Politik

Banken-Strafen werden zur Gefahr für den Dollar

Die von der US-Justiz ausgesprochenen Banken-Strafen werden zur Gefahr für den Dollar. Er könnte seine Rolle als weltweite Leitwährung einbüßen. Denn Firmen und Banken planen, den US-Dollar als Handelswährung zu ersetzen. Sie fürchten sich vor künftigen Zugriffen der US-Behörden.
14.07.2014 16:40
Lesezeit: 3 min

Die Milliardenstrafen gegen europäische Banken sind Experten zufolge ein Pyrrhus-Sieg für die USA. Langfristig unterhöhle der harte Kurs der Justizbehörden die Position des Dollar als Weltleitwährung. In europäischen Regierungs- und Bankenkreisen wird diskutiert, ob man sich nicht freimachen solle von der Gefahr, von der US-Justiz für Dinge belangt zu werden, die nach hiesigem Recht absolut legal sind. Denn das einzige Zugriffsmittel der USA ist die Nutzung des Dollar als Währung bei Geschäften etwa mit Ländern wie Iran, Sudan, Kuba oder Myanmar.

„Das Vorgehen der USA ist ein Katalysator, der den Status des Dollar schneller als gedacht unter Druck setzt“, sagt Folker Hellmeyer, Chef-Analyst der Bremer Landesbank. Die Milliarden aus den Strafzahlungen seien für die USA nur kurzfristig ein lukratives Geschäft. Mittelfristig werde sich der harte Kurs der Behörden zu einem gravierenden Standort-Nachteil entwickeln. „Eine Weltleitwährung muss libertär sein, und dies ist beim Dollar nicht mehr gewährleistet“, betont Hellmeyer.

Die Anwendung von US-Recht auf Geschäfte in und zwischen anderen Staaten beurteilt auch Commerzbank-Analyst Lutz Karpowitz kritisch: „Was im Falle von Iran oder Sudan noch unproblematisch erscheint, würde sicherlich anders wahrgenommen, sollten eines Tages politisch extremere Kräfte in Washington regieren und weniger akzeptierte Sanktionen erlassen.“

In Frankreich löste die Rekordstrafe von knapp neun Milliarden Dollar gegen die BNP Paribas einen Aufschrei der Empörung aus (mehr hier). In Meinungsumfragen und Äußerungen der Regierung in Paris wird die Geldbuße als „anti-französische“ Aktion gebrandmarkt. Denn die EU hatte die Geschäfte mit Sudan, Iran, Kuba und Myanmar nicht unter Strafe gestellt. Der französische Finanzminister Michel Sapin fordert daher eine stärkere Nutzung des Euro zur Abrechnung internationaler Geschäfte. Ähnlich äußern sich europäische Wirtschaftsverbände (mehr hier).

Auch die Bundesbank ist alarmiert. „Wir beobachten das sehr aufmerksam“, sagt Vorstand Andreas Dombret in einem Interview mit dem „Spiegel“. Fast wortgleich äußert sich eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. Ressort-Chef Wolfgang Schäuble habe das Thema auch bei einem Treffen mit seinem US-Kollegen Jacob Lew angesprochen.

Deutschen Geldhäusern drohen ebenfalls hohe US-Strafen. Laut Insidern wird die Commerzbank voraussichtlich bis zu 600 Millionen Euro zahlen müssen (mehr hier). Dem „Spiegel“ zufolge geht es bei der Deutschen Bank um eine ähnliche Summe. Auch wenn dies in Deutschland nicht so lautstark und national aufgeheizt diskutiert wird wie in Frankreich - den Vorwurf, dass die Amerikaner ihr nationales Recht einfach extra-territorial auch auf alle Drittgeschäfte in der Welt ausdehnen, die in Dollar abgewickelt werden, gibt es auch in der Bundesregierung.

Die US-Behörden ermitteln außerdem gegen die italienische UniCredit sowie die französischen Institute Credit Agricole und Societe Generale. Dem US-Bezirksstaatsanwalt Cyrus Vance zufolge zahlten ausländische Banken in den vergangenen Jahren mehr als zwölf Milliarden Dollar als Strafe für Sanktionsverstöße.

Der Thron der Weltleitwährung wackelt aber nicht allein wegen des harten Kurses der US-Justiz, sondern auch durch den Aufstieg von Schwellenländern wie China und deren wachsende Bedeutung für die Weltwirtschaft. Am Rande der Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach China erhielt der Börsenplatz Frankfurt das Recht, Geschäfte im Volumen von bis zu 80 Milliarden Yuan (9,5 Milliarden Euro) abzuwickeln. „Zum Teil ersetzt dies Geschäfte, die bisher in Euro abgewickelt wurden. Aber auch Geschäfte in Dollar werden ersetzt“, sagt ein hochrangiger Banker. Und China hat ähnliche Handelsvolumen bereits etwa Frankreich, Großbritannien, Luxemburg oder Südkorea zugestanden. Die Bedeutung des Yuan als Handelswährung steigt also.

Auch der Euro gilt als Kronprinz. Der ehemalige US-Notenbankchef Alan Greenspan orakelte schon 2007, die europäische Gemeinschaftswährung werde den Dollar als Weltreservewährung ablösen oder zumindest gleichrangig sein. Sieben Jahre und eine europäische Schuldenkrise später mehren sich aber die skeptischen Stimmen. „Viele private Investoren weltweit sehen den Euro als weniger sicher als den Dollar an, weil es eine Zentralbank, aber 18 nationale Finanzpolitiken gibt“, betont ein hochrangiger Banker in Frankfurt. Außerdem schrecke sie der Schuldenschnitt für Griechenland ab. „Es gibt keine Garantie, dass sich dies im Krisenfall nicht wiederholen würde.“ In den USA könne man dagegen sicher sein, dass es nicht so weit kommen werde.

Auch der haushaltspolitische Sprecher der Union, Norbert Barthle, warnt vor falschen Erwartungen: „Der Dollar ist und bleibt die auf den Weltmärkten dominante Leitwährung“, betont er. Dies lässt sich auch an Zahlen des Internationalen Währungsfonds (IWF) ablesen: Die Notenbanken der Welt halten ungefähr ein Viertel ihrer Devisenreserven in Euro. Unangefochtener Spitzenreiters ist der Dollar mit einem Anteil von gut 60 Prozent. An der Gewichtsverteilung hat sich dieser Statistik zufolge in den vergangenen zwölf Monaten kaum etwas verändert. Der chinesische Yuan taucht hier nicht gesondert auf, weil er bislang nicht frei handelbar ist.

Vielleicht aber zeichnet sich auch ein dritter Weg ab: „Es gibt eine Tendenz zu einer Korbwährung“, sagt Volkswirt Hellmeyer von der Bremer Landesbank. Diese berechne sich aus den Kursen der von Euro, Dollar, Yen & Co. sowie dem Goldpreis - abhängig vom jeweiligen Anteil am weltweiten Handel. Das Ganze könne aber nur funktionieren, wenn ausgeschlossen werde, dass sich Unternehmen bei der Abrechnungen von Geschäften dem US-Recht unterworfen seien, betont Hellmeyer.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Technologie
Technologie Cybersicherheit KMU: So schützen Sie Ihr Unternehmen vor Cyberangriffen
31.01.2025

Cyberangriffe treffen den Mittelstand zunehmend und stellen eine erhebliche Gefahr dar. Viele mittelständische Unternehmen unterschätzen...

DWN
Politik
Politik Nach Bundestagsabstimmung: Proteste und Besetzung von CDU-Geschäftsstelle
31.01.2025

Nachdem die AfD im Bundestag einem Unions-Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik zum Erfolg verholfen hat, gibt es bundesweit...

DWN
Politik
Politik Migrationsstreit im Bundestag: SPD hält sich Gang vor das Verfassungsgericht offen
31.01.2025

Der Migrationsdebatte spaltet den Bundestag. Am Freitag könnte die CDU mit ihrem "Zustrombegrenzungsgesetz" mit Unterstützung der AfD,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mittelstand: Sprachbarriere Englisch - Deutsche Unternehmen verlieren den Anschluss
31.01.2025

Ohne eine gemeinsame Sprache kann man nicht zusammenarbeiten. Deren Fehlen wird rasch zum Problem, wenn Unternehmen grenzüberschreitend...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EZB senkt Zinsen: Was das für Sparer und Hausbauer bedeutet
30.01.2025

Bereits zum fünften Mal in Folge hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen für den Euroraum gesenkt. Grund sind schlechte...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Moderna-Impfstoff: EU-Kommission unterzeichnet Vertrag über Coronavirus-Impfstoffe
30.01.2025

Die Covid-19-Pandemie beschäftigt weiterhin die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen: Die EU-Kommission hat...

DWN
Politik
Politik CDU: Umfrage zur Bundestagswahl sieht Union mit leichtem Verlust
30.01.2025

Die CDU hat laut INSA-Umfrage mit ihrem Vorstoß zu einer restriktiveren Migrationspolitik die Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite -...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Wirtschaft schrumpft weiter: Keine Entspannung trotz steigendem Privatkonsum
30.01.2025

Die deutsche Wirtschaft verliert weiter im internationalen Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit. Auch im vierten Quartal 2024 sank das...