Politik

Gefahr der Instabilität: EU-Kommission will 12 Staaten überwachen

Lesezeit: 2 min
15.02.2012 15:57
Währungskommissar Olli Rehn sieht die Gefahr von wirtschaftlichem Ungleichgewicht in mehreren EU-Staaten. Die Hauptgründe sind hohe Schulden, Exportschwäche und Immobilienblasen. Die Zahlen sollen nun analysiert werden. Am Ende könnten Sanktionen stehen.
Gefahr der Instabilität: EU-Kommission will 12 Staaten überwachen

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die EU-Kommission hat in Straßburg eine Liste von 12 europäischen Staaten präsentiert, deren wirtschaftliche Lage Anlass zu Sorge gibt: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Großbritannien, Finnland, Frankreich, Italien, Slowenien, Spanien, Schweden, Ungarn und Zypern weisen Schwächen auf, die korrigiert werden. Die anderen Staaten befinden sich entweder schon unter Bailout-Überwachung oder aber sind, wie Deutschland, die Niederlande und Österreich, vergleichsweise stabil.

Die Gründe für die Bedenken der Kommission liegen im Wesentlichen bei der zu hohen Verschuldung von Staatshaushalten und privaten Haushalten, in einer in mehreren Staaten zu beobachtenden Immobilienblase und mangelnder Wettbewerbsfähigkeit.

Die EU möchte nun Experten damit befassen, die Lage in den einzelnen Ländern im Detail stärker zu untersuchen. Zugleich müssen sich die Länder verpflichten, Maßnahmen gegen die identifizierten Fehlentwicklungen einzuleiten. Verabsäumen sie dies zweimal, kann die EU-Kommission Sanktionen gegen die Staaten verhängen. Obwohl Rehn bei der Pressekonferenz betonte, dass niemand an den Pranger gestellt werden sollte, kündigte er an, dass die Überprüfung keine theoretische Übung sein werde. Sollten sich die Staaten weigern, die angesprochenen Probleme zu beseitigen, werde es Sanktionen geben.

Diese Ankündigung des neuen „Warnmechanismus“ ist ein weiterer Versuch seitens der EU, die Europäische Union als Wirtschaftsraum weiter zu vereinheitlichen. Wie das konkret durchgesetzt werden kann, ist nicht klar. Das Beispiel Griechenlands hat gezeigt, dass bereits bei der Erhebung von Daten die Wahrheit mitunter auf der Strecke bleiben kann. Vor allem das Thema Wettbewerbsfähigkeit dürfte bei vielen Ländern die Alarmglocken läuten lassen: Bedeutet es doch, dass sich die EU stärker als bisher in die Abläufe der Privatwirtschaft einschalten möchte. Auch hier stellt sich die Frage, wie etwa Vereinbarungen von Sozialpartnern von einer nicht national verankerten Einrichtung außer Kraft gesetzt werden sollen.

Bezeichnenderweise stellt der Mechanismus auf Kontrolle, Drohung und Strafe ab. Solche planwirtschaftlichen Modelle sind im 20. Jahrhundert schon einmal grandios gescheitert. Denn selbst wenn es der EU gelingen sollte, dem privaten Sektor detaillierte Vorschriften zu machen, ist damit nicht gesichert, dass wettbewerbsfähige Produkte hergestellt werden. Solche Produkte entstehen, wenn Innovation, Kreativität und Unternehmergeist eine Volkswirtschaft dynamisch nach vorne bewegen. Bürokratische Überwachungsmechanismen bringen in der Regel nichts anderes hervor als neue Bürokratie und soziale Destabilisierung.

Der Mangel an demokratischer Legitimation und die unzureichende Struktur der EU – keine einheitliche Steuergesetzgebung, unterschiedliche Kulturen in der Arbeitswelt und nicht zu harmonisierende Wertschöpfungsprozesse –können nicht durch einen zentralen Kontrollapparat wettgemacht werden. Hinzu kommen regionale Spannungen innerhalb der einzelnen Nationalstaaten, wie das Problem Spaniens mit seinen autonomen Regionen zeigt.

Daher ist zu erwarten, dass die von Rehn angekündigte „Hilfe“ der EU schneller als gedacht als gefährliche Drohung wahrgenommen wird.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...