Deutschland

Finanzminister Scholz: „Ich unterstütze die Arbeit der EZB an einem digitalen Euro voll”

Lesezeit: 2 min
30.11.2020 16:09  Aktualisiert: 30.11.2020 16:09
Bundesfinanzminister Scholz konstatiert einen starken Trend hin zu bargeldlosen, digitalisierten Bezahlmöglichkeiten in Europa: „Es gibt eine Nachfrage nach digitalem Geld unter Verbrauchern und Unternehmen gleichermaßen.” Dieser Nachfrage müsse nachgekommen werden. Überlegtes, aber rasches Handeln sei notwendig. Doch deutsche Ökonomen sind teilweise anderer Meinung.
Finanzminister Scholz: „Ich unterstütze die Arbeit der EZB an einem digitalen Euro voll”
11.09.2020, Berlin: Olaf Scholz (SPD, l), Bundesminister der Finanzen, und Christine Lagarde (r), Präsidentin der Europäischen Zentralbank, unterhalten sich zu Beginn der zweiten Sitzung des Treffens der Eurogruppe und dem Informellen Rat der EU-Wirtschafts- und Finanzminister. (Foto: dpa)
Foto: Kay Nietfeld

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Die Debatte um die mögliche Einführung eines digitalen Euro in Europa nimmt immer mehr Fahrt auf. Ein solcher E-Euro wäre eine elektronische Form von Zentralbankgeld und könnte von der breiten Bevölkerung genutzt werden. „Er würde Bargeld ergänzen, nicht ersetzen”, sagte EZB-Direktor Fabio Panetta am Freitag auf einer Bundesbank-Konferenz zum Zahlungsverkehr. „Zusammen würden diese zwei Arten von Geld für alle zugänglich sein, was größere Wahlmöglichkeiten und Zugang zu einfachen, kostenlosen Bezahlwegen bietet.” Bundesfinanzminister Olaf Scholz rief die Europäische Zentralbank (EZB) zu einer raschen Entscheidung auf. Bislang ist diese laut Bundesbank-Präsident Jens Weidmann noch nicht gefallen.

Die Diskussion um die Einführung von digitalem Zentralbankgeld hat auch deshalb an Tempo gewonnen, weil das weltgrößte Internet-Netzwerk Facebook mit seiner eigenen Digitalwährung Libra auf den Markt drängt. Die Pläne haben Regierungen, Aufseher und Zentralbanken weltweit aufgeschreckt. Laut „Financial Times” will Facebook Libra schon im Januar an den Start bringen. Die in der Schweiz für den Aufbau des Kryptogeldes gegründete Libra Association wolle zunächst eine digitale Münze anbieten, die an den Dollar angebunden sei, berichtete die Zeitung am Freitag.

Die EZB hatte unlängst einen umfassenden Bericht über die mögliche Ausgabe eines digitalen Euro veröffentlicht, der von einer Taskforce um EZB-Direktor Panetta erarbeitet wurde. Laut EZB-Präsidentin Christine Lagarde muss der Euro „fit für das digitale Zeitalter” werden, wie sie im Oktober sagte. Die EZB sollte darauf vorbereitet sein, einen digitalen Euro bereitzustellen, falls es Bedarf dafür gebe. Bis etwa Mitte 2021 will die EZB eine Entscheidung fällen. Eine öffentliche Konsultation zu einem digitalen Euro läuft gerade. Sie soll im Januar abgeschlossen werden.

Scholz sieht starken Trend zum digitalen Bezahlen

Bundesfinanzminister Scholz konstatiert einen starken Trend hin zu bargeldlosen, digitalisierten Bezahlmöglichkeiten in Europa: „Es gibt eine Nachfrage nach digitalem Geld unter Verbrauchern und Unternehmen gleichermaßen.” Dieser Nachfrage müsse nachgekommen werden. „Ich unterstütze die Arbeit der EZB an einem digitalen Euro voll,” sagte er. Überlegtes, aber rasches Handeln sei notwendig.

EZB-Direktor Panetta zufolge sollte ein digitaler Euro Zahlungsinstrument sein, „nicht eine Investmentform, die mit anderen Finanzinstrumenten im Wettbewerb steht.” Ulrich Bindseil, EZB-Generaldirektor für Marktinfrastrukturen, hatte dazu vor Monaten ein vielbeachtetes Modell vorgestellt: Darin würde jeder Bürger im Währungsraum ein Konto für digitales Zentralbankgeld bei den Notenbanken bekommen können. Bis zu einer bestimmten Summe - etwa 3.000 Euro, das durchschnittliche monatliche Haushaltseinkommen im Euro-Raum - würden dort attraktive Zinsen gezahlt, darüber hinaus aber nicht.

Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer sieht mehrere Risiken, die mit einem digitalen Euro verknüpft sind. So könnten Bankkunden Geld von ihrem Konto abziehen und auf ihr E-Euro Konto bei der Notenbank überweisen. „Dann verlieren Banken eine wichtige Finanzierungsquelle, müssen auf die EZB ausweichen”, so Krämer. Geldhäuser würden dann noch mehr dem Markteinfluss entzogen und in der Finanzierung noch stärker an der EZB hängen. „Es ist auch das grundsätzliche Problem eines digitalen Bankruns da, dass bei vermeintlichen Problemen quasi per Wischbewegung Milliarden ruckzuck bewegt werden.” Dagegen sollten Vorkehrungen getroffen werden.

Aus Sicht von Bundesbank-Präsident Weidmann müssen die Vor- und Nachteile von digitalem Zentralbankgeld (CBDC) genau untersucht werden. „Klarerweise müssen Zentralbanken sicherstellen, dass das Gute, das mit CDBC verknüpft ist, jedwede Schäden, die es verursachen könnte, überwiegt,” sagte er. Ein digitaler Euro müsse einerseits so gestaltet werden, dass er für die Verbraucher attraktiv sei. „Andererseits - falls CBDC zu attraktiv ist, könnte es das bestehende Finanzsystem durcheinanderbringen,” warnte er.


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik WSJ: Saudi-Arabien drohte den USA mit Wirtschaftskrieg
10.06.2023

Im Öl-Streit mit den USA im letzten Herbst drohte Saudi-Arabien im Hintergrund mit einem Abbruch der Beziehungen und wirtschaftlicher...

DWN
Politik
Politik In Österreich liegt die FPÖ in allen Umfragen auf Platz 1
10.06.2023

Hierzulande herrscht helle Aufregung über den starken Zuwachs der AfD. Doch in Österreich liegt die FPÖ in allen Umfragen auf Platz 1...

DWN
Deutschland
Deutschland Spekulanten machen mit E-Autos Kasse
10.06.2023

In Deutschland machen Spekulanten mit E-Autos Kasse. Der Steuerzahler finanziert die Gewinn-Margen der Händler teilweise mit.

DWN
Politik
Politik Schweden erlaubt Stationierung von NATO-Truppen
10.06.2023

Schweden will die Stationierung von NATO-Truppen erlauben. Zwar ist das Land kein Mitglied der Militärallianz. Doch die Integration...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Europas Gaspreise in einer Woche um 35 Prozent gestiegen
10.06.2023

Die Energie-Krise kehrt mit Wucht zurück nach Europa. Die Erdgaspreise sind am Freitag so stark gestiegen wie seit einem Jahr nicht mehr,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Warum China keine Inflation hat
10.06.2023

Wegen der schwachen Weltwirtschaft lag die Inflation in China im Mai erneut nahe null. Die niedrigen Preise entlasten die chinesischen...

DWN
Politik
Politik Linke fordert Wagenknecht zur Rückgabe von Mandat auf 
10.06.2023

Sahra Wagenknecht lässt nicht ab vom Gedanken, eine neue Partei zu gründen. Die Linke-Spitze fordert sie daher abermals auf, ihr Mandat...

DWN
Finanzen
Finanzen China erhöht Goldbestände den siebten Monat in Folge
09.06.2023

Chinas Zentralbank hat im Mai ihre Goldreserven weiter aufgestockt. Zugleich gingen die chinesischen Dollarbestände weiter zurück....