Deutschland

Insider erwarten im Herbst massenhaft Pleiten kleiner Firmen

Nach Ansicht von Sanierungsexperten wird es bereits im Herbst massenhaft Pleiten kleiner Firmen geben. Viele Firmen können die Corona-Kredite vom Staat voraussichtlich nicht zurückzahlen.
22.09.2020 17:23
Lesezeit: 1 min
Insider erwarten im Herbst massenhaft Pleiten kleiner Firmen
Der etwa von der Karstadt-Rettung bekannte Insolvenzverwalter Frank Kebekus erwartet im Herbst zahlreiche Pleiten unter anderem bei Restaurants und Logistikfirmen. (Foto: dpa) Foto: Oliver Berg

Eine Pleitewelle von großen Unternehmen infolge der Corona-Krise ist nach Ansicht von Sanierungsexperten im Herbst in Deutschland nicht zu erwarten. Es werde einen "Tsunami von Klein- und Kleinst-Unternehmen" wie Restaurants oder Logistikfirmen geben, sagte der bekannte Insolvenzverwalter Frank Kebekus am Dienstag in Frankfurt. Großkonzerne ließen sich in ihren Entscheidungen dagegen nicht davon leiten, ob die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt sei oder nicht.

"Im vierten Quartal wird sich nicht viel tun. Die wahren Probleme kommen erst im nächsten Jahr", sagte Jörn Kowalewski, der für die Wirtschaftskanzlei Latham & Watkins Unternehmenssanierungen begleitet.

Die Bundesregierung hatte die Insolvenzantragspflicht im März unter dem Eindruck der Corona-Pandemie ausgesetzt. Vom 1. Oktober an müssen Firmen, die zahlungsunfähig sind, jedoch wieder umgehend Insolvenzantrag stellen. Ausgesetzt bleibt die Antragspflicht nur für überschuldete Unternehmen. "Die Banken werden bereit sein, die Füße stillzuhalten" und angeschlagenen Konzernen die Kredite nicht kündigen, glaubt Investmentbanker Oliver Kehren von Morgan Stanley.

Kebekus ist Sachwalter für den Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof, der sich angesichts geschlossener Kaufhäuser in der Coronakrise in ein Schutzschirmverfahren gerettet hatte und sich darüber saniert hat. Karstadt habe sich angesichts der Bedingungen bewusst gegen Staatshilfen der KfW und für die Sanierung in der Insolvenz entschieden, sagte er. Der Bund hat in der Krise Milliarden an Krediten über die Staatsbank zur Verfügung gestellt.

Kowalewski sprach von einem "Liquiditäts-Doping" durch den Staat. "Sowas hat erstmal eine kräftigende Wirkung - doch dann kommen die Nebenwirkungen." Viele Unternehmen hätten Geld bekommen, deren Probleme ihre Ursache nicht erst in der Coronakrise gehabt hätten.

Sanierungsexperten befürchten ein böses Erwachen: Viele Firmen könnten die Staatskredite am Ende nicht zurückzahlen, glaubt etwa Henning Block von der Investmentbank Rothschild. "Der Staat muss sich im Klaren sein, dass ein Großteil des Geldes nicht zurückkommt", sagte Investmentbanker Kehren. In Branchen wie der Luftfahrt oder dem Tourismus, die länger von der Krise betroffen sind, werde die KfW voraussichtlich noch nachlegen müssen, erwartet Kebekus.

Ein Rettungsanker für klamme Unternehmen könnte das neue Restrukturierungsgesetz sein, sagte Kebekus. Das am Wochenende von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) vorgelegte Gesetz soll vom nächsten Jahr an eine finanzielle Sanierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens möglich machen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen verstärken Investitionen in Mittel- und Osteuropa
05.02.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass immer mehr deutsche Unternehmen überlegen, ihre Produktion nach Mittel- und Osteuropa zu verlagern....

DWN
Politik
Politik Heizungsgesetz: CDU will es abschaffen – was wären die Folgen?
05.02.2025

Heizungsgesetz CDU? Was viele nicht wissen: Das heiß diskutierte und viel gehasste „Heizungsgesetz“ stammt ursprünglich von der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China kündigt Gegenmaßnahmen auf US-Zölle an - so könnte die EU reagieren
04.02.2025

Während Mexiko und Kanada mit US-Präsident Donald Trump eine Vereinbarung zur vorübergehenden Aussetzung von Zöllen erzielten, kam es...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Spotify: Musikstreaming-Anbieter legt starke Zahlen vor - Aktie im Aufwind
04.02.2025

Spotify hat für das vierte Quartal im letzten Jahr starke Zahlen vorgelegt und kann immer mehr Nutzer von seinem Angebot überzeugen -...

DWN
Immobilien
Immobilien Anmeldung einer Wohnung: Die Krux des Meldewesens und wie Vermieter am Immobilienmarkt herumtricksen
04.02.2025

Es gibt eine neue Initiative namens „Anmeldung für alle“, die das polizeiliche Meldewesen als letzte Hürde des ungebremsten Zuzugs,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rheinmetall-Aktie nach Großauftrag mit Auf und Ab an der Börse
04.02.2025

Die Bundeswehr beschert dem Rüstungskonzern Rheinmetall einen Großauftrag in Milliardenhöhe. An der Börse ist mächtig Bewegung drin....

DWN
Politik
Politik Erste Wahlumfragen nach Migrationsdebatte: So schneidet die CDU/CSU ab
04.02.2025

Die CDU/CSU ist mit der gemeinsamen Abstimmung mit der AfD im Bundestag hohes Risiko gefahren. Doch wie macht sich das in der Wählergunst...

DWN
Finanzen
Finanzen Wall-Street-Analyse: Börsenprofis ziehen Parallelen zum Platzen der Dotcom-Blase
04.02.2025

Das effizientere KI-Modell des chinesischen Start-ups DeepSeek hat vergangene Woche hoch bewertete KI- und Technologieaktien erschüttert....