Griechenland und die Türkei befinden sich an der Schwelle zu einem bewaffneten Konflikt. Doch eine kriegerische Auseinandersetzung würde sich wirtschaftlich und politisch zum Nachteil beider Länder auswirken. Am Ende würden sich die internationalen großen Öl- und Gaskonzerne die Ressourcen im östlichen Mittelmeer aneignen, aber den Preis als Stellvertreter müssten Türken und Griechen zahlen.
Eine Lösung zwischen beiden Ländern ist möglich. Aber dafür müssen sich Ankara und Athen direkt in Verbindung setzen. Sollte die Idee einer türkisch-griechischen Föderation umgesetzt werden, wären alle Probleme zwischen beiden Ländern gelöst.
Die griechische Zeitung Eleftherotypia hatte 2011 im Verlauf der Griechenland-Krise einen Bericht über die Beziehungen zwischen der Türkei und Griechenland veröffentlicht. Das Blatt wollte erörtern, wie die Griechen auf die Bildung einer Föderation zwischen der Türkei und Griechenland schauen. Die Idee der Bildung einer Föderation geht zurück auf den griechisch-kanadischen Historiker Dimitri Kitsikis, der auch in der Türkei bekannt ist. Diese Idee wird auch oftmals als „Heleno-Turkismus“ umschrieben.
Der türkisch-griechische Journalist Stelio Berberakis hat die Befunde von Eleftherotypia zusammengefasst.
Der griechische Philosoph Stelios Ramfos meint: „Als in Griechenland die Krise losbrach, habe ich in meinem Bekanntenkreis nachgefragt, zu welchem Land sie politisch und wirtschaftlich Ausschau halten würden. Der Großteil sprach sich klar für die Türkei aus. Die Griechen und Türken sind Völker des Ostens. Der Ausspruch „una faccia, una razza“ gilt insbesondere für Türken und Griechen.“
Der Autor Christoforos Kasdaglis wörtlich: „Die Türkei ist für Griechenland eigentlich der ideale Nachbar. Obwohl die Türken uns in der Historie erobert haben, eine andere Religion haben, gewieft und bevölkerungsreicher sind, haben sie uns auch immer wieder geholfen. Wir befinden uns in der Ägäis in Bezug auf das Erdgas in Konkurrenz. Weil in der Türkei das Bevölkerungswachstum voranschreitet, erhalten in Griechenland Familien Kinderprämien.“
Der griechisch-türkische Historiker Vangelis Kechriotis, der mittlerweile verstorben ist, sagt: „Obwohl die Idee einer türkisch-griechischen Föderation den Anschein der Romantik erweckt, wäre dies die einzige Alternative, um eine Kraft im östlichen Mittelmeer und auf dem Balkan zu schaffen. Eine derartige Föderation würde die Probleme in der Ägäis und auf Zypern überflüssig machen.“
Der griechische Turkologe Yannis Mazis sagt, dass der griechische Offizier und Putschist von 1967, Georgios Papadopoulos, ein vehementer Unterstützer einer türkisch-griechischen Föderation gewesen ist. In einem Interview mit der Zeitung Milliyet vom 29. Mai 1971 sagte Papadopoulos, dass er ein Verfechter der Wiederbelebung der türkisch-griechischen Freundschaft sei. Das geht aus dem Buch „The New Ottoman Greece in History and Friction“ von Trine Stauning Willert hervor. Papadopoulos zufolge gebe es keine Alternative zur türkisch-griechischen Föderation.
Der griechische Autor Theodoros Grigoriades sagt, dass tendenziöse Romane und Erzählungen auf beiden Seiten zu Vorurteilen untereinander führen würden. Bei den Griechen habe dies ab dem Jahr 1930 angesetzt. „Die Griechen haben ihre Türkenangst nicht überwunden. Der Komplex, den wir gegenüber den Türken haben, ist weitaus größer als der Komplex, den die Türken haben.“
Zum aktuellen Zeitpunkt ist es ungewiss, ob die Türkei und Griechenland in die Falle tappen werden, um sich gegenseitig zu schwächen. Doch die Idee einer türkisch-griechischen Föderation hat auf beiden Seiten vehemente Unterstützer.
+++Dieser Konzept-Artikel wurde erstmals im August 2020 veröffentlicht+++