Gemischtes

Rassismus in Bayern: Pfarrer gibt nach Mord-Drohungen auf

Ein Pfarrer verlässt seine oberbayrische Gemeinde, weil er Morddrohungen von einheimischen Rassisten erhielt. Auch die lokalen CSU-Politiker beleidigten den Pfarrer, der sich für Flüchtlinge engagierte.
08.03.2016 12:09
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Zornedings schwarzer Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende ist wegen rassistischer Äußerungen abgetreten – und wegen fünf Mord-Drohungen gegen sich. Ausgangspunkt der Hetze war ausgerechnet die CSU. Der aus dem Kongo stammende Ndjimbi-Tshiende stand seit 2012 an der Spitze der katholischen Gemeinde des bei München gelegenen 9.000 Einwohner zählende Zorneding.

Am Wochenende hatte der Pfarrer im Gottesdienst mitgeteilt, dass er den Dienst quittieren und Zorneding zum 1. April verlassen werde. Laut der Süddeutschen Zeitung waren Postkarten mit der Aufschrift „Ab mit Dir nach Auschwitz“ oder die offene Morddrohung, „Nach der Vorabendmesse bist du fällig“, der Auslöser.

Die Polizei nahm inzwischen die Ermittlungen auf. Neben den Vorwürfen der Volksverhetzung und Beleidigung wird gerade geklärt, welche Straftatbestände noch im Raum stehen.

Der Rücktritt des Zornedinger Pfarrers hat am Montag auch in der CSU-Parteizentrale einige aufgeschreckt. Bei den Christsozialen hatten sie geglaubt, der Skandal sei nach den Geschehnissen vom vergangenen Herbst ausgestanden. Diese hatten der Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden des CSU-Ortsverbandes den Posten gekostet. Die Chefin des mächtigen CSU-Bezirks Oberbayern, Ilse Aigner, hatte sich damals selbst eingeschaltet.

Doch ausgestanden ist der Skandal für die Christsozialen keineswegs, wie auch die Erklärung des Erzbistums zeigt. Das Erzbistum von Kardinal Reinhard Marx schreibt sehr offen, dass mit den Ereignissen vom vergangenen Herbst alles begonnen habe – seither sei der Priester „rassistischen Beschimpfungen ausgesetzt und hatte Mord-Drohungen erhalten“.

Den Anfang machte im Oktober die CSU-Ortsvorsitzende Sylvia Boher, als sie die Kritik von CSU-Chef Horst Seehofer an der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im örtlichen Parteiblatt drastisch verschärfte: „Bayern wird in diesen Tagen überrannt“, schrieb sie und sprach von einer „Invasion“. Dazu polemisierte sie gegen Merkel als „FDJ-Funktionärin“.

Ndjimbi-Tshiende äußerte damals Kritik an der CSU-Frau. Auch der Pfarrgemeinderat protestierte in einem offenen Brief gegen die „braune Gedankenwelt“ der Orts-CSU und forderte die Christsozialen auf, aus dem Logo des Parteiblatts die dort zur CSU-Werbung benutzten Kirchtürme zu entfernen.

Der Widerstand aus den Reihen der Kirche scheint in der Zornedinger CSU für so heftige Verärgerung geführt zu haben, dass die letzten Hemmungen fielen. Jedenfalls sagte der stellvertretende Ortsvorsitzende laut Münchner Merkur damals, Pfarrer Ndjimbi-Tshiende müsse aufpassen, dass ihm der Altpfarrer „nicht mit dem nackerten Arsch ins Gesicht springt, unserem Neger.“

Nach dieser offen rassistischen Bemerkung musste der Mann den Hut nehmen, seine Chefin Boher ebenso. Doch mit den Rücktritten der beiden CSU-Kommunalpolitiker war die Angelegenheit nicht erledigt, im Gegenteil. Womöglich bestärkt durch die Äußerungen der ehemaligen CSU-Ortsvereinsspitze häuften sich nun die Mord-Drohungen gegen den Pfarrer – bis dieser jetzt die Konsequenzen zog.

Der Pfarrer hat die Kirchengemeinde bereits verlassen und habe um seine sofortige Beurlaubung gebeten, teilte ein Sprecher des Erzbischöflichen Ordinariats am Dienstag in München mit: „Er ist weg.“

Die Kirchenleitung rechnet nicht damit, dass eine Online-Petition den katholischen Priester umstimmen kann. Bis Dienstagvormittag hatten bereits mehr als 40.000 Menschen die Aufforderung „Unser Pfarrer soll in Zorneding bleiben“ unterschrieben. „Es war eine persönliche Entscheidung“, sagte der Bistumssprecher über den Schritt des Pastors. Kardinal Reinhard Marx habe dies akzeptiert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Technologie
Technologie Erkennen Sie schnell instabile Li-Ion-Batterien

Brady Corporation bietet eine neue, kostengünstigere Lösung an, um instabile Li-Ion-Batterien im Lager schnell und einfach zu erkennen....

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt E-Scooter: „Die letzte Meile der Mobilität braucht Liebe“ – Egret-Gründer über urbane Elektromobilität und Innovation
24.01.2025

Von der Boygroup auf die Bühne der Elektromobilität: Florian Walberg kämpfte in Brüssel für die Legalisierung von E-Scootern, baute in...

DWN
Politik
Politik Trumps harter Migrationskurs: Abschiebungen verschärft, Grenzen dicht gemacht
24.01.2025

Im Wahlkampf wetterte Donald Trump fast bei jedem Auftritt gegen Migranten. Nun führt er die neue US-Regierung – und diese zeigt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Weltwirtschaftsforum in Davos beendet: Wie Trump das WEF-Treffen dominierte
24.01.2025

Beim Weltwirtschaftsforum geht es eigentlich darum, die Welt mit mehr Handel und Kooperation zusammenzuführen. Doch das Treffen der...

DWN
Politik
Politik Merz drängt auf Asylwende: "Werden diese Anträge einbringen, unabhängig davon, wer ihnen zustimmt“
24.01.2025

CDU-Kanzlerkandidat Merz will eine Kehrtwende in der Asylpolitik und dafür Anträge zur Eindämmung der illegalen Migration im Bundestag...

DWN
Technologie
Technologie Energieimport Deutschland: 80 Milliarden Euro für fossile Brennstoffe!
24.01.2025

Energieimport Deutschland: Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen kostet das Land astronomische Summen, während gleichzeitig die...

DWN
Politik
Politik Wen soll ich wählen 2025? Die Folgen der tödlichen Messerattacke in Aschaffenburg
24.01.2025

Wen soll ich wählen bei der Bundestagswahl 2025? Diese Frage stellen sich gerade Millionen Deutsche. Einige wissen die Antwort bereits,...

DWN
Finanzen
Finanzen Erben und Vererben - steuerliche Aspekte im Überblick
24.01.2025

Erbschaften und Schenkungen sind in Deutschland nicht nur mit emotionalen, sondern auch mit steuerlichen Herausforderungen verbunden....

DWN
Politik
Politik Trump gibt Selenskyj Kriegsmitschuld: "Hätte das nicht tun müssen"
24.01.2025

Für Donald Trump liegt die Verantwortung für die Eskalation des Ukraine-Kriegs auch beim ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj....