Wirtschaft

Kampf ums grüne Gold: Die Avocado-Mafia in Südafrika plündert Plantagen leer

Avocados gelten als grüne Superfrucht, die Nachfrage ist groß. Auch für deutsche Supermärkte gehört Südafrika zu den großen Lieferanten. Doch nun entdecken Mafia-Banden das profitable Geschäft. Ganze Farmen werden nachts leer geplündert.
19.05.2021 11:07
Lesezeit: 2 min
Kampf ums grüne Gold: Die Avocado-Mafia in Südafrika plündert Plantagen leer
Arbeiter bei der Avocado Ernte. In Südafrika hat die organisierte Kriminalität ein neues, lukratives Geschäftsfeld entdeckt: den Handel mit dem «grünem Gold». (Foto: dpa) Foto: Nicole Macheroux-Denault

In Südafrika hat die organisierte Kriminalität ein neues, lukratives Geschäftsfeld entdeckt: den Handel mit dem „grünem Gold“. Seit Avocados in Europa immer beliebter werden, ist ein Kampf um sie entbrannt. „Meine größte Angst ist, dass die Situation kippt: dass es Tote geben wird“, sagt Zander Ernst. Der südafrikanische Farmer stapft mit hochgekrempelten Ärmeln durch scheinbar endlos lange Reihen von Avocado-Bäumen mit satten, reifen Früchten. Hier in Tzaneens Hügellandschaft gedeiht das „grüne Gold“, wie es auch genannt wird, für den Export auch nach Deutschland.

Allesbeste heißt das Familienunternehmen von Zander Ernst. Es betreibt eine der größten Avocado-Farmen in Südafrika und beliefert auch den deutschen Discounter Lidl. Die Lage der Farm ist fast idyllisch - wären da nicht meterhohe Elektrozäune und Stacheldraht, die die Plantage schützen. Nachts patrouillieren dort private Sicherheitsdienste, denn in Südafrika hat die organisierte Kriminalität Avocados längst entdeckt. „Das sind schon kartellartige Strukturen. Wenn wir uns nicht schützen, dann klauen diese Banden in einer einzigen Nacht unsere gesamte Avocado-Ernte“, sagt Ernst.

Südafrika ist einer der zehn größten Avocado-Exporteure in der Welt. „Dieses Jahr rechnen wir mit einem Export von 66.000 Tonnen“, sagt Derek Donkin, Chef des Subtropischen Farmerverbandes in Südafrika, und betont: „Deutschland ist einer unserer größten Märkte.“ Wie hoch der Verlust der Industrie durch den Diebstahl dieses Jahr bereits ist, vermag Donkin nicht zu beziffern. „Aber ganz offensichtlich sind es hohe Verluste“, sagt er. Eine Verbandsstudie bezifferte den Schaden schon im Jahr 2018 nur für die Region Tzaneen auf 1,6 Millionen Euro.

Die Erfahrungen von Farmer Ernst deuten darauf hin, dass sich die Banden in den vergangenen drei Jahren offensichtlich zunehmend besser organisierten. Vor einigen Monaten wurden auf der Nachbarfarm zehn Hektar Avocado-Bäume leer geplündert. „Das entspricht 150 Tonnen“, rechnet Ernst vor. In Europa erzielt er acht bis zwölf Euro pro Kilo.

Die Diebe kommen meist am frühen Morgen, graben Tunnel unter Elektrozäune oder waten durch Flüsse an der Grenze der Plantage. Die Gefahr, von Krokodilen oder Nilpferden angefallen zu werden, schreckt sie nicht. Die wertvollen Früchte reißen sie hastig von den Bäumen, stopfen sie in Säcke, die irgendwo im Gebüsch außerhalb der Farm versteckt werden. Alles ist bis ins kleinste Detail organisiert. Eine andere Truppe holt die gestohlenen Avocados ab und bringt sie zur nächsten Hauptstraße, wo sie wiederum jemand einlädt.

Anders als etwa mit gestohlenen Macadamia-Nüssen haben Avocado-Banden den Export noch nicht entdeckt. An oft wechselnden Orten werden die Früchte in branchenübliche Kisten oder Netze verpackt und landen in örtlichen Supermärkten oder an Straßenständen. Es ist ein lukratives Geschäft.

Allesbeste-Manager Patrick Kjashuane ist rund um die Uhr im Einsatz, um die Verluste niedrig zu halten. Wenn der Sicherheitsdienst ihn nachts anruft und Aktivität auf der stockdunklen Plantage meldet, rast er auf den holprigen Sandwegen los. Mitunter stellt er dann auch den einen oder anderen Dieb. „Sie sind schnell und können sich gut in den dichten Avocado-Bäumen verstecken; es ist wie die buchstäbliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen2, sagt Kjashuane.

In einem Fall konnte er zwei Männer fangen und sie zur Polizeistation bringen. Viermal ging er in den darauffolgenden Wochen zur Wache, um herauszufinden, wann die Diebe vor Gericht erscheinen. Jedes Mal wurde er weggeschickt - bis ein Polizist ihm sagte, die Männer hätten ein Ordnungsgeld gezahlt und seien wieder auf freiem Fuß. „Ich glaube, Korruption spielt eine große Rolle“, vermutet Kjashuane. Also bleibt nur Selbstschutz. Allesbeste investiert inzwischen bis zu 100.000 Euro pro Jahr für Sicherheitsmaßnahmen rund um die Avocado-Plantagen. In den vergangenen Monaten hat sich die Lage zugespitzt. Einige Plantagenbesitzer setzen jetzt sogar Spürhunde und bewaffnete Sicherheitsleute ein. Anders als auf anderen Plantagen in Tzaneen ist das Sicherheitspersonal bei Allesbeste jedoch nicht bewaffnet. «Ich habe Angst, dass sich das hochschaukelt, dass die Banden auch bewaffnet auf unsere Farm kommen. Ich werde meine Ernte nicht mit Waffengewalt verteidigen», sagt Zander Ernst. Für Avocados werde niemand sterben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik COP30 in Belém: Bill Gates sieht Klimawandel nicht mehr als das größte Problem
19.11.2025

Die COP30-Klimakonferenz in Brasilien versammelt Vertreter aus aller Welt, um über den Umgang mit Klimawandel, Emissionen und nachhaltiger...

DWN
Politik
Politik Drohnenbekämpfung: Was plant Innenminister Dobrindt für Deutschland?
19.11.2025

Die Bundesregierung geht davon aus, dass Drohnen von staatlichen Akteuren zu Spionage- und Sabotagezwecken eingesetzt werden – im Fokus...

DWN
Politik
Politik Trump bereitet Krieg auf dem eigenen Kontinent vor: Venezuela rückt ins Fadenkreuz
19.11.2025

Donald Trump lässt seine Administration offen über eine Militärintervention in Venezuela nachdenken. Während Präsident Nicolás Maduro...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmen in Deutschland: Stabilität und Wachstum in Krisenzeiten
19.11.2025

Deutschlands größte Familienunternehmen zeigen, dass wirtschaftlicher Erfolg und Stabilität kein Widerspruch sind. Sie schaffen...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungsbau zieht an: Zahl der Genehmigungen steigt deutlich
19.11.2025

Nach dem schwachen Vorjahr stehen die Zeichen beim Wohnungsbau auf Erholung: Die Zahl der Genehmigungen steigt kräftig. Besonders eine...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer und Verschonungsregelung: Wirtschaftsweise fordern Steuerreform für Unternehmen
19.11.2025

In Zeiten der Wirtschaftskrise bleiben Milliardenerbschaften oft steuerfrei.: Der Sachverständigenrat Wirtschaft schlägt jetzt eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zeitweise unter 90.000 US-Dollar: Kryptomarkt in extremer Angst
18.11.2025

Der Bitcoin-Kurs ist am Dienstag zeitweise tief gefallen und hat weltweit Unruhe unter Anlegern ausgelöst. Der Fear-and-Greed-Index warnt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Flixtrain bereit zum harten Wettbewerb um Bahn-Kunden
18.11.2025

Im Fernverkehr auf deutschen Schienen herrscht bislang wenig Wettbewerb. Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern. Ein kleiner...