Politik

Groteske Rotation: Deutschland alle fünf Monate ohne Stimme in der EZB

Lesezeit: 2 min
24.04.2014 00:07
Ab 2015 ändert sich das Abstimmungsverfahren im EZB-Rat. Deutschland wird dann alle fünf Monate bei Abstimmungen kein Stimmrecht besitzen. Bundesbank-Chef Weidmann muss dann zusehen, wie seine Kollegen ohne ihn über Währungsfragen in Europa entscheiden.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Mit der Einführung des Euro in Litauen am 1. Januar 2015 ändert sich das Abstimmungsverfahren im EZB-Rat. Bei Abstimmungen können dann nicht mehr alle dann 19 Zentralbank-Chefs ihre Stimme abgeben. Das Stimmrecht soll „rotieren“.

Bislang werden bei Sitzungen des EZB-Rats die Stimmen aller Mitglieder gehört und gezählt. Das sind neben den sechs Mitgliedern des EZB-Direktoriums auch die 18 nationalen Zentralbank-Chefs des Eurosystems.

Mit jedem weiteren Mitgliedstaat im Eurosystem wächst auch der EZB-Rat um einen weiteren Zentralbank-Chef. Bereits Ende 2002 hatte der EZB-Rat daher eine Änderung der Abstimmungsmodalitäten auf den Weg gebracht. Danach sollen die Stimmrechte künftig unter den nationalen Zentralbank-Chefs im EZB-Rat rotieren.

Ursprünglich sollte diese Änderung schon mit dem Beitritt des 16. Mitglieds zur Eurozone in Kraft treten. Im Jahr 2008 beschloss der EZB-Rat jedoch, das Rotationssystem erst dann einzuführen, wenn die Anzahl der Nationalbank-Präsidenten größer als 18 ist. Mit dem Beitritt Litauens ist dies nun der Fall. Die Bundesbank erklärt:

„Nach dem Rotationsprinzip werden die Zentralbankpräsidenten entsprechend der Wirtschaftskraft und der Größe des Finanzsektors ihrer Heimatländer in Gruppen eingeteilt. Bei 19 bis 21 Mitgliedstaaten werden zwei Gruppen gebildet: Die nach den genannten Kriterien größten fünf Länder bilden die erste Gruppe. Auf sie entfallen vier Stimmrechte im EZB-Rat. Zu dieser Gruppe gehören Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande.“

Die Stimmen innerhalb dieser Gruppe rotieren monatlich. Demnach hat Bundesbankpräsident Jens Weidmann alle fünf Monate kein Stimmrecht. Er behält aber zu jeder Sitzung sein Teilnahme- und Mitspracherecht und kann die anderen Zentralbank-Chefs mit Argumenten überzeugen.

Auf die kleineren Notenbanken entfallen nach dem Rotationsmodell elf Stimmrechte, die ebenfalls im monatlichen Rhythmus rotieren. Die sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums behalten hingegen ihr dauerhaftes Stimmrecht. Somit werden die Stimmen im EZB-Rat durch das Rotationsprinzip auf 21 reduziert.

Bei Beschlüssen des EZB-Rats, die das Kapital und die Währungsreserven sowie die Gewinnverteilung betreffen, erfolgt eine Stimmgewichtung entsprechend den Anteilen der Zentralbanken am Kapital der EZB. Deutschland als bevölkerungsreichstes und wirtschaftsstärkstes Land kommt derzeit auf einen Schlüssel von 17,9973 Prozent, so die Bundesbank.

Wächst das Eurogebiet auf mehr als 21 Staaten an, wird das Stimmrecht im EZB-Rat noch einmal komplizierter. Dann werden drei Gruppen gebildet.

„Die erste Gruppe mit den fünf größten Ländern behält ihre vier Stimmrechte, die zweite Gruppe der mittelgroßen Länder erhält acht Stimmrechte. Auf die Präsidenten der restlichen, kleinsten Länder entfallen drei Stimmrechte. Ein kleines Land, etwa der potenzielle Neuling Litauen, fände sich in dieser Gruppe.“

Noch dieses Jahr entscheiden die Euro-Finanzminister über den Beitritt Litauens zur Eurozone. Fällt die Entscheidung positiv aus, wird das Land zum 1. Januar 2015 der Eurozone beitreten.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Finanzen
Finanzen Nach Trumps missglücktem Finanztrick: Stillstand der US-Regierung doch noch abgewendet
21.12.2024

Der US-Kongress hat einen drohenden Stillstand der Regierungsgeschäfte im letzten Moment abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - vier Tote, zahlreiche Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Griechenlands Wirtschaft boomt: Erfolgreiche Steuerreformen und starke Investitionen treiben den Aufschwung
21.12.2024

Griechenlands Wirtschaft überrascht: Für 2025 erwartet das Land einen Haushaltsüberschuss von 13,5 Milliarden Euro – mehr als doppelt...

DWN
Panorama
Panorama Winterurlaub in Gefahr: Weniger Gäste in den Alpen erwartet
21.12.2024

Die Alpenregion, ein traditionell beliebtes Ziel für Wintersport und Erholung, steht in der neuen Saison vor Herausforderungen. Weniger...

DWN
Finanzen
Finanzen Quality Investing: Von der Kunst des klugen Investierens
21.12.2024

Luc Kroeze, Autor des Buches „Die Kunst des Quality Investing“, erläutert im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten, wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unsicherheit für PCK: Verkauf der Shell-Anteile gescheitert
20.12.2024

Das Scheitern des Verkaufs der Shell-Anteile an der Schwedter Raffinerie erschüttert den Standort. Wieder bleibt die Zukunft unklar. Nun...