Politik

Greta Thunberg: „Wir brauchen ein neues System“

Greta Thunberg und weitere Klimaaktivisten fordern von der EU, die „Klima- und Umweltkrise“ zu lösen. Dazu bedarf es nach Ansicht der Klimaschützer einer klaren Abkehr vom bisherigen Wirtschaftssystem. „Unser derzeitiges System ist nicht ,kaputt‘ - das System tut genau das, was es soll. Es kann nicht länger ,repariert‘ werden. Wir brauchen ein neues System“, so Thunberg & Co.
17.07.2020 18:35
Aktualisiert: 17.07.2020 18:35
Lesezeit: 2 min
Greta Thunberg: „Wir brauchen ein neues System“
21.02.2020, Hamburg: Die Klimaaktivistin Greta Thunberg aus Schweden nimmt an einer "Fridays for Future"-Demonstration teil und steht abseits der Demonstration. (Foto: dpa) Foto: Daniel Bockwoldt

Führende Klimaaktivistinnen um Greta Thunberg haben die Europäische Union zu klaren Maßnahmen gegen die drohende Klimakatastrophe aufgerufen. Die EU dürfe nicht länger so tun, als könne man die Klima- und Umweltkrise lösen, ohne sie als eigentliche Krise zu behandeln, erklärten Thunberg, ihre deutsche Fridays-for-Future-Mitstreiterin Luisa Neubauer und die beiden Belgierinnen Anuna de Wever und Adélaïde Charliér in einem am Donnerstag veröffentlichten Brief an die EU-Führung und die Staats- und Regierungschefs des Staatenbundes.

Von Freitag an geht es auf einem EU-Sondergipfel in Brüssel um den Haushalt der Union und die geplanten Milliardenausgaben, die die Folgen der Corona-Krise abfedern sollen. Klimaschützer halten es für entscheidend, das Geld in eine „grüne“ Wirtschaft zu investieren.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb am Donnerstag nach einem Treffen mit den Klima-Aktivistinnen - zwei von ihnen waren per Video zugeschaltet -, auf Twitter: „Es ist inspirierend, junge Aktivisten zu treffen. Wir stimmen darüber überein, dass schnelles Handeln gegen den Klimawandel nötig ist.“

Die EU-Staaten hätten sich mit ihren Unterschriften unter dem Pariser Weltklimaabkommen dazu bekannt, eine Führungsrolle beim Klimakampf einnehmen zu wollen, hieß es in dem Schreiben, das neben Klimaforschern wie Johan Rockström und Stefan Rahmstorf auch prominente Unterstützer wie der Hollywood-Star Leonardo DiCaprio und die Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai unterzeichnet hatten. „Die EU hat dazu die wirtschaftlichen und politischen Möglichkeiten, weshalb es unsere moralische Pflicht ist. Jetzt müssen Sie Ihre Versprechen tatsächlich einhalten.“

Dazu bedarf es nach Ansicht der Klimaschützer einer klaren Abkehr vom bisherigen Wirtschaftssystem: Dieses nach der Corona-Krise wiederaufzubauen, obwohl es die Klimakrise grundsätzlich befeuere, und damit dann Klimamaßnahmen zu finanzieren, das sei genauso absurd, wie es klinge. „Unser derzeitiges System ist nicht ,kaputt‘ - das System tut genau das, was es soll. Es kann nicht länger ,repariert‘ werden. Wir brauchen ein neues System.“

Wenn beim Corona-Wiederaufbau die Klimakrise ebenso wie die Erkenntnisse der Wissenschaft weiterhin ignoriert würden, stelle dies einen Betrug an allen künftigen Generationen dar - und das, obwohl das Investitionsprogramm als „Next Generation EU“ bezeichnet werde.

Um noch eine Chance zu haben, die Klima- und Umweltkatastrophe abzuwenden, müssen laut Thunberg und Co. dringend einige erste, entscheidende Schritte getätigt werden. Dazu zähle, Investitionen in und Subventionen für fossile Brennstoffe sofort zu stoppen. Die EU-Mitgliedstaaten müssten sich dafür einsetzen, dass schwere Umweltzerstörung als Verbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof geahndet werden könne. Und sie müssten ab sofort jährliche CO2-Budgets festlegen, um die Zweidrittelchance auf eine Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs unter 1,5 Grad Celsius zu wahren.

Außerdem müssten Klimamaßnahmen entwickelt werden, die Arbeiter und die Schwächsten der Gesellschaft schützten sowie alle Formen der ökonomischen, rassistischen und geschlechtsspezifischen Ungleichheit verringerten. Letztlich müsse die Klima- und Umweltkrise endlich als Notfall betrachtet werden.

Einfach werde die Umsetzung von all dem nicht, räumten die Aktivistinnen ein. Dabei werde die Zeit immer knapper. „Um die globale Erhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, sind die kommenden Monate und Jahre entscheidend“, schrieben sie. „Die Uhr tickt. Ihr Bestes zu tun ist nicht länger gut genug. Sie müssen jetzt das scheinbar Unmögliche tun.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...