Deutschland

SPD vermietete Politiker an Unternehmen und Lobbyisten

Lesezeit: 2 min
24.11.2016 02:32
Eine Agentur der SPD hat gegen Bezahlung Termine zwischen SPD-Ministern und Unternehmen sowie Lobbyisten organisiert. Betroffen sind die Minister Maas und Nahles, die von der Praxis nichts gewusst haben wollen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  

Eine Kommunikationsagentur des SPD-Parteimagazins Vorwärts vermarktet Gespräche von Unternehmen und Lobbygruppen mit SPD-Spitzenpolitikern. Die Agentur NWMD wies am Dienstag aber den Verdacht einer verdeckten Parteienfinanzierung zurück. Es gebe Auftritte von SPD-Politikern bei der „Vorwärts-Gesprächsreihe“, die von Sponsoren unterstützt werden, bestätigte NWMD einen Bericht des ZDF-Magazins Frontal 21.

Frontal 21 berichtete, Unternehmen und Lobbygruppen könnten für 3.000 bis 7.000 Euro Treffen mit Ministern, Staatssekretären und Funktionären der Sozialdemokraten buchen. Organisiert würden solche Gespräche mit den Politikern über die Network Media GmbH (NWMD). Strafrechtler äußern laut Frontal 21 den Verdacht des Verstoßes gegen das Parteienrecht. Mit dieser Art Sponsoring werde die Parteienfinanzierung umgangen.

Aus der Bundestagsverwaltung verlautete dagegen, der Sachverhalt erinnere an die 2010 bekannt gewordenen Vorwärts-Veranstaltungen (Kaminabende). Damals wie heute gelte, dass nach geltendem Recht Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Finanzierungsregeln des Parteiengesetzes nicht zu erkennen seien. Parteien sei nach dem Parteiengesetz die Gründung von Gesellschaften, juristischen Personen und Unternehmen ebenso erlaubt wie eine Beteiligung daran. Die Rechenschaftspflicht der politischen Parteien über ihre Finanzen erstrecke sich nicht auf das Zahlenwerk solcher eigenständigen Gesellschaften.

Das Parteiengesetz regelt, wie sich Parteien finanzieren und in welcher Höhe sie staatliche Mittel als Teilfinanzierung erhalten. Die jährlichen Rechenschaftsberichte geben Aufschluss über Einnahmen und Ausgaben und werden vom Bundestagspräsidenten geprüft.

In der CDU-Parteizentrale hieß es, bei der Praxis stehe der Verdacht im Raum, dass die SPD gegen das Parteiengesetz verstoßen habe. „Deshalb sind Herr Gabriel und Frau Barley aufgefordert, den Sachverhalt zügig und lückenlos aufzuklären.“ In der CDU-Bundesgeschäftsstelle gebe es keine entsprechende Praxis.

Teilgenommen an den Gesprächen hätten laut Frontal 21 unter anderem Justizminister Heiko Maas, Arbeitsministerin Andrea Nahles, Umweltministerin Barbara Hendricks, Familienministerin Manuela Schwesig, Fraktionschef Thomas Oppermann und Generalsekretärin Katarina Barley. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte laut Frontal-21, er wisse nichts von solchen Gesprächen. Er habe nie daran teilgenommen.

In dem Bericht wird die Agentur mit den Worten zitiert, weder der Vorwärts noch NWMD verkauften Gesprächstermine mit Entscheidern gegen Geld. NWMD versuche, Partner zu finden, die jene Kosten tragen, die mit einer solchen Veranstaltung verbunden seien.

Dass Agenturen Gespräche und Auftritte von Spitzenpolitikern gegen Geld vermitteln, ist in Berlin nicht ungewöhnlich. Justizminister Maas hat laut Frontal 21 zuletzt im Oktober am Vorwärts-Gespräch teilgenommen. Sponsor des Treffens zum Thema „Datenschutz in der digitalen Welt“ sei die Bank ING-DiBa gewesen.

Am Mittwoch teilte der SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan mit: „Vorwärts-Gespräche - ob mit oder ohne Sponsoring - wird es in Zukunft nicht mehr geben (…) Außerdem werden wir eine interne Untersuchung des Sachverhalts vornehmen.“

Die betreffenden Minister - Maas (SPD) und Nahles - hätten nicht gewusst, wie die Gespräche vermittelt worden seien. „Weder wurden sie über Details etwaiger Absprachen zwischen Sponsoren und der Agentur ins Bild gesetzt noch war ihnen die Höhe etwaiger Zahlungen bekannt“, meint Nietan.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kosten senken, Zukunft sichern: Wie Unternehmen ihre Energienutzung diversifizieren
28.09.2024

Die Energiepreise steigen, und Nachhaltigkeitsanforderungen werden strenger. Unternehmen brauchen neue Strategien – ein Mix aus...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Verschärfte Grenzkontrollen kosten die deutsche Wirtschaft Milliarden
28.09.2024

Die aktuell eingeführten verschärften Grenzkontrollen können, auch wenn sie temporär sind, der deutschen Wirtschaft massiv schaden, so...

DWN
Panorama
Panorama Experten: Klimawandel ist große Gesundheitsgefahr
28.09.2024

Beim 14. Extremwetterkongress in Hamburg warnten Experten vor den Folgen des Klimawandels. 2023 war das bisher wärmste Jahr, und 2024...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unternehmer-Initiative: Deutschland schmiert ab, wir müssen handeln!
27.09.2024

Deutschlands Unternehmer haben die Nase voll, vom Stillstand, vom Niedergang. Sie wollen von der Politik nicht noch tiefer in die Krise...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Überstunden abgelten: Was ist im Arbeitsvertrag zulässig, was nicht? – Fachanwalt Jens Usebach klärt auf
27.09.2024

Die Abgeltung von Überstunden ist ein häufiges Streitfeld zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Autokrise erwischt Scheinwerfer-Hersteller Hella - Aktie unter Druck
27.09.2024

Die schwierige Lage der Autoindustrie kommt auch bei Scheinwerfer-Hersteller Hella an. Seit Mitte des Jahres verschlechterten sich die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Nato: Lukaschenko droht mit Atomwaffen und drittem Weltkrieg
27.09.2024

Der Machthaber der Ex-Sowjetrepublik Belarus, Alexander Lukaschenko, hat der Nato Angriffspläne auf sein Land unterstellt und mit dem...

DWN
Politik
Politik Hendrik Streeck: Corona-Doktor will für die CDU in den Bundestag
27.09.2024

Die Pandemie hat Biografien verändert. Auch die des Virologen Streeck, der nicht immer unumstritten war. Nun hat er ein Buch geschrieben -...