Wirtschaft

Russland bereitet totales Export-Verbot für Getreide vor

Lesezeit: 2 min
15.03.2022 22:16  Aktualisiert: 15.03.2022 22:16
Russland könnte seine Exporte von Weizen, Gerste, Mais und Roggen vom 15. März bis zum 30. Juni aussetzen. Das russische Landwirtschaftsministerium und das Handelsministerium haben einen Entwurf für einen Regierungserlass vorbereitet.
Russland bereitet totales Export-Verbot für Getreide vor
Russland will sein Getreide nicht mehr exportieren. (Foto: dpa)
Foto: Yana Lapikova

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Russland könnte seine Exporte von Weizen, Gerste, Mais und Roggen vom 15. März bis zum 30. Juni aussetzen, meldet die Nachrichtenagentur „Interfax“ unter Berufung auf das Landwirtschaftsministerium. Russland ist der weltweit größte Weizenexporteur. „Das Landwirtschaftsministerium und das Handelsministerium haben einen Entwurf für einen Regierungserlass vorbereitet, der ein vorübergehendes Exportverbot für die Hauptgetreidearten aus Russland vom 15. März bis zum 30. Juni einführen würde“, zitierte „Interfax“ das russische Landwirtschaftsministerium. Im europäischen Raum berichtete zuerst die Nachrichtenagentur „Reuters“ über diesen Plan des Kremls.

Das Portal „agrarheute.de“ wörtlich: „Die Meldungen über einen Exportstopp aus Russland schickten den europäischen Weizenpreis am Montag erneut nach oben. Der Frontmonat Mai für den europäischen Weizen stieg bis Handelsschluss um 8 Euro je Tonne auf 378,75 Euro pro Tonne. Zuvor hatten die Weizenpreise im Handel in Europa nachgegeben. Die neue Ernte wurde unverändert mit 317,50 Euro je Tonne notiert. Ein tatsächliches russisches Exportverbot wäre ein großer Wendepunkt für die Märkte und würde viele Länder für die nächsten Monate von der Versorgung mit Weizen abschneiden oder diese zumindest erheblich erschweren, befürchten Analysten.“

Die ungarische Regierung hatte am Abend des 4. März 2022 ein Exportverbot für Getreide verhängt. Das Land bereitet sich offenbar frühzeitig auf eine große Nahrungsmittel-Krise vor.

Nach Angaben von „RBC Capital Markets“ machen Russland und die Ukraine zusammen 25 Prozent der weltweiten Weizenexporte aus, und die Ukraine allein 13 Prozent der Maisexporte. Bedenken hinsichtlich zukünftiger Ernteaussichten fachen die Preissteigerungen ebenfalls an, teilten Analysten „Market Watch“ mit.

„Das Risiko besteht jetzt darin, dass die Anpflanzung [in der Ukraine] weiter beeinträchtigt wird. Wir bekommen jede Woche mehr Klarheit zu diesem Thema, und bisher sieht es problematisch aus“, sagte David Whitcomb, Forschungsleiter bei „Peak Trading Research“, einem in Genf ansässigen quantitativen Rohstoffhandels- und Forschungsunternehmen. „Wie viele Lkw werden in den nächsten 60 Tagen frei herumfahren? Wie viele Arbeitskräfte sind verfügbar? Wie viel Kraftstoff ist verfügbar? Wieviel Inputs wie Dünger verfügbar?“

Fakt ist: Die Invasion wird wahrscheinlich die Handelsrouten im Schwarzen Meer stören.

Wie reagieren die Agrarmärkte?

Nach der Ankündigung Russlands, die Ausfuhr von Weizen, Gerste, Roggen und anderem Getreide einzuschränken, wachsen die Sorgen auf den Agrarmärkten. Für Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland könnte es zu höheren Preisen kommen. Andere Länder dürften aber weitaus stärker betroffen sein. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) produziert Russland mehr als elf Prozent des Weizens weltweit.

Das günstige Getreide aus Russland landet in Deutschland vor allem in Futtertrögen von Tieren. Nach Angaben der Umweltorganisation Greenpeace könnte 80 Prozent dieses als Futter eingesetzten Weizens aber auch der menschlichen Ernährung dienen. Für ärmere Länder, die auf die günstigen Importe angewiesen sind, könnten Preissteigerungen verheerende Folgen haben.

In Deutschland sorgen sich derzeit etwa die Milcherzeuger in Niedersachsen über einen weiter steigenden Kostendruck. Aufgrund eines global begrenzten Angebots dürften sich die Produzenten zwar über steigende Preise freuen, teilte die niedersächsische Landwirtschaftskammer mit. Ein Großteil der Erlöse werde aber durch die explodierenden Energie- und Futterkosten sowie steigende Düngerpreise aufgezehrt. Energie und Dünger sind im Zuge des Kriegs noch teurer geworden.

Entspannter äußerte sich der der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks. „Der Exportstopp hat zunächst keine direkten Auswirkungen, weil wir in Deutschland und der EU einen Selbstversorgungsgrad bei Getreide von teilweise über 100 Prozent haben.“ Hinzukämen lang laufende Lieferverträge, die die Preise weiter stabilisierten.

Auf längere Sicht könnten die Bäckereien aber durchaus die steigenden Weltmarktpreise für Getreide zu spüren bekommen. „Zudem sind die Ukraine und Russland wichtige Lieferanten bei Saaten, wie etwa Sonnenblumenkernen. Auch dies wird Auswirkungen auf die Preise haben.“ Ähnlich wie den Milchbauern bereiten den Bäckerunternehmen derzeit vor allem die steigenden Energiekosten Sorgen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steigende Kaufkraft in Deutschland 2025: Studie sieht große regionale Unterschiede
15.01.2025

Trotz der wirtschaftlich schwierigen Lage soll die Kaufkraft der Deutsche laut einer Studie 2025 leicht steigen. Vor allem höhere Löhne...

DWN
Politik
Politik Kalifornien untersagt Immobilienspekulation in Brandgebieten
15.01.2025

Kalifornien verbietet Immobilienspekulation in Brandgebieten. Gouverneur Newsom will Angebote unter Marktwert für drei Monate untersagen,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unmotivierte Arbeitnehmer: Nur 48 Prozent der Deutschen geben am Arbeitsplatz ihr Bestes
15.01.2025

Nicht nur die Wirtschaft schwächelt in Deutschland, auch die Arbeitsmoral der Arbeitnehmer. Ein weltweiter Vergleich zeigt: Nicht einmal...

DWN
Politik
Politik EPA: Elektronische Patientenakte kommt - Lauterbach betont Sicherheit der E-Patientenakte
15.01.2025

Die EPA (Elektronische Patientenakte) wird in Arztpraxen eingeführt - zunächst nur in Testregionen, später bundesweit....

DWN
Finanzen
Finanzen Aktionäre in Deutschland: Weniger Deutsche investieren ihr Geld an der Börse
15.01.2025

Die Zahl der Aktionäre in Deutschland ist erneut rückläufig: Zum zweiten Mal in Folge sank die Anzahl, liegt aber weiterhin über der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession: Deutschlands Wirtschaft 2024 erneut geschrumpft
15.01.2025

Unsichere Konsumenten, schwächelnde Industrie und sinkende Exporte: Die Rezession setzt Deutschland weiter zu. Auch 2025 stehen die...

DWN
Politik
Politik Syrien: Übergangsregierung spricht sich gegen schnelle Rückkehr von Flüchtlingen aus
15.01.2025

Deutschland diskutiert über die Rückkehr syrischer Flüchtlinge. Seit dem Sturz von Baschar al-Assad fällt der Asylgrund für die...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple-XRP-Prognose 2025: Die aktuelle XRP-Kursentwicklung und was Anleger jetzt wissen sollten
15.01.2025

Der Ripple-Kurs, der lange Zeit von Unsicherheiten geprägt war, zeigt sich auch zu Beginn des Jahres 2025 relativ stabil - und legt...