Gemischtes

Daimler will mit Baidu in China Auto der Zukunft bauen

Daimler und Baidu wollen ihre Zusammenarbeit vertiefen, um das Auto der Zukunft zu entwickeln.
26.08.2018 00:46
Lesezeit: 2 min

Daimler und der chinesische Technologie-Riese Baidu haben eine Absichtserklärung unterzeichnet, der zufolge sie gemeinsame Projekte in den Bereichen intelligente Fahrzeugvernetzung sowie autonome Mobilität verstärken wollen. Daimler-Chef Dieter Zetsche sprach von einem „Meilenstein“. Baidu, das nach Google zweitgrößte Suchmaschinen-Unternehmen der Welt, arbeitet schon seit längerem an einem Betriebssystem fürs autonome Fahren.

Bei der intelligenten Fahrzeugvernetzung geht es primär um die Integration von Baidus Konnektivitäts-Services in Mercedes-Benz´ MBUX-Infotainmentsystem, mit dem zunächst die neue A-Klasse von Mercedes ausgestattet werden soll. Dafür wird eine Reihe von Features speziell auf den chinesischen Markt zugeschnitten. Zu diesem Zweck soll ein gemeinsames Projekt gestartet werden, zu dem Daimler derzeit noch keine näheren Angaben machen will, wie eine Unternehmens-Sprecherin den Deutschen Wirtschaftsnachrichten sagte. Im Bereich Fahrzeugvernetzung arbeiten der Stuttgarter Autobauer und Baidu bereits seit 2013 zusammen. Damals begannen die beiden Konzerne mit der gemeinsamen Entwicklung von Ziel- und Sonderziel-Suchen in Navigationssystemen. 2014 war Mercedes der erste Premium-Hersteller, der Baidus Panorama-Karten-Funktion in seine Fahrzeuge integrierte. 2016 führte Mercedes die Fahrzeug-Smartphone-Integrationslösung „Baidu CarLife“ für in China verkaufte Modelle ein.

Im Hinblick auf die Kooperation beim autonomen Fahren wollen die beiden Unternehmen ihre Zusammenarbeit auf Baidus offener Apollo-Plattform verstärken, der Daimler kurz nach ihrer Gründung im Jahr 2017 beitrat, und dessen Ausschuss das Stuttgarter Unternehmen angehört. Insgesamt gehören der Plattform rund 100 Unternehmen an, unter anderem Bosch, Continental und ZF Friedrichshafen; ihr Zweck ist die Entwicklung von neuen Konzepten der autonomen Mobilität. Darüber hinaus führt Daimler derzeit mit zwei vollständig autonomen Exemplaren der Kleinbus-Fahrzeugreihe Mercedes-Benz V-Klasse Testfahrten auf öffentlichen Straßen in Peking durch. Die Fahrzeuge sind mit einem Sensoren-Set ausgestattet, zu dem GSP, Lidar (eine dem Radar verwandte Methode zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung), Radar und Kameras gehören, wobei die Sensoren die Umgebung erfassen und anschließend die dabei gewonnenen Daten interpretieren. Daimler war der erste ausländische Autobauer, dem die chinesischen Behörden die für solche Testfahrten notwendige Erlaubnis erteilten.

Daimlers China-Chef Hubertus Troska spricht von „vielen Besonderheiten, die den chinesischen Markt einmalig machen“. Ein Daimler-Sprecher sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: „Die Rahmenbedingungen im Straßenverkehr in China sind viel komplexer als beispielsweise in Deutschland oder den USA. Die Verkehrsdichte ist höher, die Abstände zwischen voraus- oder nebenherfahrenden Fahrzeugen geringer, und auch das Verhalten beim Spurwechsel oder Abbiegen unterscheidet sich. Es gibt teilweise andere Regeln und Gesetze im Straßenverkehr, insgesamt läuft der Verkehrsfluss ´intuitiver´ ab als in westlichen Ländern. Zudem ist auf die Besonderheit zahlreicher sogenannter ´vulnerable road user´ (VRU, also ungeschützte Verkehrsteilnehmer auf Fahrrädern, Rollern und Mopeds) einzugehen, die auch Teilnehmer im tagtäglichen Straßenverkehr sind.“ All diese speziellen Anforderungen gelte es zu analysieren und in den Systemen abzubilden. Daimler-Sprecherin Katharina Becker sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten in diesem Zusammenhang, dass der Fokus der Tests wie überhaupt der Zusammenarbeit mit Baidu primär der chinesische Markt sei. „Aber die Erkenntnisse fließen auch in unsere weltweite Forschungs- und Entwicklungsarbeit mit ein.“

China ist seit mittlerweile zehn Jahren – 2009 überholte das Reich der Mitte erstmals die USA – der größte Automarkt der Welt. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres wurden dort 13,1 Millionen Neuwagen verkauft. In den USA waren es 9,9 Millionen, in West Europa 9,1 Millionen, in Deutschland 2,16 Millionen. Auch für Daimler ist China der größte Markt – 2017 verkauften die Stuttgarter im Reich der Mitte 587.00 Fahrzeuge, was einem Anteil von fast 25 Prozent am gesamten weltweiten Verkauf des Konzerns entspricht. Der China-Markt ist für den Konzern auch derjenige, der am schnellsten wächst – 2015 betrug das Wachstum circa 32 Prozent, 2016 26 Prozent und 2017 25 Prozent. In absoluten Zahlen waren es 2015 92.000 Fahrzeuge, 2016 99.000 Fahrzeuge und 2017 115.000 Fahrzeuge.

Weitere Meldungen aus dem Tech-Report der DWN finden Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...