Für US-Präsident Donald Trump geht es in diesen Tagen um das wichtigste Projekt seiner Amtszeit: um die große Steuerreform.
Donald Trump trifft sich dieser Tage mit einigen Senatoren der eigenen Partei, um die Zustimmung dafür zu erhalten, dass die geplante Steuerreform bis spätestens Ende Dezember im Kongress unter Dach und Fach gebracht wird. Die Verhandlungen über die Einzelheiten sind in den letzten Zügen. Wenn sich die Reform tatsächlich realisieren lässt, bedeutete dies einen enormen Triumpf für Trump – persönlich wie auch für die republikanische Partei. Setzt der Präsident die Sache in den Sand, könnte die Ära Trump schon zum jetzigen Zeitpunkt als gescheitert bezeichnet werden.
Das Vorhaben trägt radikale Züge. Vorgesehen ist eine umfassende Vereinfachung des komplexen US-Steuersystems, was eine immense Entlastung für die amerikanische Mittelklasse und die Betriebe des Landes bedeuten würde. In erster Linie will Trump die Steuersätze für Unternehmen von derzeit 35 Prozent auf etwa 20 Prozent reduzieren. Für die Bürger soll es gleichzeitig niedrigere Steuersätze und höhere Freibeträge geben. Die neue Regelung wird sich auf nur noch drei Steuersätze beschränken: 12, 25 und 35 Prozent. Experten schätzen die Kosten für Trumps Steuerreform auf wenigstens zwei Billionen US-Dollar, die sich auf die nächsten zehn Jahre verteilen.
Trump bezweckt mit der Reform eine Verringerung des Handelsbilanzdefizits und eine Stärkung der heimischen Industrie – „Make America great again“ heißt die Devise. Aber so einfach dürfte das nicht werden. Das Problem: Der aktuelle Maximalsteuersatz von 35 Prozent ist im Grunde nur ein theoretischer Wert. Zahlreiche Gesellschaften zahlen dank diverser Winkelzüge und Sonderregeln praktisch heute schon sehr viel weniger. Darüber hinaus ist keinesfalls klar, ob die großen US-Konzerne wie Microsoft, Google oder Apple das im Ausland geparkte Geld überhaupt in Arbeitsplätze innerhalb der Vereinigten Staaten investieren würden. Nach Medienberichten seien lediglich 12,5 Prozent der Unternehmen bereit dafür, ihre Kapitalreserven zur Aufstockung der Zahl der Mitarbeiter zu verwenden.
Donald Trump selbst ist von dem Mammut-Projekt überzeugt. Mehr noch, er preist die Maßnahme als radikalste Reform in der Geschichte der USA. Sie soll sogar Ronald Reagans Steuerreform von 1986 in den Schatten stellen. Bringen soll sie ein höheres Wirtschaftswachstum und natürlich neue Jobs. Doch ob sich das so einfach in die Wirklichkeit übertragen lässt, daran zweifeln Ökonomen. Bei dem letzten Vorhaben, die Kapitalreserven durch steuerliche Anreize zurück ins Land zu holen, wurden die Gelder von den Unternehmen in erster Linie für Rückkäufe von Aktien verwendet.
Wenn es so käme, würde besonders die Wall Street profitieren. Und genau das scheint die US-Börse bereits jetzt vorwegzunehmen. Der Dow Jones hangelt sich aktuell von einem Höchststand zum nächsten – zu Beginn der Woche wurde die Schwelle von 23.300 Punkten überschritten. Am langen Ende könnte es nach Einschätzung von Volkswirtschaftlern so kommen, dass die Finanzspritze die Aufwertung des US-Dollars zur Folge hätte und auf die Weise die Exportwirtschaft der USA ausbremsen würde. Und damit ginge der Schuss nach hinten los.
Derzeit sind im Hintergrund komplizierte Verhandlungen im Gange, die sich um die Gegenfinanzierung der Steuerreform drehen. Es geht um eine große Anzahl von sehr speziellen Steuervergünstigungen für Privatpersonen und Unternehmen, die gestrichen werden könnten. Nach aktuellem Stand ist relativ unsicher, wer letzten Endes Privilegien einbüßt und wer von dem Vorhaben profitiert. Im Grunde wäre es sinnvoll, dass sich der Präsident in dieser Phase zurückhält.
Der Ökonom James Rickards rechnet nicht damit, dass die Steuerreform noch in diesem Jahr kommen wird. Selbst für das kommende Jahr seien die Aussichten schlecht. Für die Aktienmärkte bedeutet dies, dass es spätestens Ende Dezember, wenn das Vorhaben im Kongress keine Mehrheit findet, eng wird.
„Es wird in diesem Jahr keine Steuerreform mehr geben. Vergessen Sie es. Vielleicht im nächsten Jahr, aber auch das ist unklar. Die Aktienmärkte haben seit dem vergangenen November die Steuerreform bereits vier oder fünf Mal eingepreist. Die Wall Street liebt diese Story. Ein Scheitern der Verhandlungen könnte eine 10-prozentige Korrektur an den Märkten auslösen. Eine Korrektur von etwa 10 Prozent ist nicht das Ende der Welt, aber sie würde viele Investoren wachrütteln. Die Zeit scheint reif dafür zu sein, das Engagement in Aktien zurückzufahren und mehr Bargeld zz halten“, schreibt Rickards in einem Brief an Klienten.