Politik

Von der Leyen: Algorithmen sollen Kommunikation der Bürger systematisch überwachen

Brüssel will die Kommunikation der Bürger künftig systematisch überwachen lassen. Ihre eigenen E-Mails und Chats löscht die EU-Kommission regelmäßig - ihre Präsidentin entkam gar einem Skandal durch massenhaftes Daten-Löschen.
25.11.2021 09:04
Aktualisiert: 25.11.2021 09:04
Lesezeit: 2 min
Von der Leyen: Algorithmen sollen Kommunikation der Bürger systematisch überwachen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. (Foto: dpa) Foto: Nebojsa Tejic

In der EU-Kommission werden sämtliche anfallenden E-Mails nach sechs Monaten automatisch gelöscht - außer, sie werden bewusst archiviert. Nachrichten, die sich EU-Beamte untereinander über einschlägige Messengerdienste wie WhatsApp oder Telegram zuschicken, werden erst gar nicht registriert. „Chat-Nachrichten von Top-EU-Beamten werden gar überhaupt nicht archiviert, denn sie gelten als ‚von Natur aus kurzlebig‘ und würden ‚prinzipiell keine wichtigen Informationen über die Politik, die Aktivitäten oder Entscheidungen der Kommission‘ enthalten“, zitiert das Portal Tichy‘s Einblick die offiziell von der Kommission vorgetragenen Gründe für diese Handhabung.

Bürger sollen systematisch durchleuchtet werden - automatische Anzeige inbegriffen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist allerdings offenbar der Ansicht, dass die Chatnachrichten der Bürger sehr viele „wichtige Informationen“ enthalten. Anders kann nicht erklärt werden, warum die EU-Kommission WhatsApp und Co. künftig verpflichten will, die Gesprächsverläufe ihrer Kunden systematisch zu überwachen.

Tichy‘s Einblick wörtlich: „Die Kontrolle soll automatisiert durchgeführt werden – eine Künstliche Intelligenz wird jeden Chat-Inhalt scannen und im Zweifel automatisch eine Anzeige an die zuständige Behörde stellen. Ein falsch erkanntes Urlaubsfoto, eine falsch gelesene Chat-Nachricht – und das BKA wird involviert. Bedenklich genug wäre diese Automatisierung von Massenüberwachung ohnehin schon. Die KI-Softwares sind jedoch auch höchst fehleranfällig – bis zu 80 Prozent kann die Fehlerquote betragen. Gleichzeitig ist seit Monaten die Manipulationsanfälligkeit der Verfahren bekannt: So konnten schon leichte Veränderungen am kryptographischen System strafbare Inhalte vor der KI verschleiern – und nicht strafbare Inhalte für die KI als strafbar erscheinen lassen. Der kriminalistische Nutzen des Vorhabens dürfte also gering sein – auch weil Studien bis heute keine Effektivität von Massenüberwachung belegen.“

Von der Leyen: Massenhaftes Daten-Löschen rettete womöglich ihre Karriere

Bemerkenswert erscheint der Umstand zu sein, dass von der Leyen selbst vor nicht allzu langer Zeit in einem handfesten Skandal steckte, aus dem sie nur mithilfe von massenhaftem Löschen ihrer Nachrichten und Chatverläufe herauskam.

Bei dem besagten Skandal handelte es sich um die sogenannte „Berateraffäre“. Der damaligen Verteidigungsministerin von der Leyen (sie war bis Sommer 2019 im Amt) wurde dabei von verschiedenen Seiten vorgeworfen, Verträge für externe Berater in dreistelliger Millionenhöhe ohne öffentliche Ausschreibung „auf dem kurzen Dienstweg“ vergeben zu haben. Weitere Vorwürfe betrafen die fahrlässige Auslegung von Compliance-Regeln und mögliche Vetternwirtschaft, berichtete der Tagesspiegel im Februar 2020 in einer Analyse der Affäre.

Im Zusammenhang mit den Datenlöschungen in dieser „Berateraffäre“ berichtete der Tagesspiegel im Januar 2020:

„Die Handydaten der ehemaligen Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen aus dem Zeitraum, den momentan ein Untersuchungsausschuss prüft, wurden höchstwahrscheinlich unwiederbringlich gelöscht. Dies geht aus einem Sachstandsbericht des Verteidigungsministeriums hervor, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.

Auf beiden von der Ministerin genutzten Geräten wurden demnach Kurznachrichten entfernt. Das erste Mobiltelefon, das von der Leyen den größten Teil ihrer Amtszeit als Verteidigungsministerin genutzt hat, sei von einem Fahrer am 8. August 2019 aus von der Leyens Privathaus abgeholt worden.

Der IT-Sachbearbeiter im Ministerbüro habe es dann ohne weitere Überprüfung an die Kommunikationsstelle weitergereicht, welche eine "Sicherheitslöschung" vorgenommen habe. Anschließend sei das Gerät zur endgültigen Entsorgung an eine Servicefirma weitergereicht worden.

Der Vorgang wird im Bericht als Routineablauf dargestellt. Der Spiegel berichtet ebenfalls unter Verweis auf den Ministeriumsbericht, von der Leyen habe auf einem zweiten Telefon selbst alle Nachrichten vernichtet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Positive Nachrichten für den XRP ETF: Moon Hash Automatic Income Plan

Analysten prognostizieren einen potenziellen Kurssprung bei XRP, der einen raschen Marktwechsel hin zur intelligenten...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Rentenpaket 2025 beschlossen: Wirtschaft hält es für „unfinanzierbar“ – die zentralen Bausteine
14.12.2025

Das von der Bundesregierung beschlossene Rentenpaket soll am 19. Dezember vom Bundesrat bestätigt werden. Was es genau beinhaltet und...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Warum der Chipriese plötzlich um seinen Ruf kämpfen muss
14.12.2025

Die enormen Kursgewinne von Nvidia haben den Chipkonzern zum Symbol eines Marktes gemacht, der zwischen technologischem Fortschritt und...

DWN
Finanzen
Finanzen Averaging down: Billig, billiger, "verbilligen" – Chance oder Anlegerfalle?
14.12.2025

"Verbilligen" klingt nach Schnäppchen – doch an der Börse ist billig nicht automatisch gut. Viele Vermögensverwalter empfehlen...

DWN
Finanzen
Finanzen Trennungsunterhalt: Wann es einen Unterhaltsanspruch zwischen Ehepartnern gibt
14.12.2025

Kommt es zu einer Trennung in der Ehe, kann unter bestimmten Bedingungen der finanziell schwächer gestellte Ehepartner vom anderen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gasversorgung in Deutschland: Das Für und Wider der Gasspeicherung
14.12.2025

Vor ein paar Jahren liefen wir Gefahr, im Winter zu frieren, denn bei schlechten Witterungsbedingungen einem und hohem Verbrauch bestand...

DWN
Politik
Politik Die entstellte Seele Europas. Wie ein ganzer Kontinent seine Richtung verliert
14.12.2025

Ganze 210 Milliarden Euro stehen auf dem Spiel. Die EU sucht einen Weg, russische Vermögenswerte zu nutzen, Belgien fürchtet Vergeltung...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Eurowind-Rückzug erschüttert US-Markt: Warum Europa nun wichtiger ist
14.12.2025

Der überraschende Rückzug des dänischen Energieparkentwicklers Eurowind aus den Vereinigten Staaten trifft eine Energiebranche, die...

DWN
Panorama
Panorama Feiertage 2026: Alle Termine, Brückentage und Regeln – wie Sie am besten profitieren
13.12.2025

Die Feiertage 2026 liegen günstig und ermöglichen viele lange Wochenenden. Wer früh plant, kann deshalb Brückentage optimal nutzen....