre dauern

Die von der Ampel-Koalition für besonders gut integrierte Ausländer eingerichtete Möglichkeit zur Einbürgerung nach drei Jahren hat bisher nur einigen Hunderten schneller den deutschen Pass ermöglicht. Das zeigen die Ergebnisse einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei Ländern und Kommunen.

Demnach wurde von der neuen Regelung, die bald wieder abgeschafft werden soll, lediglich in Berlin in größerem Umfang Gebrauch gemacht. Unter den 29.853 Menschen, die zwischen Juli 2024 und Ende April in der Hauptstadt eingebürgert wurden, erhielten laut Innensenat 500 Personen mit guten Deutschkenntnissen und besonderen schulischen, beruflichen oder ehrenamtlichen Leistungen die deutsche Staatsbürgerschaft nach drei Jahren regulären Aufenthalts in Deutschland.

Kürzere Fristen gelten seit fast einem Jahr

Die neue Regelung war Teil einer Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, die am 27. Juni 2024 in Kraft trat. Seitdem darf, wer Deutscher wird, grundsätzlich die bisherige Staatsangehörigkeit behalten. Außerdem reicht als Voraussetzung nun ein Aufenthalt von fünf statt bisher acht Jahren in Deutschland. An diesen Änderungen hält die neue Bundesregierung fest.

Nur die Möglichkeit, die Frist bei guten schulischen oder beruflichen Leistungen auf drei Jahre zu verkürzen, wollen Union und SPD streichen. Die erste Beratung dazu im Bundestag ist für den 26. Juni angesetzt. CDU und CSU hatten die von SPD, Grünen und FDP damals eingeführte verkürzte Wartezeit von Anfang an abgelehnt. Ihr Hauptargument: Eine nachhaltige Integration in die deutschen Lebensverhältnisse benötige mehr Zeit.

Nur eine Schnell-Einbürgerung in Brandenburg

In Hamburg wurden nach Angaben der Behörden seit Einführung der Drei-Jahres-Regelung fünf Menschen auf dieser Grundlage eingebürgert. In Baden-Württemberg gab es laut Landesregierung im vergangenen Jahr insgesamt 2.530 Einbürgerungen mit einer Aufenthaltsdauer von unter acht Jahren. Lediglich in 16 Fällen wurde im Südwesten die Einbürgerung nach drei oder vier Jahren vorgenommen. Von "wenigen Fällen" ist in Nordrhein-Westfalen die Rede. Eine einzige "Turbo-Einbürgerung" gab es in Brandenburg. Unter den 54.732 Ausländern, die in Bayern zwischen dem 27. Juni 2024 und Ende April die deutsche Staatsbürgerschaft erhielten, gab es laut Innenministerium 78 Menschen, bei denen die Sonderregelung Anwendung fand. Nur vier Einwanderer haben bislang in Hessen eine Einbürgerung schon nach drei Jahren durchlaufen.

Keine "Turbo-Einbürgerung" in Thüringen 2024

Die nach dem neuen Staatsangehörigkeitsgesetz verkürzte Aufenthaltsdauer kam nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Erfurt in Thüringen 2024 noch nicht zum Tragen. In Sachsen wurde die Neuregelung "nur in Einzelfällen" angewendet, hieß es aus dem Innenministerium in Dresden. In Magdeburg stellten laut Stadtverwaltung bislang nur wenige Menschen einen Antrag auf Einbürgerung, die sich seit weniger als fünf Jahren in Deutschland aufhalten.

Hohe sprachliche Anforderungen

Eine der Voraussetzungen, die für einen Einbürgerungsantrag zu erfüllen sind, ist das Sprachniveau C1. Wer das erreicht, kann komplexe Texte verstehen und sprachlich anspruchsvolle Diskussionen führen. Für eine Einbürgerung nach mindestens fünf Jahren reicht das Niveau B1. Es ermöglicht Gespräche über vertraute Themen wie Arbeit, Schule oder Freizeit sowie selbstständige Sprachverwendung im Alltag. Ausnahmen wurden 2024 für ehemalige "Gastarbeiter" sowie Vertragsarbeiter der DDR eingeführt, für die es damals kaum Integrationsangebote gab.

Rekordzahl an Einbürgerungen: Wartezeiten teils von mehreren Jahren

Im Jahr 2024 wurden in Deutschland rund 292.000 Menschen eingebürgert – ein Rekord seit Beginn der Statistik im Jahr 2000. Das entspricht einem Anstieg von 46 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 28 Prozent der Eingebürgerten stammten im vergangenen Jahr aus Syrien, gefolgt von Menschen aus der Türkei.

Die gestiegene Zahl von Einbürgerungsanträgen hat vielerorts zu langen Wartezeiten geführt. So wartet, wer die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt, in Baden-Württemberg im Schnitt 18 Monate. In Hamburg liegt die Verfahrensdauer bei 13 Monaten. Rund 24.200 Menschen warteten in Rheinland-Pfalz im März auf eine Entscheidung über ihren Antrag auf Einbürgerung. Dem Innenministerium zufolge betrug 2024 die durchschnittliche Bearbeitungsdauer für Einbürgerungen in Hessen zwei Jahre.

Laut einer Umfrage des Mediendienstes Integration stieg die Zahl der noch offenen Einbürgerungsanträge in München und Heidelberg im Vergleich zum Vorjahr jeweils um rund 85 Prozent. In Mannheim war die Zahl der Anträge, über die noch entschieden werden muss, sogar 2,5 Mal so hoch wie ein Jahr zuvor. In München gab es demnach rund 33.000 offene Anträge.

Identitätsklärung kann aufwendig sein

Ein Sprecher der Stadt Magdeburg sagte der dpa: "Ein Einbürgerungsverfahren ist vor allem auch abhängig von den zu beschaffenden Unterlagen zur Identitätsklärung und kann zwischen drei Monaten und fünf Jahren dauern." Dabei sei zu berücksichtigen, dass nicht alle Anträge positiv beschieden würden, "sondern die Anzahl abzulehnender Anträge steigt".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zollschock: Warum deutsche Autos bald in Europa teurer werden
23.08.2025

Donald Trump zwingt Europas Autobauer mit Strafzöllen von bis zu 27,5 Prozent in die Defensive. Während Hersteller ihre Gewinnprognosen...

DWN
Politik
Politik Stagnierendes Wirtschaftswachstum und gigantische Schulden: Wie realistisch ist die Finanzpolitik der Bundesregierung?
23.08.2025

Die Wirtschaft stagniert, der Arbeitsmarkt kollabiert. Doch die Bundesregierung gibt unermüdlich geliehenes Geld aus. Die...

DWN
Technologie
Technologie Milliardenwahn im Silicon Valley: Warum die Jagd nach Superintelligenz im Desaster enden wird
23.08.2025

Das Silicon Valley dreht durch: Für einzelne KI-Forscher werden Summen gezahlt, die selbst Sportstars sprachlos machen. Doch Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen Verdienen im Schlaf: Diese Dividenden-Aktien zahlen Ihnen Geld fürs Nichtstun
23.08.2025

Während andere schuften, kassieren clevere Anleger jeden Monat Geld – sogar im Schlaf. Drei Dividenden-Aktien machen Sie zum Profiteur...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zahlungsmoral am Limit: 81 Prozent der Unternehmen von Zahlungsverzug bedroht
23.08.2025

Verspätete Zahlungen bedrohen die Existenz vieler Firmen. Im Schnitt bleiben Rechnungen fast 32 Tage offen – in Bau, Transport und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögensaufbau stagniert: Wie der Staat privates Vermögen verhindert
23.08.2025

Die Vorstellung vom reichen Deutschen entspricht immer weniger der Realität: Höhere Lebenshaltungskosten, höhere Sozialabgaben,...

DWN
Panorama
Panorama Verbraucherschützer warnen: Kritik an Parkplatzfirmen nimmt zu
23.08.2025

Beschwerden über Parkplatzfirmen nehmen rasant zu. Immer mehr Autofahrer stoßen auf intransparente Regeln und saftige Vertragsstrafen....

DWN
Politik
Politik Deutschland mit stärkster Armee Europas? Ohne Chinas Rohstoffe bleibt es ein Trugbild
23.08.2025

Deutschland rüstet auf wie nie zuvor – doch ausgerechnet Peking hält den Schlüssel zu den nötigen Rohstoffen in der Hand. Die...