„Die Entscheidung wurde gefällt, nachdem unsere Partner zahlreiche Überlegungen angestellt haben. Dies wird das erste Unternehmens-Projekt in meinem Leben sein. Ich bin bereit, all meine persönliche Reputation in die Waagschale zu werfen und für unsere smarten E-Autos zu kämpfen“, sagte Lej Jun, der Vorsitzende von Xiaomi, dem chinesischen Smartphone-Hersteller.
Sein Unternehmen hat gerade offiziell bekannt gegeben, dass es konkrete Schritte plant, um tatsächlich E-Wagen zu entwickeln. Zuvor hatten lediglich Gerüchte am Markt kursiert, die keiner bestätigt hatte.
Und die Zahlen der Investition sprechen eine klare Sprache, wie ernst der asiatische Konzern das Projekt angeht. So sollen in den kommenden zehn Jahren zehn Milliarden Dollar investiert werden.
Zur Einordnung: Der Konzern hat im vergangenen Jahr einen Gesamterlös von 18,9 Milliarden Dollar erzielt. Das bedeutet, Xaiomi investiert pro Jahr ein Zwanzigstel seine gesamten Umsatzes in das neue Geschäftsfeld. Das ist nicht gerade wenig, ein kleines Pilotprojekt sieht anders aus.
Die Idee, dass ein Smartphone-Hersteller E-Autos herstellen will, ist so neu am Markt nicht. Denn von Apple gibt es schon seit geraumer Zeit ähnliche Gerüchte, die die Fachzeitungen füllen. Es trägt den Namen „icar“ oder „Projekt Titan“, ohne dass es aber offiziell bestätigt wurde. Dabei spekulierte die Fachpresse, dass die US-Amerikaner mit koreanischen Autobauern zusammenarbeiten wird.
Dabei ist Xaiomi bereits schon sehr breit aufgestellt. Es verkauft zudem Handys, Laptops, Staubsauger – und jetzt auch noch E-Autos.
Doch wie geht das überhaupt zusammen? Können Smartphone-Hersteller wie Xaiomi und Apple überhaupt E-Autos bauen?
„Branchenfremde wie ja wahrscheinlich auch Apple werden von dem erwarteten Boom bei E-Autos stark angezogen“, sagte Jürgen Pieper, Autoanalyst vom Bankhaus Metzler. „Ein E-Auto sieht auf dem Papier einfach aus: Eine Batterie plus E-Motor, den ja viele herstellen können, plus Karosserie plus Fahrwerk samt Reifen“, so der Experte.
Internationale Mischkonzerne erinnern an volkseigene Betriebe der DDR
Grundsätzlich ist das Konzept, sich in möglichst vielen Geschäftsfeldern aufzustellen, sehr alt. Die Grundidee: Wenn es in einem Geschäftsfeld schlecht läuft, dann federn die anderen Branchen, in denen das Unternehmen auch noch aktiv ist, die Rückgänge ab. So komisch es klingt: Diese Mischkonzerne erinnern an die kommunistischen Volkseigenen Betriebe in der DDR (VEB), die unter ihren Dach so ziemlich alles vereinten, was es gab.
Der größte war der Dresdner Multikonzern Robotron, der 68.000 Mitarbeiter beschäftigte. Das Multiunternehmen stellte unter anderem Drucker und Computer, aber auch Schreibmaschinen her. Dazu zählte auch VEB Elektronikgeräte Suhl, das Mixer „AKA electric RG28“ herstellte, der im Osten Kultstatus hatte. Doch auch der Staubsauger „Omega“ gehört in die Produktpalette, auch einem sehr beliebten Gerät in der DDR.
Ein sehr wichtiger Akteur unter den Viel-Anbietern ist heutzutage das Münchner Traditionsunternehmen Siemens, das über einen Börsenwert von 136 Milliarden Dollar verfügt. Zum Vergleich: Xaoimi hat einen Marktwert von 68 Milliarden Dollar.
Der deutsche Milliardenkonzern engagiert sich in der Antriebstechnik, in der Energie, aber auch im Bereich Mobilität. Der Hersteller bietet beispielsweise eine Schnell-Ladesäule für E-Fahrzeuge an – baut also keine Autos wie Xaiomi, engagiert sich aber in der E-Mobilität.
GE arbeitet mit Berliner Agentur zusammen
Zusätzlich bleibt hier General Electric (GE) am Markt eine unverrückbare Größe, auch wenn der Multikonzern in den vergangenen Jahren Feder gelassen und an Wert verloren hat. Die Mega-Gruppe, die pro Jahr hunderte von Akquisitionen über die Bühne bringt, entwickelt und produziert Motor-, Antriebs- und Steuerungstechnologien, die industrielle Prozesse optimieren. GE engagiert sich bei der Berliner Agentur für Elektromobilität, einem besonderen Projekt, das Wirtschaft und Politik in dieser Frage zusammenbringen will.
Grundsätzlich hat das Mega-Unternehmen ein gehöriges Gewicht: So brachte er zuletzt immerhin 119,38 Milliarden Dollar auf die Waage. Dabei ist der Multikonzern in sehr vielen Branchen aktiv, die nichts miteinander zu tun haben – ähnlich wie Xaiomi. So handelt sie beispielsweise mit Gas, vermittelt Privatkunde Kredite und stellt Transportsysteme.
Ein weiterer Multigigant ist 3M, der seit 15 Jahren an neuen Batterietechnologien forscht. Das Unternehmen hat einen besonderen Akkus entwickelt, der über eine relativ hohe Leistungsdauer verfügt. 3M arbeitet in Deutschland eng mit der Automobilindustrie zusammen.
Zusätzlich bietet der Konzern eine riesige Bandbreite an Produkten an: Von elektronischen Komponenten, über Folien und Filme bis hin zu Produkten für die Zahnheilkunde. Der Börsenwert: 114 Milliarden Dollar.
Ob die Multi-Giganten mit ihren Engagements bei den E-Autos aber jedenfalls erfolgreich sind, bleibt abzuwarten: „Es ist eben doch ein sehr komplexes Produkt, das auch sehr stark verschiedensten Umwelteinflüssen ausgesetzt ist. Dazu kommen hohe Investitionen und eher bescheidene Margen“, sagt Auto-Fachmann Pieper vom Bankhaus Metzler. „Die meisten werden es nach einer Probierphase wieder sein lassen“, erklärt der Experte.