Finanzen

Investor: Wegen US-Staatsschulden Rettungsboote startklar machen

Die Verschuldung der USA ist im Jahr 2015 auf einen neuen Rekordwert gestiegen, der das Wachstum des amerikanischen Marktes erheblich drücken kann. Investoren sollten daher mit mehr Vorsicht agieren und eine defensivere Anlage-Strategie ihrer Portfolios in Betracht ziehen.
14.06.2016 01:25
Lesezeit: 3 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Matthias Hoppe, Senior Vice President und Portfoliomanager der Franklin Diversified Fonds, liefert eine interessante Analyse über die Verschuldung der USA und ihre Folgen für die Weltwirtschaft:

Wenn Alexander Hamilton noch leben würde, wäre er wahrscheinlich bestürzt, welch enorme Schuldenlast sein Land in den Jahren seit seinem Tod aufgehäuft hat.

Was im Jahr 1789 mit lediglich 19.608,81 Dollar begann (ein Kredit, den Hamilton selbst als erster US-Finanzminister aufnahm), ist inzwischen auf monumentale 19 Billionen Dollar angewachsen; ausgeschrieben bedeutet das 19.000.000.000.000 Dollar – 58.000 Dollar für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind in den USA.

„Staatsverschuldung wird für uns, wenn sie nicht exzessiv ist, ein nationaler Segen sein.“

Alexander Hamilton (1755–1804), Gründungsvater und erster Finanzminister der USA, zitiert in „Our History“, einer Publikation des US-Finanzministeriums.

Ein Bild kann vielleicht dabei helfen, besser zu verstehen, wie riesig diese Last ist: Wenn man 19 Billionen Dollar sauber in 1-Dollar-Scheinen aufeinander legen würde, würde sich ein Stapel mit einer Höhe von 2.075.175 Kilometern ergeben – sechsmal die Entfernung von der Erde zum Mond.

Und wenn Hamilton diese Entwicklung noch nicht schrecklich genug finden würde, gehen Ökonomen oft noch weiter und führen sein obiges Zitat als Rechtfertigung für die Schuldenschwemme von heute an (wobei sie anscheinend die Einschränkung „nicht exzessiv“ bewusst außer Acht lassen).

US-Verschuldung ist auf neuem Höhepunkt

Das Verhältnis der Schulden außerhalb des US-Finanzsektors (also von Haushalten, Unternehmen sowie Regierungen auf Bundes- und Bundesstaatenebene) zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der USA ist 2015 auf den Rekordwert von 248 Prozent gestiegen, nach dem vorigen Rekord von 245 Prozent im Jahr 2009. Die Gesamtschulden einschließlich des Finanzsektors nahmen im vergangenen Jahr um rund 2 Billionen Dollar zu und damit 1,4 Billionen Dollar stärker als das nominale BIP.

Damit stand das Verhältnis von Gesamtschulden zu BIP Ende 2015 bei 370 Prozent und somit deutlich über dem Niveau von 250–300 Prozent, ab dem Wirtschaftsforscher üblicherweise davon ausgehen, dass Schulden die Produktivität nicht mehr erhöhen, sondern drücken.

Ebenfalls bedenklich: Wie der Ökonom Van R. Hoisington vor kurzem schrieb, waren in den 45 Jahren bis zum Jahr 2000 ungefähr 1,70 Dollar an Schulden erforderlich, um in den USA 1 Dollar an BIP zu generieren. Seit dem neuen Jahrtausend aber wurden für 1 Dollar BIP durchschnittlich 3,30 Dollar Schulden gebraucht. Diese Zunahme zeigt: Amerikanische Bürger (und Unternehmen) machen in ihren kollektiven Bilanzen zwar weiterhin fast alles zu Schulden, was sich irgendwie dafür eignet, doch die Rendite jedes geliehenen Dollars nimmt rapide ab.

Ohne Frage ist diese enorme Last – mit der sowohl die USA als auch die Industrieländer weltweit zu tun haben – ein erhebliches Problem. Schulden haben nicht nur einen Einfluss auf die BIP-Entwicklung, sondern auch auf die Fundamentaldaten von Unternehmen. Ich gehe davon aus, dass dieser Belastungsfaktor bestehen bleiben wird.

Zur Erinnerung: Schulden bedeuten gewissermaßen eine Vorziehung zukünftiger Ausgaben. Was also ist für die Ausgaben der Zukunft zu erwarten?

Riskante Anlagen sollte wegen schwächelnder US-Konjunktur vermieden werden

Das wichtigste Ergebnis meiner Analysen (und auch meines Instinktes) lautet, dass die Aussichten für das Wachstum in den USA nicht unbedingt rosig sind. Zu der Belastung durch Verschuldung/schlechtere Fundamentaldaten kommen weitere wenig ermutigende Faktoren hinzu. Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass Anleger ihre Portfolios entsprechend positionieren sollten.

Alle Anlagen sind mit Risiken behaftet, einschließlich des möglichen Verlusts des angelegten Kapitals. Der Wert von Anlagen kann fallen oder steigen, und Anleger erhalten möglicherweise nicht den vollen Anlagebetrag zurück. Aktienkurse schwanken mitunter rasch und heftig. Das kann an Faktoren liegen, die einzelne Unternehmen, Branchen oder Sektoren betreffen, oder an den allgemeinen Marktbedingungen.

Unsere Strategie bei Aktien war zuletzt weitgehend defensiv. Wir haben mit Taktiken gearbeitet, die eine Erhöhung der Gesamtrendite für den Fall versprachen, dass die Märkte stark nachgeben; gleichzeitig haben wir an Beta-Positionen festgehalten, um bei einer Rally dabei zu sein. Beta ist eine Kennzahl für das Ausmaß der historischen Kursschwankungen eines Portfolios im Verhältnis zu den Schwankungen des Gesamtmarktes (oder eines passenden Marktindex). Der Markt (oder Index) bekommt einen Beta-Wert von 1,00. In einem Portfolio mit einem Beta von 1,20 sind die Kurse also um 12 Prozent gestiegen oder gefallen, wenn es am Gesamtmarkt eine Bewegung um 10 Prozent gegeben hat.Wir schlagen nicht vor, am US-amerikanischen, japanischen und europäischen Aktienmarkt von Bord zu gehen. Aus Vorsichtsgründen empfiehlt es sich aber, die Rettungsboote zu untersuchen und das Hauptsegel zu bergen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen verstärken Investitionen in Mittel- und Osteuropa
05.02.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass immer mehr deutsche Unternehmen überlegen, ihre Produktion nach Mittel- und Osteuropa zu verlagern....

DWN
Politik
Politik Heizungsgesetz: CDU will es abschaffen – was wären die Folgen?
05.02.2025

Heizungsgesetz CDU? Was viele nicht wissen: Das heiß diskutierte und viel gehasste „Heizungsgesetz“ stammt ursprünglich von der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China kündigt Gegenmaßnahmen auf US-Zölle an - so könnte die EU reagieren
04.02.2025

Während Mexiko und Kanada mit US-Präsident Donald Trump eine Vereinbarung zur vorübergehenden Aussetzung von Zöllen erzielten, kam es...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Spotify: Musikstreaming-Anbieter legt starke Zahlen vor - Aktie im Aufwind
04.02.2025

Spotify hat für das vierte Quartal im letzten Jahr starke Zahlen vorgelegt und kann immer mehr Nutzer von seinem Angebot überzeugen -...

DWN
Immobilien
Immobilien Anmeldung einer Wohnung: Die Krux des Meldewesens und wie Vermieter am Immobilienmarkt herumtricksen
04.02.2025

Es gibt eine neue Initiative namens „Anmeldung für alle“, die das polizeiliche Meldewesen als letzte Hürde des ungebremsten Zuzugs,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rheinmetall-Aktie nach Großauftrag mit Auf und Ab an der Börse
04.02.2025

Die Bundeswehr beschert dem Rüstungskonzern Rheinmetall einen Großauftrag in Milliardenhöhe. An der Börse ist mächtig Bewegung drin....

DWN
Politik
Politik Erste Wahlumfragen nach Migrationsdebatte: So schneidet die CDU/CSU ab
04.02.2025

Die CDU/CSU ist mit der gemeinsamen Abstimmung mit der AfD im Bundestag hohes Risiko gefahren. Doch wie macht sich das in der Wählergunst...

DWN
Finanzen
Finanzen Wall-Street-Analyse: Börsenprofis ziehen Parallelen zum Platzen der Dotcom-Blase
04.02.2025

Das effizientere KI-Modell des chinesischen Start-ups DeepSeek hat vergangene Woche hoch bewertete KI- und Technologieaktien erschüttert....