Politik

Offizieller Kindesmissbrauch in Kitas? Merkel-Regierung will kein bundesweites Verbot von „Original Play“

Lesezeit: 2 min
20.01.2021 21:36  Aktualisiert: 20.01.2021 21:36
Die Bundesregierung will angeblich die Rechte von Kindern stärken und hat dafür eine Änderung des Grundgesetzes auf den Weg gebracht. Doch ein bundesweites Verbot von „Original Play“ will sie offenbar nicht thematisieren. „Original Play“ nennt sich ein Konzept, demzufolge wildfremde Männer gegen eine Gebühr in deutsche Kitas gehen dürfen, um mit Kindern zu „spielen“. Die Eltern werden nicht benachrichtigt.
Offizieller Kindesmissbrauch in Kitas? Merkel-Regierung will kein bundesweites Verbot von „Original Play“
12.03.2018, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (l, CDU), die designierte Bundesministerinnen für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Franziska Giffey (SPD) und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer begrüßen sich vor der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages. (Foto: dpa)
Foto: Michael Kappeler

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  

Die Bundesregierung will die Rechte von Kindern stärken und hat dafür eine Änderung des Grundgesetzes auf den Weg gebracht. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch in Berlin, dass Kinderrechte ausdrücklich in die Verfassung aufgenommen werden sollen. Ob aus dem Vorhaben etwas wird, ist aber unsicher, denn für Grundgesetzänderungen sind Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat nötig. Die große Koalition ist damit auf Zustimmung aus der Opposition angewiesen, die sich bereits kritisch geäußert hat - entweder, weil ihr das Vorhaben zu weit oder nicht weit genug geht. „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Sie sind besonders schutzbedürftig und haben besondere Bedürfnisse“, sagte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) am Mittwoch. „Dies wird jetzt auch ausdrücklich im Grundgesetz anerkannt werden.“

Nach dem Regierungsentwurf soll Artikel 6 des Grundgesetzes, in dem das Verhältnis zwischen Eltern, Kindern und Staat geregelt ist, um folgende Passage ergänzt werden: „Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“

Der angebliche Vorstoß der Bundesregierung für die Rechte von Kindern ist nicht sehr glaubwürdig. Wer das umstrittene pädagogische Konzept „Original Play“ in Deutschlands Kitas nicht bundesweit verbietet, kann nicht glaubwürdig sein, wenn es um den Schutz von Kinderrechten geht. Der Verweis auf die Länderkompetenz kann an dieser Stelle nicht ziehen, zumal die Bundesregierung im Verlauf der Corona-Krise sehr wohl bewiesen hat, dass sie massiven Druck auf die Länder ausüben kann.

Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten führen dazu in einer Analyse aus: „,Original Play‘ nennt sich ein Konzept, demzufolge wildfremde Männer gegen eine Gebühr in deutsche Kitas gehen dürfen, um mit Kindern zu „spielen“. Die Eltern werden nicht benachrichtigt. ,Original Play öffnet dem Missbrauch Tür und Tor‘, so Bayerns Familienministerin Schreyer. Bis heute hat die Bundesregierung nicht reagiert“ (HIER).

In Berlin, Brandenburg, Bayern, Bremen und Rheinland-Pfalz wurde „Original Play“ mittlerweile verboten. Doch Deutschland hat 16 Bundesländer, womit „Original Play“ noch in elf Bundesländern zugelassen ist.

Die ARD-Sendung „Kontraste“ hatte Ende Oktober 2019 einen erschütternden Bericht ausgestrahlt.

In dem Bericht kommen einige Eltern zu Wort. „Als ich auf den Fotos gesehen habe, wie viele wildfremde Menschen mit unseren Kindern gespielt haben, da wurde mir richtig übel. Übel, Wut und auch Ohnmacht, was das passiert ist“, so Vater B. aus Berlin.

Ein weiterer Vater meint: „Unser Sohn hat uns im Kontext mit diesem Original Play sehr ausdrückliche, ja, sexuelle und gewalttätige Dinge berichtet und auch vorgespielt. Wir sprechen nicht nur über schweren sexuellen Missbrauch, Vergewaltigungen, sondern auch über Gewalt, Demütigung, Sadismus. Und für uns schien es relativ schnell so, als wenn dass das Ganze ein System hat. Es gab mal die Information, dass der Begründer dieses Spiels, ein Amerikaner, in die Kita kommen sollte und es hieß, er wird auch einen Vortrag in dem Zusammenhang halten. Was wir aber nicht wussten: es kamen dann mindestens neun fremde Erwachsene, die wir nie zuvor gesehen hatten.“

Vater S. wörtlich: „ (…) dass sie auch von der Erzieherin irgendwo anders hingebracht worden ist. Da haben sie dann mit anderem erwachsenen Männern gespielt und das hat sie nicht gemocht. Die anderen Kinder, die mitgekommen sind, auch nicht. Ein anderes Mal hat meine Tochter mir auch gezeigt, wie der Haupterzieher, der Leiter von der Kita die Nase in ihren Po gesteckt hat und dass er das auch bei anderen Kindern gemacht hat.“

„Eltern in Berlin und Hamburg zeigten Missbrauchsfälle und sogar Vergewaltigungen an“, so die ARD.

Die ARD-Sendung bewirkte, dass „Original Play“ in einigen Bundesländern verboten wurde. Doch ein bundesweites Verbot gibt es nicht.

In einer Petition auf Change.org gegen „Original Play“ haben sich zahlreiche Menschen zusammengeschlossen, um den Schutz der Kinder in Deutschland zu garantieren.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Kommt die Wegzugsbesteuerung für deutsche Fondsanleger? Neues Hindernis gegen die Abwanderung ins Ausland beschlossen
23.11.2024

Eine geplante Wegzugsbesteuerung bei Investmentfonds soll zunehmende Abwanderung von Geld und Fachkräften aus Deutschland stoppen! Wie die...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
23.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz von HH2E: Rückschlag für Habecks Energiewende - Wasserstoffprojekte in Sachsen in Gefahr
23.11.2024

Der Wasserstoff-Spezialist HH2E hat Insolvenz angemeldet, die Finanzierung durch ein britisches Private-Equity-Unternehmen ist gestoppt....

DWN
Panorama
Panorama 2050: Was erwartet Kinder in der Zukunft?
23.11.2024

Klimawandel, technologische Entwicklungen und demografische Veränderungen werden das Aufwachsen von Kindern in der Zukunft prägen, so die...

DWN
Technologie
Technologie Elektrifizierung: Wind und Solar boomen, doch Kohle bleibt der weltweit bedeutendste Energieträger
23.11.2024

Der Ausbau emissionsfreier Energieerzeugungskapazitäten schreitet in Rekordtempo voran. Doch auch die Nutzung von Kohle zur Stromerzeugung...

DWN
Panorama
Panorama Plastikmüll bekämpfen: UN-Abkommen soll globale Umweltverschmutzung eindämmen
23.11.2024

Plastikmüll ist eine wachsende Gefahr für Umwelt und Meere. Forschende aus den USA zeigen, wie vier Maßnahmen den falsch entsorgten...

DWN
Politik
Politik Deutschland prüft Vorgehen nach Haftbefehl für Netanjahu
23.11.2024

Die Bundesregierung steht nach dem Haftbefehl gegen Israels Regierungschef vor einem Dilemma. Noch ist offen, wie sie sich positioniert....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft US-Regierung: Google muss Chrome-Browser verkaufen
23.11.2024

Die US-Regierung will vor Gericht durchsetzen, dass Google sich vom weltweit meistbenutzten Webbrowser Chrome trennen muss. Das...