Nach den islamistischen Terroranschlägen in New York am 11. September 2001 dominierte in den Umweltministerien in Deutschland und in den atomkritischen NGOs jahrelang nur ein Thema: Der islamistische Terrorismus.
Aus der alten Diskussion über einen zwar möglichen, aber selbstverständlich extrem unwahrscheinlichen Flugzeugabsturz auf ein Atomkraftwerk, wurde nach 9/11 die alles überlagernde Annahme eines Angriffs per Flugzeug auf ein AKW, selbstverständlich verübt von islamistischen Terroristen. Alternativ zum Flugzeugangriff wurde der Beschuss von Atomkraftwerken mit panzerbrechenden Waffen thematisiert. Auch hierbei wurde wie selbstverständlich unterstellt, dass islamistische Terroristen die Täter sein würden.
Generell thematisiert wurden in den Jahren nach 2001 auch islamistische „Schläfer“, die in unser Gesellschaft lange Zeit unerkannt schlummern, um dann völlig unerwartet an einem beliebigen Ort zu einem beliebigen Zeitpunkt zuzuschlagen. Vorgänge wie jetzt in Würzburg und Wien (und viele andere zuvor) wären damals – ohne zu zögern und ohne weitere Ermittlungen abzuwarten – begierig aufgegriffen worden, um die Gefahr des islamistischen Terrors bis ins Apokalyptische heraufzubeschwören.
Doch die Zeiten haben sich grundlegend geändert.
Heute setzt man alles daran, Argumentationsmuster zu verstärken, die am Ende das Töten fast schon zu relativieren scheinen, nur um nicht Gefahr zu laufen, eventuell irgendetwas „Falsches“ zu sagen, etwas politisch Inkorrektes.
Diese Entwicklung ist merkwürdig.
Der nach 2001 nahezu ein Jahrzehnt lang andauernde Hype, der überall islamistische Flugzeug-Terroristen witterte, befremdet im Rückblick ebenso, wie das schlagartige Verstummen der damaligen Terrorismus-Besorgten, nachdem regierungsamtlich, sozusagen „von oben“, eine um 180 Grad verkehrte Diktion verordnet wurde. Seitdem ist weder von den Umweltministerien noch von den Umweltverbänden etwas im Hinblick auf die Gefahr islamistischer Flugzeugangriffe zu hören gewesen.
Zu Recht? Kann man über solche Szenarien, die noch vor gar nicht so vielen Jahren als Riesengefahr dargestellt wurden, einfach so hinweggehen? War das Ganze damals also nur bloßes Geschwätz, wenn auch mit zahllosen wissenschaftlichen Studien untermauert? Akzeptiert und folgt man am Ende schlichtweg nur dem Mainstream, der diktiert, heute dies und morgen jenes zu glauben und zu befolgen?
Warum sind die Atomkraftgegner dieser Republik in keiner Weise dazu in der Lage, diesen seltsamen Sinneswandel, diese Kehrtwende um 180 Grad, kritisch und auch selbstkritisch zu reflektieren?
Es geht hier weniger um die absolute Wahrheit, als vielmehr um die Merkwürdigkeit, dass eine Agenda („überall lauern islamistische Flugzeug-Terroristen“), die durchaus auf tönernen Füßen stand, durch eine genau gegenteilige ersetzt wurde, die mindestens ebenso sehr auf tönernen Füßen steht („es gibt keine islamistische Bedrohung“), ohne dass für diesen radikalen Sinneswandel jemals eine plausible Erklärung oder Begründung geliefert worden ist.
Oder um es konkret zu sagen: Es ist irritierend, dass der islamistische Terrorismus noch vor wenigen Jahren als eine Gefahr angesehen wurde, die das Weiterbestehen unserer Gesellschaft bedrohte. Um dann wie auf Knopfdruck - als wären aus blutrünstigen Massenmördern von heute auf morgen sanfte Schäfchen geworden – als harmlose Petitesse hingestellt zu werden. Gestern von Grund auf böse Terroristen, heute edle Gäste aus fernem Land: Da stimmt doch etwas nicht.
Eins steht fest: Unsere Gesellschaft muss endlich wieder lernen, Gefahren weder apokalyptisch zu überhöhen noch sie zu verniedlichen.
Unsere Gesellschaft muss lernen, komplexe Fragen nüchtern und realistisch zu erörtern.
Die aktuelle Tendenz zu intellektueller Einfalt, zum Glauben an den Götzen „Mainstream“ und zu Hypermoral, ist in jeglicher Hinsicht brandgefährlich.
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