Politik

Europäische Außenminister wollen mit Iran verhandeln

Die Gespräche über das Atomprogramm kamen zuletzt nicht voran. Nun unternimmt der Bundesaußenminister einen diplomatischen Vorstoß. Der Krieg zwischen Israel und Iran tobt derweil unvermindert weiter - wann greifen die USA ein. Und lässt sich das noch verhindern?
19.06.2025 10:47
Lesezeit: 3 min
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Europäische Außenminister wollen mit Iran verhandeln
Außenminister Johann Wadephul (CDU) startet eine diplomatische Initiative im Israel-Iran-Krieg. (Foto: dpa) Foto: Katharina Kausche

Wadephul startet diplomatische Initiative

Mitten im Krieg zwischen Israel und dem Iran startet Bundesaußenminister Johann Wadephul eine diplomatische Initiative zur Deeskalation. Gemeinsam mit seinen Kollegen aus Frankreich und Großbritannien will er den iranischen Außenminister Abbas Araghtschi am Freitag zu einem Gespräch in Genf treffen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen in Berlin erfuhr.

Mit seinem französischen Kollegen Jean-Noël Barrot, dem britischen Außenminister David Lammy sowie der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas habe er Araghtschi zuletzt ein Verhandlungsangebot unterbreitet, sagte Wadephul bei einem Treffen mit dem jordanischen Chefdiplomaten Aiman al-Safadi in Berlin. Man sei weiterhin bereit, über eine Lösung zu sprechen. Dazu müsse sich der Iran jedoch dringend bewegen und "vertrauensbildende und nachprüfbare Maßnahmen ergreifen, etwa indem die Führung in Teheran glaubhaft macht, dass sie keine Atomwaffen anstrebt". Wadephuls Botschaft: "Es ist nie zu spät, an den Verhandlungstisch zu kommen, wenn man in ehrlicher Absicht kommt."

Israel will nukleare Aufrüstung des Iran stoppen

Am vergangenen Freitag hatte Israel einen Großangriff auf den Erzfeind Iran gestartet. Seither greifen die israelischen Streitkräfte wiederholt Ziele in der Islamischen Republik an, während iranische Truppen im Gegenzug Raketen auf die Atommacht Israel abfeuern. Nach israelischer Darstellung besteht das zentrale Kriegsziel darin, den Iran an der Entwicklung von Atomwaffen zu hindern. Die iranische Führung hingegen bestreitet seit Jahren, Kernwaffen anzustreben – und beharrt auf ihrem Recht, Atomkraft friedlich zu nutzen.

E3-Staaten wollen neue Gespräche ermöglichen

Mit seinem Vorstoß will Wadephul die sogenannten E3-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien – die seit Jahren versuchen, mit Teheran über dessen Atomprogramm zu verhandeln – und den Iran wieder an einen Tisch bringen. Die Unterhändler waren bei der zentralen Frage der Urananreicherung nicht weitergekommen.

Der Iran hatte zuletzt mit der weiteren Anreicherung des radioaktiven Schwermetalls auf einen höheren Reinheitsgrad die Befürchtung genährt, er könne möglicherweise bald über genügend kernwaffenfähiges Material für eine zerstörerische Bombe verfügen. Zwar zeigte sich die Führung in Teheran bereit, das Programm wie im Wiener Atomabkommen von 2015 vereinbart wieder einzuschränken. Die Fähigkeit zur Anreicherung wollte sie jedoch nicht aufgeben.

"Drecksarbeit": Kritik an Merz’ Äußerung zu Israels Angriffen

Beim G7-Gipfel in Kanada betonten auch die führenden Industrieländer in einer gemeinsamen Erklärung, dass der Iran keinesfalls in den Besitz von Atomwaffen gelangen dürfe. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) sagte im ZDF zu den israelischen Angriffen auf Atomanlagen und iranisches Führungspersonal: "Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle." Für diese Wortwahl und seine ausdrückliche Unterstützung der Angriffe wurde er anschließend kritisiert.

Kanzleramt verteidigt Merz' Position

Kanzleramtschef Thorsten Frei verteidigte Merz. "Das, was der Bundeskanzler ausgedrückt hat mit seinen Worten war, dass es auch in unser aller Interesse nicht sein kann, dass ein Terrorregime wie das iranische Mullah-Regime in Besitz der Atomwaffe ist", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Es gehe aber nicht nur um Atomwaffen. "Auch die Raketentechnologie im Iran ist so, dass Mittelstreckenraketen eben sehr weitreichende Ziele auch in Europa erreichen können. Und deshalb können wir nicht so tun, als ginge uns das alles nichts an."

Luftangriffe auf Teheran und Umgebung

Das israelische Militär griff nach eigenen Angaben in der Nacht erneut Ziele im Iran aus der Luft an. Dabei seien Standorte in der Hauptstadt Teheran und anderen Landesteilen bombardiert worden, teilten die Streitkräfte mit. Zuvor hatte der Iran laut israelischen Militärangaben mehrere Raketen auf Israel abgefeuert. Berichte über Opfer der gegenseitigen Angriffe lagen zunächst nicht vor.

Kurz darauf riefen die israelischen Streitkräfte die Bewohner eines Gebiets nahe der iranischen Städte Arak und Chondab dazu auf, sich in Sicherheit zu bringen. Die Armee werde dort militärische Anlagen ins Visier nehmen, hieß es. In der Region liegt ein Schwerwasserreaktor. Schweres Wasser dient der Kühlung von Kernreaktoren, erzeugt jedoch als Nebenprodukt Plutonium, das potenziell auch für Kernwaffen verwendet werden kann.

Rüstungsexporte nach Israel genehmigt

Wie vielschichtig und schwierig die Beziehungen zu Israel auch für Deutschland sind, zeigen aktuelle Zahlen. So genehmigte die neue Bundesregierung von Union und SPD in den ersten fünf Wochen ihrer Amtszeit Rüstungsexporte im Umfang von knapp vier Millionen Euro an Israel. Das teilte das Wirtschaftsministerium auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Desiree Becker mit, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Demnach erhielten deutsche Hersteller zwischen dem 7. Mai und dem 10. Juni 2025 Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter im Wert von 3,986 Millionen Euro an das Land, das vor allem wegen seines militärischen Vorgehens im palästinensischen Gazastreifen mit zahlreichen zivilen Opfern massiv in der Kritik steht. Kriegswaffen waren laut den Angaben allerdings nicht unter den Lieferungen.

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