Politik

May stößt mit Brexit-Plan an allen Fronten auf Ablehnung

Großbritannien und die EU sind noch weit von einer Einigung über den Austritt entfernt.
11.11.2018 20:01
Lesezeit: 2 min

Die britische Premierministerin Theresa May gerät mit ihren Brexit-Plänen von allen Seiten unter Druck. Europa-skeptische Abgeordnete ihrer eigenen konservativen Partei warnten May am Wochenende vor einer Vereinbarung mit der Europäischen Union in der Frage der Grenze zwischen Nordirland und Irland, die eine Einheit Großbritanniens gefährde. Die "Sunday Times" berichtete, dass vier Brexit-kritische Minister einen Rückzug aus dem Kabinett erwägten. Zudem schrieb das Blatt unter Berufung auf britische Kreise, die EU habe Mays Plan für die Nordirland-Frage zurückgewiesen. Am Freitag hatte schon die mit May verbündete nordirische Partei DUP vor einer Spaltung des Königreichs gewarnt. Von der gegnerischen Labor-Partei darf die Premierministerin bei der wohl noch 2018 anstehenden Brexit-Abstimmung im Parlament keine Unterstützung erwarten, wie deren außenpolitische Sprecherin Emily Thornberry im Sender BBC sagte.

Großbritannien will die EU Ende März 2019 verlassen und verhandelt derzeit mit der EU über die Bedingungen des Austritts. Knackpunkt bei den zähen Gesprächen ist der Grenzverkehr zwischen dem EU-Mitglied Irland und der britischen Provinz Nordirland. Irland lehnt eine harte Grenze ab. Eine offene Grenze auf der irischen Insel gilt als entscheidend für den erfolgreichen Fortbestand des Karfreitagsabkommens, das 1998 den Bürgerkrieg in Nordirland beendete. Die Unterhändler suchen deshalb nach einer Notlösung, die automatisch in Kraft treten soll, falls es bei dem Thema zunächst keine grundsätzliche Einigung gibt. Die Regierung in London will eine solche Notlösung befristen, was die EU ablehnt. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sagte im französischen Rundfunk, die Verhandlungen seien zäh, aber es gebe langsam Fortschritte.

"Wenn die Regierung den historischen Fehler macht, lieber die EU zu besänftigen als ein unabhängiges und einheitliches Großbritannien zu schaffen, müssen wir gegen den Deal stimmen", sagte der konservative Abgeordnete Steve Baker, einer der führenden Euroskeptiker, der Zeitung "Sunday Telegraph". Die "Sunday Times" zitierte einen Minister mit den Worten, jetzt sei der Zeitpunkt, an dem May der EU klarmachen müsse, dass die Gemeinschaft Kompromisse eingehen müsse oder aber Großbritannien die EU ohne einen geregelten Austrittsvertrag verlasse.

VEREINZELTE UNTERSTÜTZUNG

Premierministerin May erhielt zwar auch Unterstützung - etwa von der Fraktionsvorsitzenden der Konservativen im Unterhaus, Andrea Leadsom. Sie sei optimistisch, dass es eine Vereinbarung mit der EU geben werde. Auch der britische Bildungsminister Damian Hinds sagte, er sei zuversichtlich, dass es einen Deal mit der EU geben werde, den das Parlament unterstützen könne. Doch May kann den wachsenden Widerstand in den eigenen Reihen nicht ignorieren, nachdem der britische Staatssekretär für Verkehr, Jo Johnson, sein Amt am Freitag aus Protest gegen die Brexit-Strategie niedergelegt hat und auch die DUH mit Rebellion wegen der Nordirland-Frage droht.

Die Abstimmung im britischen Parlament über den Brexit könnte noch in diesem Jahr stattfinden, wenn es eine Einigung mit der EU gibt. Ohne eine Vereibarung mit der EU droht ein ungeregelter Brexit, der den Handel zwischen Europa und Großbritannien beeinträchtigen könnte. Die Konservativen kommen im Unterhaus auf 315 Sitze, für eine Mehrheit sind aber 320 Stimmen nötig. Der DUP gehören zehn Abgeordnete an, deshalb ist deren Unterstützung wichtig.

Unterdessen haben britische Kabinettsmitglieder einem Bericht der Zeitung "The Sun" zufolge May einen Plan B für den Fall eines ungeregelten Brexit vorgeschlagen. Er könnte zum Tragen kommen, wenn Mays Plan für einen EU-Ausstieg im Parlament scheitere und der Regierung zwei Jahre mehr Zeit für Verhandlungen geben. Die namentlich ungenannten Minister regen demnach an, dass Großbritannien bis 2021 weiterhin EU-Mitgliedsbeiträge zahlen und die Regeln des Blocks befolgen könnte, um schwere Folgen eines harten Brexit abzuwenden. Großbritannien könnte dann zwei Jahre lang mit Brüssel als "Drittland" verhandeln, was es einfacher mache, sich auf ein neues Freihandelsabkommen zu einigen und zu vermeiden, dass die volle Scheidungsrechnung über 38 Milliarden Pfund fällig werde. May habe den Plan jedoch als derzeit nicht benötigt bezeichnet.

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